Società | Weltladen Neumarkt

Der Motivierte

Vom Bazar zur Boutique und vom Speed Dating, das Kunden in den Weltladen bringt.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
michele_braito_.jpg
Foto: Maria Lobis

Er war fiebrig vor drei Wochen. Dessen ungeachtet beteiligte sich Michele Braito am Speed Dating in Neumarkt. Es ging bei diesem Firmenevent nicht um Partnersuche, sondern um das gegenseitige Kennenlernen von Betrieben im Unterland. Als Vorsitzender des Weltladens Neumarkt wollte Michele Braito unbedingt dabei sein. Raus aus der Blase und rein in andere Wirtschaftszweige: Dieses Anliegen treibt den 55-Jährigen von Beginn an um. Acht Minuten Zeit hatte jedes Paar, um sich beim Firmen-Speed-Date einander vorzustellen. Dann mischten sich die Tandems neu. „Die meiste Zeit habe ich geredet“, sagt Michele Braito und lacht. Er war überrascht, wie fremd der Weltladen manchen Menschen ist. Umso mehr freut er sich über die Zusage einiger Betriebe, künftige Geschenke für Geschäftspartner oder Mitarbeiter im Weltladen zu kaufen. „Wir sind eine Boutique und kein Bazar“, sagt Michele Braito. Seine Augen strahlen, die Hände unterstreichen das Gesagte.

Ein Laden für die Welt

Der Familie seiner Frau gehört ein Ladenraum unter den Neumarkter Lauben. 2011 wurde er frei. Verschiedene Mietanfragen von Geschäftstreibenden trudelten herein, doch die Familie wollte das Lokal einem besonderen Zweck widmen. Michele Braito trug schon länger den Gedanken eines Weltladens mit sich herum und fragte beim Netzwerk der Südtiroler Weltläden nach. Fast zeitgleich sei eine ähnliche Anfrage von anderen Menschen aus Neumarkt eingegangen, hieß es. Er empfand das als Wink. Die Interessierten taten sich zusammen und gründeten eine Sozialgenossenschaft. Eine Innerarchitektin kümmerte sich um kleinere Umbauarbeiten und die Beleuchtung. Die alten Möbel blieben, freiwillige Mitarbeiterinnen fanden sich, der Tag der Eröffnung kam, das Interesse der Neumarkter Bevölkerung war und ist bis heute geblieben. 15 Freiwillige – zwölf Frauen und drei Männer – arbeiten beständig mit. Sie teilen sich den Dienst im Weltladen auf oder sind Vorstandsmitglieder. Die Energie sei gut und die Stimmung im Laden herzlich, sagt Michele Braito. Er ist keiner, der sich auf den Lorbeeren ausruht. Die Produkte im Weltladen seien hochklassig und fast durchwegs von biologischer Qualität, sagt er. Fast alle Menschen wüssten, dass im fairen Handel von der Produktion bis zum Verkauf Wert auf Ethik gelegt werde. Weniger bekannt sei die Hochwertigkeit der Produkte. Das möchte Michele Braito ändern. Kommunikation liegt ihm. Nach der Gewerbeoberschule studierte er einige Semester Kommunikationswissenschaften. Vor 22 Jahren begann er, das Hyperbarische Zentrum in Bozen aufzubauen und leitet es seither.

Michele Braito ist in Neumarkt als passionierter und engagierter Netzwerker bekannt: Auf den wenigen Metern vom Weltladen zum Café grüßen ihn die Menschen, deponieren ihre Anliegen, laden ihn zu Veranstaltungen ein. Seit sechs Jahren ist er Präsident von „Sportarena Unterland“, lange Zeit stand er dem Club der Bozner Sporttaucher vor und engagierte sich im Jugendzentrum Point. Zweieinhalb Jahre lang war er als Gemeindereferent für Jugendarbeit, Wasser und öffentliche Beleuchtung zuständig. Neumarkt sei mit seinen 5.000 Einwohnern touristisch zwar nicht so erschlossen wie manche Nachbargemeinde, sagt er. Doch ist die Gemeinde aufgrund ihres ausgewogenen Verhältnisses zwischen deutsch- und italienischsprachigen Bewohnern ein vielfältiger und lebenswerter Raum.

Michele Braito möchte die Integration von eingewanderten Menschen auch mit Initiativen des Weltladens vorantreiben. Heute endet in der Galerie der Bezirksgemeinschaft in Neumarkt eine Ausstellung von Benno Simma. Zur Vernissage am 26. Mai hat der Weltladen zum ersten Mal einen Umtrunk und Häppchen für mehr als 200 Menschen organisiert. Das Catering ist gelungen. Bei solchen Events will Michele künftig Frauen aus dem Ausland einbinden, die die Produkte aus dem Weltladen mit ihrer Kochfertigkeit zu Spezialitäten veredeln. „Niemand kann so gut Couscous kochen, wie die nordafrikanischen Frauen, die bei uns leben“, schwärmt er. Er hat noch viele Pläne. Seine Frau und die beiden Kinder unterstützen ihn. Veranstaltungen wie das Firmen-Speed-Date Ende Mai inspirieren ihn.

(Maria Lobis)