Politica | Gries

„Eine ewige Baustelle“

Das Geschäft Pro Natura klagt über den Platzmangel am Grieser Platz, Vizebürgermeister Walcher hält die Baustellen für nötig. Zwei Perspektiven auf einen Platz.
Baustelle auf Grieser Platz
Foto: Julia Tappeiner

„Seit 20 Jahren ist der Grieser Platz eine ewige Baustelle. Es gibt andauernd etwas zu bauen, oder ein Loch auszugraben. Warum kann man diese Arbeiten nicht alle drei Jahre einmal machen, und dann ist gut?“ Mit dieser Sorge ist die Besitzerin von Pro Natura, dem Biofachgeschäft auf dem Grieser Platz in Bozen nicht allein. Die Frisörläden, die Gemüsehandlung, die Bäckerei, und die Bank- alle Geschäfte, die sich auf dem kleinen Platz des zweitgrößten Stadtviertels Bozen befinden haben mit denselben widrigen Standortbedingungen zu kämpfen. 

Die Pro Natura Besitzerin Renate Hiller erzählt, welche Probleme der Platzmangel rund um ihren kleinen Bioladen mit sich bringt: Unsere Lieferanten kommen vor halb 7 am Morgen schon, weil ab 8 hier die Hölle los ist. Der Verkehr, die Schulkinder, und die Lastwagen der ganzen Baustellen machen es teilweise unmöglich für unsere Lieferanten, vor dem Geschäft zu halten.“ Auch ihre sieben Angestellten litten an der Lage, denn der einzige Parkplatz, der ihnen zur Verfügung stünde, sei immer besetzt: „Eine Mitarbeiterin musste sich jetzt eine Garage mieten. Sie kann es sich nicht leisten, jeden Tag vor der Arbeit eine halbe Stunde nach einem Parkplatz Ausschau zu halten.“

 

Der Bozner Vizebürgermeister Luis Walcher gibt zu: „die Baustelle der Alperia für Fernheizwerke rund um das Hotel Post nimmt zu viel Platz weg.“ Es werde aber daran gearbeitet, dass die 2-3 blauen besetzen Parkplätze so schnell wie möglich freikämen. Bei der zweiten Baustelle gehe es um Datenleitungen, die essentiell seien, um ein digitales Klassenregister der Grieser Volks-und Mittelschule zu gewährleisten, meint Walcher, der auch zuständig ist für Raumplanung und öffentliche Arbeiten: „Das ist nun mal ein langwieriges Projekt. Und gerade in Corona Zeiten haben wir gemerkt, wie wichtig digitaler Unterricht ist.“ Bis September soll das Projekt fertiggestellt sein.

Vor vier Jahren wandte Pro Natura sich an die Gemeinde, um ein bis zwei Parkplätze für Kunden und Mitarbeiter anzufragen. Vergeblich: „Uns wurde gesagt, der Grieser Platz wird umgestaltet und solle grüner werden. Deswegen sei dies nicht möglich.“ Seit eine Ladestation für Elektroräder vor dem Geschäft gebaut wurde, ist die Fläche um weitere vier Autoparkplätze ärmer. Das ärgert besonders die Kunden, berichtet Hiller: „Unsere Kunden beklagen sich oft bei uns, weil sie keinen Parkplatz finden oder weil sie Strafzettel bekommen, weil sie irgendwo neben den Mülleimern parken müssen.“ Dabei handele es sich oft um ältere Menschen, oder Elternteile mit Kindern, die auf ein Auto angewiesen seien: „Wie sollen sie sonst die schweren Einkaufstüten nach Hause schleppen?“ Das führe dazu, dass die Kunden hastig einkaufen müssten, den Blick ständig auf das Auto gerichtet. „Wir sind auf Großeinkäufe unserer Kunden angewiesen. Ansonsten sterben wir als kleiner Betrieb“.

 

Walcher gibt zu bedenken, dass es keine Parkplätze „ad personam“ geben könne. Er verstehe aber die Sorgen der Geschäftsbesitzer, und sehe ein, dass es Parkplätze bräuchte: „Die kleinen Geschäfte müssen überleben können, und Arbeitsplätze gesichert, das ist mir selbst auch wichtig“, sagt der Vizebürgermeister, der selbst aus Gries stammt. Gleichzeitig müsse aber eine gewisse Lebensqualität für die Bewohner sichergestellt werden: „Der Platz muss es den Leuten ermöglichen, sich mal hinzusetzen, ohne Angst, von einem Auto überfahren zu werden. Parkplätze sind wichtig, aber es ist auch wichtig, einen Ort der Begegnung zu schaffen.“ Aus diesem Grund sieht Walcher die beste Lösung in einer Tiefgarage für den Grieser Platz. Das Projekt liegt schon seit 10 Jahren auf dem Tisch, ist aber noch nie verwirklicht worden. Laut Walcher habe sich nun jedoch ein Privater bereiterklärt, eine Tiefgarage für öffentliche Zwecke bereitzustellen. „Ich werde mich persönlich dafür einsetzen, dieses Projekt politisch weiterzubringen“, so Walcher. Er selbst fahre immer mit dem Fahrrad durch Bozen, fügt der Vizebürgermeister hinzu.

Pro Natura Besitzerin Hiller ist Umweltschutz ebenso wichtig. Doch sieht sie die Logik in der Vorgehensweise der Gemeinde nicht „Wir verkaufen saisonale und regionale Produkte, das ist nachhaltig. Ein oder zwei Parkplätze mehr machen für den Umweltschutz keinen großen Unterschied.“ Gerade in Coronazeiten sei ihr die Bedeutung von lokalem Einkaufen noch mehr bewusst geworden. Und anscheinend auch den Kunden, denn es gab viele Anfragen von Anrainern nach ihren Produkten. Seit dem Lock-down hat das Biofachgeschäft ein neues Geschäftsmodell für sich entdeckt: „Wir haben nur mehr am Vormittag bis 14 Uhr geöffnet, am Nachmittag liefern wir nach Hause.“ Damit ersparten sich die Kunden auch den Nachmittagskampf um die letzten Parkplätze. Denn zum Feierabend, sei auf dem kleinen Platz in Gries noch mehr los.