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„brunecker mafia“

Im April vor 70 Jahren wurde der Poet Norbert Conrad Kaser geboren. In seiner Heimatstadt ehrt man ihn nun mit einem Lyrikfestival.
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Foto: Foto: Stadtgemeinde Bruneck

Das Jahr 2000 sieht Bruneck bestimmt ohne Denkmaler (Mariensäule, Kapuzinerwastl, Grebmerbüste), ohne Türme und Stadttore“ schrieb Norbert Conrad Kaser in seinem brief an die buerger von bruneck 040173.
Mit der Jahrtausendwende haben die Brunecker ihren früh verstorbenen Dichter wiederentdeckt und setzten ihm ein Denkmal, am 27. August 2004, mit 27 Kaser-Stelen am Rathausplatz.

Das Kunstwerk soll „dem modernen Zeitgeist der Stadtgemeinde Bruneck Rechnung tragen“ hieß es bei der damaligen Eröffnung, „es soll den Rathausplatz zu einem harmonischen Dreh- und Angelpunkt des öffentlichen Lebens“ werden lassen.
Dass die Brunecker das Kaser-Denkmal exakt 35 Jahre nach Kasers historischem Referat Südtirols Literatur der Zukunft und der letzten zwanzig Jahre, war ein guter Zufall, oder ein poetischer Wink mit dem Zaunpfahl.
Tatsache ist: Der heute unter dem Begriffspaar Brixner Rede bekannte Ausbruch des jungen Pustertaler Dichters am 27. August 1969, hat die ansonsten wenig literaturaffine Bischofsstadt, in Literaturkreisen bekannter gemacht. Bekannter, als etwa Kasers „haßgeliebtes Bruneck“. Aber was zählte der Prophet schon, im eigenen Lande? 

mein haßgeliebtes bruneck - Ein Stadtporträt in Texten und Bildern nennt sich eine Textsammlung welche am Eröffnungsabend des n.c. kaser – Lyrikfestival 2017 vorgestellt wird und damit die Kaser-Gedenktage eröffnet. Der Begriff "Lyrikfestival" ist vielleicht etwas hochgegriffen, so sucht man auf dem Programm vergeblich nach preisgekrönten Lyrikernamen wie Oswald Egger, Jörg Zemmler oder Sepp Mall. Auch junge Poeten und Poetinnen, die heute im Alter des rebellischen Kaser sind, fehlen beim Lyrikfestival. Das ist schade. Das Organisationskomitee hat sich aber dennoch einige Veranstaltungen einfallen lassen, um den Dichter im Nachhinein zu würdigen. 

Das Bruneck-Buch zu Kaser, herausgegeben vom Brunecker Historiker Joachim Gatterer, versammelt ein historisch-literarisches Potpourri an Kaser-Texten, zahlreiche historische Aufnahmen und Anekdoten. Im Nachwort zitiert der Herausgeber den Literaturexperten Sigurd Paul Scheichl mit dem Satz „Bruneck ist Kasers Dublin“ und findet Parallelen zu James Joyce. Etwas irreführend erscheint das Titelbild, denn die Buchmacher bilden nicht Kaser ab, sondern ein recht hölzern gedrehtes Reenactment-film still aus einem Dokumentarfilm über Kaser (Ivo B. Micheli: Eingeklemmt, Notizen zu einem Film über N.C. Kaser). Der Schauspieler Andrea Emeri hat Kaser damals nachgestellt. Das ist zwar gut und schön, aber leider nicht Kaser in Bruneck. Der Inhalt ist zum Glück authentisch, Kaser DOC sozusagen. 

Einer der bitterbösesten Sätze zu Bruneck, ist in einem Brief an den Zeit-Karikaturisten Paul Flora nachzulesen, den Kaser im März 1976 schrieb: 

& wenn ich sie so grinsen sehe die gesamte brunecker mafia wenn das schulamt sich die haende reibt & erwartet ich wuerde mit dem maul voller entschuldigungen daherkriechen den verschmaehten speichel der bonzen aufzulecken dann allerdings haben sie sich getaeuscht.

 

Programm:

Samstag, 25.3.2017, 20.00 Uhr, Stadttheater Bruneck
ERÖFFNUNG
mit: Christian Tschurtschenthaler, Prof. Hans Haider: „Kaser bis heute“
Christine Lasta und Oliver Karbus lesen Kaser, Musik: Helga Plankensteiner und Michael Lösch.
Buchpräsentation „mein haßgeliebtes bruneck“ (Haymon), herausgegeben von Joachim Gatterer

Sonntag 26.3.2017, 18.00 Uhr, Schloss Bruneck
WELTENBUMMLER: HC. ARTMANN TRIFFT OSWALD VON WOLKENSTEIN
Lyrik und Lieder mit Oliver Karbus und Michael Korth

Montag, 27.3.2017, 20.00 Uhr, Weinkeller Mair
TRINKEN LERNT DER MENSCH ZUERST
Lyrik und Lieder mit Michael Korth, Klaus Rohrmoser, Ulrike Lasta, Christine Lasta, Toni Taschler

Dienstag, 28.3.2017, 19.00 Uhr im Stadtmuseum Bruneck
ERÖFFNUNG der „AUSSTELLUNG: N.C.Kaser“
Eine Ausstellung von Christine Riccabona und Benedikt Sauer im Auftrag des Forschungsinstituts Brenner-Archiv der Universität Innsbruck.
PODIUMSGESPRÄCH: 
„Alles schon erforscht? Bekannte und unbekannte Aspekte im Werk Norbert C. Kasers“ (20 Uhr) mit Prof. Hans Haider, Ralf Höller, Prof. Sigurd P. Scheichl, Joachim Gatterer. Moderation: Ferruccio delle Cave

Mittwoch, 29.3.2017, 20.00 Uhr, Stadttheater Bruneck
EINGEKLEMMT 
Szenische Lesung vom Schauspiel Innsbruck, Gestaltung Günther Lieder

Donnerstag 30.3.2017, 20.00 Uhr, Stadtbibliothek LIBRIKA, Bruneck
LYRIK AUS SÜD- UND NORTIROL
mit Barbara Hundegger, Erika Wimmer Mazohl, Christoph W. Bauer, Roberta Dapunt, Josef Oberhollenzer, Joseph Zoderer. Musik: Hubert Dorigatti

Mittwoch, 19.4.2017 (Kaser Geburtstag), Kulturzentrum UFO, Bruneck
BUCHPRÄSENTATION
endet denn der winter nie?
Buchvorstellung und Gespräch mit Eva Simeaner, Benno Simma und Christine Riccabona,
Um 19.15 Uhr wird auf dem Rathausplatz die Kaser-Skulptur von Josef Rainer enthüllt.

Samstag, 23.9.2017, 18.00 Uhr, Caserma Enrico Federico Kaserne, Bruneck
PRESENTATZIONE DEL LIBRO
norbert c. kaser: rancore mi cresce nel ventre

Poesia & prosa 1968-1978 - Un'antologia. (Edizioni alphabeta Verlag) Traduzioni dal tedesco di Werner Menapace.

Samstag, 23.9.2017, 19.30 Uhr, Caserma Enrico Federico Kaserne, Bruneck
KONZERT
schwarzes licht / luce nera
Opernfragment von Alexander Kaiser, nach Texten von kaser mit dem KLANGFORUM WIEN, im Rahmen des Festivals „transart“.

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Hartmuth Staffler Gio, 03/23/2017 - 18:42

""Mit der Jahrtausendwende haben die Brunecker ihren früh verstorbenen Dichter wiederentdeckt und setzten ihm ein Denkmal, am 27. August 2004, mit 27 Kaser-Stehlen am Rathausplatz"". Ich verstehe diesen Hinweis auf das 27fache Kaser-Stehlen nicht. Soll das etwa heißen, dass der Kaser uns gestohlen bleiben kann?

Gio, 03/23/2017 - 18:42 Collegamento permanente