Società | Geburtshilfe

Wahlfreiheit bei der Geburt?

Die meisten werdenden Mütter wünschen sich eine individuelle kontinuierliche Betreuung rund um die Geburt. Ist das in Südtirol überhaupt noch möglich?
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
Die meisten werdenden Mütter wünschen sich für ihre Schwangerschaft, für die Geburt und die erste Zeit nach der Geburt eine kontinuirliche individuelle Betreuung durch eine Hebamme. Das was sich Frauen intuitiv wünschen wird auch von internationalen Untersuchungen als das Beste und Sicherste für Mutter und Kind bestätigt: Die WHO nennt als geeignetste Berufsgruppe zur Leitung und Betreuung der normal verlaufenden Schwangerschaft und Geburt und für das Erkennen von Risiken und Komplikationen die Berufsgruppe der Hebammen und zahlreiche Studien belegen, dass eine kontinuierliche Hebammenbetreuung weniger Interventionen während der Geburt nach sich zieht. Denn eine Geburt verläuft meist dann ohne Komplikationen, wenn die Frau sich wohl und sicher fühlt. Und das tut sie, wenn sie Vertrauen hat. Dieses Vertrauen wird im besten Fall bereits in der Schwangerschaft aufgebaut. Die werdende Familie und die Hebamme kennen sich bereits, wissen über Wünsche, Erwartungen und Möglichkeiten Bescheid. Der Stress, in einer Extremsituation nicht zu wissen auf wen man trifft, fällt weg. Auch im Wochenbett profitiert man von einer kontinuierlichen Betreuung, Verwirrungen durch viele verschieden Ratschläge bleiben somit aus. Dies sei sicherer. Auch die NICE Guidelines (Leitlinien) empfehlen eine eins-zu-eins Betreuung für Frauen unter der Geburt.

Leider wird es für Frauen in Südtirol immer schwieriger, eine individuelle und kontinuirliche Betreuung rund um die Geburt zu haben. Im öffentlichen System ist dies bei uns leider noch nicht möglich aber selbst wenn Frauen sich für eine freiberufliche kontinuirliche Hebammenbetreuung entscheiden scheint eine solche Betreuungsform nicht mehr möglich zu sein. Eklatantes Beispiel ist das Pustertal: Vor einigen Jahren hat Kollegin Jessika Hinteregger das erste Geburtshaus in Südtirol eröffnet. Leider musste sie die Aktivitäten aus mangelden gesetzlichen Bestimmungen in unserer Provinz bald wieder einstellen. Seitdem wartet sie und viele Frauen und Familien, dass endlich die notwendigen Schritte gemacht werden um das Geburtshaus wieder zu eröffnen. Bis jetzt vergebens. In anderen Provinzen Italien eröffnen indes Hebammen immer wieder ein Geburtshaus und arbeiten nach internationalen Leitlinien sehr gut. 

Nun gut. Dann bleibt noch die Möglichkeit die private Hebamme beu der Geburt mit ins Krankenhaus zu nehmen. Nicht aber im Pustertal. Denn leider wurde auch diese Möglichkeit im Krankenhaus Bruneck jüngst gestrichen. Die Frau muss sich entscheiden: Oder der Partner oder die Vertrauenshebamme dürfen mit in dem Kreissaal!  Kurzum: Im Pustertal scheint es nur mehr bei einer Hausgeburt möglich zu sein, eine kontinuirliche individuelle Betreuung bei Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett zu haben. Und dann sprechen wir von Wahlfreiheit des Geburtsortes?

Ich finde es sehr bedenklich, wenn Frauen sich genötigt fühlen, sich für eine Hausgeburt zu entscheiden, damit sie den Kontakt zu der vertrauten Hebamme bei der Geburt nicht unterbrechen müssen. Selbst im Beschluss unserer Landesregierung im Jahre 1999 steht klar geschrieben, dass die Frau das Recht und die Freiheit hat den Entbindungsort zu wählen und auch das Recht hat, beim Geburtsvorgang den Partner und einer anderen Vertrauensperson bei sich zu haben. 

In den restlichen Krankenhäusern Südtirols gibt es für die werdenden Mütter zum Glück noch die Möglichkeit, bei der Geburt neben dem Partner auch die private Hebamme als Begleitperson bei sich zu haben und ich hoffe sehr, dass diese Möglichkeit auch erhalten bleibt. In Zeiten von Schließung von Kreissälen und steigender Anzahl von Geburtenzahlen bei gleichbleibendem Personal ist die private eins zu eins Betreuung eine wichtige Ressource für manche Familien auch wenn diese Versorgung leider (noch) gänzlich aus eigener Tasche bezahlt werden muss. 

Es scheint mit der Geburtshilfe in unserem Land zur Zeit eher rückwärts zu gehen. 

Ich erwarte mir endlich klare Schritte in die richtige Richtung von Seiten der Politik und des Sanitätsbetriebes!