CasaPound Roma
Foto: upi
Politica | Casapound

La Casa di Casapound

Seit 15 Jahren hält die faschistische Bewegung Casapound ein öffentliches Gebäude in Rom besetzt, das sie zu ihrem Parteisitz gemacht hat.
Der fünfstöckige Palazzo liegt im Herzen Roms mit Blick auf die Basilika S. Maria Maggiore in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Termini. Von der Terrasse bietet sich ein Panoramablick auf die teure Wohngegend der Via Napoleone III. Seit 15 Jahren ist das Gebäude Gegenstand heftiger Polemiken. Der Grund: es ist Schauplatz einer illegalen Besetzung. Während der Weihnachtsferien 2003 hatte sich eine Gruppe junger Männer am Eingangstor zu schaffen gemacht,  die Kette durchtrennt, das Schloss aufgebrochen und das leerstehende Gebäude besetzt.
Es ist ein in anderen EU-Staaten unvorstellbarer Vorgang: eine faschistische Organisation, die mittlerweile in etlichen Gemeinderäten Italiens vertreten ist, besetzt ungestraft ein öffentliches Gebäude und benützt es seither als Sitz der ultrarechten Bewegung. In steinernen Lettern - ganz nach Mussolinis Vorbild - prangt die Schrift Casapound auf der Travertinfassade. Die in Lederkleidung gehüllten Faschisten versammeln sich gerne vor dem Gebäude zu Gruppenfotos. Warum der Palazzo von den römischen Behörden nie geräumt wurde, mutet so undurchsichtig an wie vieles in der chaotischen Hauptstadt.
2016 hatte der kommissarische Verwalter der Gemeinde das Haus auf eine Liste von 16 Gebäuden gesetzt, deren Räumung möglichst rasch erfolgen sollte. Durchgeführt wurde sie nie. Innenminister Matteo Salvini kann dafür freilich keine Priorität erkennen. Für ihn ist die Räumung jener Gebäude vordringlich, die von Migranten bewohnt werden.  Denkwürdig die gewaltsame Aktion in der nahen via Curtatone, in der Hunderte von Polizisten mit Schlagstöcken und Tränengas gegen Frauen und Kinder vorgingen - denkwürdig auch das von allen Zeitungen abgedruckte Bild, auf dem ein Carabiniere in Kampfausrüstung eine weinende eriträische Mutter mit Kind umarmt.
Der Palazzo in der via Napoleone III gehört der staatlichen Domänenverwaltungen und wurde zum Zeitpunkt der Besetzung durch die militanten Faschisten vom Unterrichtsministerium genutzt. Auch die Frage, warum die faschistischen Besetzer noch immer über einen Stromanschluss verfügen, ist unklar. Das römische E-Werk Acea forderte im Februar 2016 ultimativ die Bezahlung der offenen Wasser- und Stromgebühren von 330.000 Euro. Als diese nicht erfolgte, liess sie die Zähler plombieren. Doch in dem Palazzo brennt weiter das Licht.
Ein über die Fassade laufendes Kabel legt den Schluss nahe, dass das Stromnetz an anderer Stelle angezapft wurde.
 
 
Warum der Palazzo von den römischen Behörden nie geräumt wurde, mutet so undurchsichtig an wie vieles in der chaotischen Hauptstadt.
 
2009 hatte der rechte Bürgermeister Gianni Alemanno versucht, das Gebäude für 11,8 Millionen von der Domänenverwaltung an die Gemeinde zu übertragen - offenbar um Casapound eine feste Bleibe zu sichern - doch der deal scheiterte am Protest der Linksparteien. In dieser Woche erfolgte ein überraschender Paukenschlag: der Rechnungshof der Region Latium verurteilte die Besetzung des Gebäudes als esproprio al contrario 
und bezifferte den dabei entstandenen Schaden der Staatskasse auf 4,6 Millionen Euro. Das Urteil betrifft neun"inerti dirigenti del Miur e del Demanio", die es verabsäumt hätten, die Miete für das Gebäude einzutreiben.
Die faschistischen Schläger von Casapound hatten erst letzthin im Stadtviertel Torre Maura die reguläre Zuweisung einer Wohnung an eine seit vielen Jahren in Italien ansässige Roma-Familie mit Gewalt verhindert. Bürgermeisterin Raggi sprach den Betroffenen ihre Solidarität aus. Sich selbst bezeichnen die "fascisti del terzo millennio" pathetisch als "abusivi per necessità". Unklar bleibt, wie mehrere der Faschisten es schafften, das besetzte Gebäude zu ihrer festen Wohnadresse zu machen. Denn nach dem Lupi-Dekret von 2014 können Gemeinden die Ansässigkeit von Personen nur gegen Vorlage einer Eigentumsbescheinigung registrieren. 
Sicher ist mit dem Urteil des Rechnungshofs die lange Geschichte der illegalen Besetzung noch nicht vorüber. Denn die Betroffenen, von denen einer mittlerweile verstorben ist, wollen ihrerseits den Rechtsweg beschreiten. 
Einen Prozess gegen Casapound hatte vor Jahren auch die auf der Brunnenburg lebende Pound-Tochter Mary De Rachewiltz angestrengt, die der faschistischen Bewegung die Verwendung des Namens ihres Vaters untersagen wollte. Ein römischer Richter lehnte den Antrag mit der grotesken Begründung ab, dass die Bezeichnung "klein und zusammengeschrieben" sei. Armer Ezra Pound.