Politica | Richtung Rom

Edelweiß mit Makel

Nach der schwachen Basiswahl denkt man in der SVP an eine Überarbeitung des Parteistatutes – und erhöht den Druck auf den PD.
SVP-Basiswahl
Foto: Salto.bz

Weil Philipp Achammer die Fragen der Journalisten schon erahnt hat, geht der SVP-Parteiobmann in die Offensive. Er selbst hätte sich eine höhere Beteiligung bei den parteiinternen Vorwahlen zur Ermittlung der SVP-Kandidatenriege für die Parlamentwswahlen am 4. März gewünscht, gesteht Achammer. 20,25 Prozent der 38.940 Parteimitglieder haben an der Basiswahl in den vergangenen Tagen teilgenommen: 7.885 SVP-Mitglieder. So die offizielle Zahl, die am Montag Vormittag in der Parteizentrale präsentiert wird – wahrlich kein berauschendes Ergebnis.
Und dann ist da noch der PD, der die SVP weiter warten lässt. “Die Uhr tickt immer lauter”, warnt Achammer den Bündnispartner, der der SVP immer noch keine offiziellen Kandidaten-Vorschläge vorgelegt hat.

 

Die Lehren der Basis

Es sei vorauszusehen gewesen, dass die Wahlbeteiligung im Vergleich zu 2013 deutlich niedriger sein würde, versucht der Parteiobmann die historisch schwache Beteiligung zu rechtfertigen. Damals habe es in allen Wahlkreisen eine Auswahl gegeben, “dieses Mal war es leider nicht so”, bedauert Achammer. Gerade einmal neun Kandidatinnen und Kandidaten hatten sich beworben, um einen der sechs Startplätze für Kammer und Senat zu ergattern. Fünf standen bereits vor der Basiswahl als Sieger fest: Renate Gebhard, Albrecht Plangger, Meinhard Durnwalder und Manfred Schullian waren ohne Gegenkandidaten angetreten und der einzige männliche Konkurrent von Julia Unterberger, Harald Stauder, aufgrund der Quotenregelung, die das staatliche Wahlgesetz vorsieht, in jedem Fall chancenlos.
Einzig das Rennen im Verhältniswahlkreis für den Senat war spannend gewesen. Der Bozner SVP-Stadtobmann und Fraktionssprecher im Landtag Dieter Steger konnte sich schlussendlich mit 63,8 Prozent der Stimmen gegen Hans Joachim Dalsass und Manfred Mayr durchsetzen.

Ihren Unmut über die fehlenden Auswahlmöglichkeiten haben die SVP-Mitglieder nicht nur damit zum Ausdruck gebracht, dass sie der Urne fernblieben. Auch wurden viele Stimmzettel weiß oder ungültig abgegeben – am meisten bei der Abstimmung über den Kandidaten für den Kammer-Verhältniswahlkreis, wo Manfred Schullian gesetzt war: 21,9 Prozent der Abstimmenden haben weiß oder ungültig gewählt.

“Die Vorwahlen waren richtig und ich bin froh, dass sie stattgefunden haben. Wir sind die einzige Partei, die die Kandidaten auf diese Weise und nicht, wie andere, hinter verschlossenen Türen bestimmt hat. Es wäre nicht richtig gewesen, den Parteimitgliedern Kandidaten vorzusetzen, die Basis sollte die Möglichkeit haben, abzustimmen und die Kandidaturen zu legitimieren”, verteidigt sich Parteiobmann Achammer am Tag danach. Doch kritisiert er auch seine eigene Partei, in der es an Bereitschaft gemangelt habe, sich für die Vorwahlen aufstellen zu lassen.
Die Motivation war auch deshalb gering gewesen, weil gar einige Ortsgruppen mit Gebhard, Plangger und Schullian auf bewährte statt neue Gesichter gesetzt haben. “In Zukunft müssen wir uns überlegen, wie wir damit umgehen”, gesteht Achammer. Nein, die Vorwahlen werden nicht abgeschafft, beeilt sich der Parteiobmann hinzuzufügen. Allerdings ziehe man eine Abänderung des Parteistatutes in Erwägung. Dieses schreibt für sämtliche Wahlen, bei denen keine Vorzugsstimmen vergeben werden können, Vorwahlen unter den Mitgliedern vor, um die Kandidaten zu bestimmen. Aus diesem “Muss” soll ein “Kann” werden, kündigt Achammer an.

 

Nach den Vorwahlen ist vor den Wahlen

Trotz allem seien aus den Basiswahlen doch “sechs fähige Kandidatinnen und Kandidaten” hervorgegangen, die “hervorragend geeignet sind, die Herausforderung, unser Land zu vertreten und unsere Autonomie zu sichern, anzugehen”, zeigt sich der Parteiobmann erfreut. Fünf der sechs – Julia Unterberger ist aus beruflichen Gründen verhindert – haben sich am Montag Vormittag in Bozen eingefunden. Nacheinander bedanken sich Renate Gebhard, Meinhard Durnwalder, Albrecht Plangger, Dieter Steger und Manfred Schullian bei denen, die ihnen in den vergangenen Tagen ihre Stimme gegeben haben. Die niedrige Wahlbeteiligung gibt auch ihnen zu denken. Es gelte, an diesem Ergebnis, das “aus demokratiepolitischer Sicht nicht gut” sei, zu arbeiten, sagt Gebhard. “Mehr gewünscht” hätten sich auch Albrecht Plangger und Dieter Steger, der meint: “Aber immerhin haben fast 8.000 Mitglieder abgestimmt – das sind mehr Menschen als alle anderen Parteien im Land zusammen Mitglieder haben.”

Dem “Vertrauensvorschuss” (Durnwalder), dem “Rückenwind” (Steger), dem “Motivationsschub” (Gebhard) aus ihrer Partei wollen die Kandidaten nun im Wahlkampf Rechnung tragen. Dieser soll, so Parteiobmann Achammer, “möglichst kurz” und “nicht intensiv über Wochen, sondern intensiv an Gesprächen” geführt werden. Die SVP will sich mit Organisationen, Verbänden, Vereinigungen und bei Bürgerversammlungen austauschen und ihr Wahlprogramm präsentieren. “Ein Mehr an Autonomie” ist das Kernthema des Programms, das bereits am Wochenende zusammen mit dem Listenzeichen in Rom eingereicht wurde. Bis 29. Jänner haben die Parteien Zeit, ihre Kandidatenlisten vorzulegen. Doch die ist im Falle der SVP noch nicht vollständig. Man wartet immer noch auf den Vorschlag des PD, mit dem die Volkspartei auch bei diesen Wahlen wieder zusammen mit dem Trentiner PATT ein Abkommen abgeschlossen hat, und der keine lokalen Kandidaten nominieren wird.

 

Warten auf den PD

“Innerhalb 48 Stunden” wollte Matteo Renzi, der entscheidet, wen der PD im Wahlkreis Bozen-Unterland aufstellen wird, die Vorschläge bekannt geben, hieß es am vergangenen Donnerstag. “Diese 48 Stunden sind schon lange abgelaufen und es ist nicht mehr fünf vor zwölf, sondern bald eins vor zwölf”, meint ein sichtlich ungeduldiger SVP-Parteiobmann am Montag. Gianclaudio Bressa, der mit der Unterstützung von SVP und PD im Einmannwahlkreis für den Senat antreten soll, gilt als Wunschkandidat der Volkspartei. Wen man der SVP für den Einmannwahlkreis für die Kammer vorsetzen will, darüber wird noch spekuliert: Graziano Delrio, Maria Elena Boschi und zuletzt Angelo Rughetti (PD-Staatssekretär aus Rieti, Latium) sind drei Namen, die kursieren.

“Ich hoffe, dass wir heute Nachmittag imstande sein werden, der Parteileitung einen Vorschlag zu präsentieren”, meint Philipp Achammer. Das oberste Parteigremium wird entscheiden, “ob der Vorschlag des Partito Democratico für die Kandidaten im Wahlkreis Bozen-Unterland akzeptiert werden kann”.
“Es muss so schnell als möglich Klarheit geschaffen werden”, drängt der SVP-Parteiobmann. “Und ich hoffe nicht, dass ein Vorschlag in letzter Minute kommt, und wir nichts mehr sagen können.”