Cultura | Salto Weekend

mon petit chou

Im letzten Teil der "Salto Summer Serie 2019" - zum Themenschwerpunkt "Wohl bekomm’s!" - ein Gespräch mit Siegfried de Rachewiltz über "Kraut und Rüben".
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale del partner e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
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Foto: Brunnenburg

salto.bz: Die Redensart „Durcheinander wie Kraut und Rüben“ lässt sich sowohl in einem negativen wie auch in einem positiven Sinne anwenden. Wie wollen Sie mit dem Forschungsprojekt „Kraut & Rüben“ Ordnung ins Chaos bringen?

Siegfried de Rachewiltz: Indem wir in aus der mündlichen Überlieferung und aus archivalischen Quellen das Wissen um die Bedeutung von Kohl, Rüben und Sauerkraut im historischen Tirol systematisch sammeln und in einer Ausstellung aufbereiten und zugleich auch die dazugehörende Sachkultur, so wie sie in den ethnographischen Museen diesseits und jenseits des Brenners aufbewahrt worden ist, dokumentieren.
Zahlreiche AutorInnen werden zudem Beiträge zu diesem Thema aus ganz unterschiedlichen Disziplinen für einen Begleitband beisteuern. 

 

Die japanische Künstlerin Toby Kobayashi bildet mit der Ausstellung „CABBAGE: A Message from Fukushima“ den Auftakt zum Projekt. In welchem Zusammenhang zum Forschungsprojekt „Kraut & Rüben“ stehen ihre künstlerischen Arbeiten?

Toby Kobayashi wurde vom tragischen Schicksal eines japanischen Kleinbauern inspiriert, der in der Nähe des Kernkraftwerks Fukushima einen Biohof bewirtschaftete und mit seinem Gemüse die dortige Schule belieferte. Durch das Nukleardesaster wurde ein liebevoll mit Kohl bepflanzter Acker radioaktiv verseucht und die Kohlköpfe als Sondermüll entsorgt: aus Kummer darüber nahm sich der Bauer das Leben. 
Toby hat sich aktiv an der japanischen Umweltbewegung beteiligt, ihre feingliedrigen  Holzschnitte dienen auch als Mahnung gegen die Verseuchung der Natur weltweit.

 

In zahlreichen Kulturen werden Kohl bzw. die „Krautköpfe“ als Allheilmittel oder  als Gesundheit und Fruchtbarkeit förderndes Nahrungsmittel zelebriert – mancherorts ja sogar als „Urquelle“ des Lebens verstanden. Was hat es damit auf sich?

Schon Dioskurides und Cato – also die Griechen und Römer – hielten den Kohl als Heilmittel hoch in Ehren. In Frankreich kommen die Kinder im Volksglauben aus Kohlköpfen oder werden darunter „gefunden“, daher der liebevolle Ausrdruck „mon petit chou“ . In der Wildschönau wird heute noch aus Rübensaft ein einzigartiger Schnaps – der Krautinger – gebrannt, der wie die Rübe selbst, gegen allerlei Übel helfen soll. 

Was schmeckt Ihnen besser? Kraut oder Rübe?

Ein gutes Sauerkraut in der kalten Jahreszeit ist etwas Köstliches; auch frische Rüben haben ihren Reiz, auch wenn sie mir als Schnaps am besten munden.