Economia | Frauen

Selbst ist die Frau

Der Monat März steht im Zeichen der Frau. Gerade deshalb sollte man die beruflichen Leistungen sowie Schwierigkeiten weiblicher Beschäftigter unter die Lupe nehmen.
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Foto: AFI-IPL

Der Monat März steht jedes Jahr ganz im Zeichen der Frau. Nicht nur aufgrund des Internationalen Frauentags am 8. März, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass im März der Frühling beginnt und sich die Pflanzenwelt in voller Blüte präsentiert. Genauso wichtig sind Frauenrollen für das Florieren der Südtiroler Wirtschaft und Gesellschaft. 

Man denke nur an die tausenden Pflegekräfte, die vor und während der Pandemie mit unermüdlichem Einsatz das Unmögliche möglich gemacht haben, oder an die Mütter, die trotz Home-Schooling und Homeoffice den Überblick behalten haben. Und doch gibt es in der Südtiroler Wirtschaftswelt nach wie vor erstaunlich wenige Frauen in zentralen Führungsrollen. Laut einer AFI-Untersuchung der Jahre 2018 und 2019 zur Frauenquote in insgesamt 156 Großbetrieben Südtirols mit über 100 Mitarbeitern, beträgt die Quote der weiblichen Führungskräfte nur knapp 10 Prozent. Auffällig ist dabei, dass die niedrigste Anzahl weiblicher Chefs in den traditionell „männlichen“ Wirtschaftssektoren, sprich im Handwerk und im Baugewerbe, beobachtet werden kann. 

 Auffällig ist dabei, dass die niedrigste Anzahl weiblicher Chefs in den traditionell „männlichen“ Wirtschaftssektoren, sprich im Handwerk und im Baugewerbe, beobachtet werden kann. 

Die gläserne Decke

Der Grund dafür? Die sogenannte „gläserne Decke“, sprich die auf soziokultureller Ebene immer noch gefestigte Meinung, dass Frau sowohl Haushalt als auch Job übernehmen und infolgedessen von einem Vollzeitjob zu einer Teilzeitstelle umdisponieren muss, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiterhin aufrechterhalten zu können. Dies spiegelt sich auch in den Daten zu den Beförderungen wider: lediglich 32 Prozent der innerbetrieblichen Beförderungen entfallen auf weibliche Arbeitnehmerinnen, die restlichen 68 Prozent sind männlichen Beschäftigten vorbehalten. 

Ebenfalls hervorzuheben ist die hohe Anzahl an Frauen, die sich in einer befristeten Beschäftigungssituation befinden und somit in einer finanziell prekären Lage sind, besonders angesichts der rund 92 Prozent an Frauen, die nach der Geburt eines Kindes den Elternurlaub für sich beanspruchen. 

Gender Pay Gap 

Der allseits bekannte Begriff „Gender Pay Gap“ beschreibt die Lohnkluft zwischen weiblichen und männlichen Arbeitnehmer/Innen und zeichnete sich für Vollzeitkräfte auch in den Jahren 2018 sowie 2019 mit einer durchschnittlichen Differenz des Bruttojahreslohns von 17% zu Gunsten der männlichen Beschäftigten in der Privatwirtschaft klar ab. In erster Linie ist der Gap durch eine allgemeine Unterschätzung der Kompetenzen bedingt, die als „typisch weiblich“ und nicht als Professionalität anerkannt werden: So verdient eine Krankenpflegerin weniger als ein ärztlicher Helfer, obwohl sie dieselbe Qualifikation aufweist. Häufig werden zudem körperlich belastende Arbeiten (die in der Regel männlich sind) im Vergleich zur Erziehungs- und Pflegearbeit (die traditionsgemäß eher von Frauen ausgeübt wird) besser bezahlt. In überwiegend weiblich geprägten Sektoren, wie zum Beispiel in der Reinigung, sind die Löhne auch allgemein niedriger als in männerdominierten Sektoren, wie beispielsweise im Baugewerbe. Einige Studien haben gezeigt, dass Managerinnen in typisch „weiblichen“ Sektoren weniger verdienen als ihre Kolleginnen, die dieselbe Position in vorwiegend männerdominierten Branchen bekleiden. 

In überwiegend weiblich geprägten Sektoren, wie zum Beispiel in der Reinigung, sind die Löhne auch allgemein niedriger als in männerdominierten Sektoren, wie beispielsweise im Baugewerbe.

Der Mann wird auch in Südtirol noch vermehrt als Hauptverdiener angesehen, sowohl in- als auch außerhalb des Arbeitsplatzes. Umso wichtiger ist es deshalb, diese fixen Rollenbilder in Frage zu stellen und sich für eine gerechtere Entlohnung für Frauen einzusetzen. Die Überwindung des Gender Pay Gap bedeutet nicht zuletzt, den Frauen das gesamte Erwerbsleben über bessere Verdienstmöglichkeiten zu bieten, auch kurzfristig ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit zu fördern und ihnen langfristig lebenswürdige Renten zu sichern.

Unternehmerinnen an der Spitze

Das AFI hat sich mit einer der wenigen weiblichen Führungskräfte in Südtirols größeren Handwerksbetrieben getroffen und ihr einige Fragen bezüglich des Alltags als Frau an der Spitze eines männerdominierten Betriebs gestellt. Katrin Höller ist Chefin des Tischlerunternehmens „Höller“ in Leifers, das sich auf die Produktion von maßgefertigten Einrichtungen für Luxusyachten in aller Welt spezialisiert hat. Übernommen hat sie den Betrieb von ihrem Vater und hat nach dem Abschluss ihres Wirtschaftsstudiums in Innsbruck frischen Wind in den Traditionsbetrieb gebracht. Zur Frage, wie sie mit der Rolle als Chefin in einer von Männern geprägten Branche umgeht, lacht sie und antwortet, dass es anfangs einige Schwierigkeiten gab, sich als Frau unter Männern zu behaupten, besonders im Hinblick auf technische Fragen: „Man muss den Mitarbeitern denselben Respekt gegenüberbringen, den man sich auch von ihnen wünscht. Nur so kann die Kommunikation gelingen.“ Auch der Altersunterschied zwischen ihr und vielen Beschäftigten stellte sich als Herausforderung dar, da viele an alten Mustern festhielten, während sie Veränderungen bewirken wollte. 

Innovationen bedeuten unweigerlich auch Transformationen, sei es auf handwerklicher als auch auf personeller Ebene. Auch in Südtirol sollten Entwicklungen in Zukunft nicht nur technologischer, sondern auch personeller Natur sein. Was den Einsatz von Frauen in der Handwerksbranche anbelangt, rät Katrin Höller: „Traut euch, steht hinter dem eigenen Interesse und lasst euch von maskulinen Vorurteilen nicht einschüchtern.“ 

Innovationen bedeuten unweigerlich auch Transformationen, sei es auf handwerklicher als auch auf personeller Ebene. 

Wir Frauen haben es in der Hand, nicht nur unseren Platz in der Gesellschaft, sondern auch in der Arbeitswelt und Wirtschaft einzufordern, sei es durch politische Initiativen als auch durch eigenständiges Handeln und Hinweisen auf bestehende Ungleichheiten. 

 

Ein Artikel der freien AFI-Mitarbeiterin Karin Inama