Cronaca | Salto Weekend

Baldessarinis Farbwelten

Zu Besuch beim Maler Walter Baldessarini in Meran.
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Foto: Gregor Staschitz

Walter Baldessarini ist ein Reisender. Von der Türkei, bis nach Portugal hat er im Laufe seines Lebens seine Wege gezogen, Inspirationen gesammelt und in unzähligen Bildern festgehalten. Vor allem der Mittelmeer Raum hat ihn immer schon fasziniert. Und tatsächlich, in seiner Wohnung in Meran bringen die farbenprächtigen Bilder ein mediterranes Flair. Einer seiner Lehrer hatte ihm einst geraten „en plain-air“ zu malen. Deshalb hat der Künstler auf den Reisen seine Malerutensilien immer mit dabei, um besondere Ausblicke und Eindrücke vor Ort und im Richtigen Moment einzufangen: die knorrigen Olivenbäume in Sizilien, das Hitzeflimmern über der griechischen Landschaft, die Felsenberge von Akrokorinth.

 

 

Während er einige Bilder von den verschiedensten Reisen zeigt, erzählt von den Geschichten wie sie entstanden. Sein Erinnerungsvermögen ist beeindruckend! Jedes Bild kann der Maler zeitlich und geografisch verorten und immer wieder hat er eine Anekdote parat. So erzählt er von einer Reise in Frankreich: Auf dem Weg zur Besichtigung der Gärten Monets, kam ihm etwas dazwischen: er ließ seine damalige Reisebegleiter alleine weitergehen, denn am Wegesrand blühten große rote Mohnblumen und Iris; ein Anblick der wichtiger war als alles andere, den er nicht „verschwenden“ konnte und gleich in einem Bild festhalten musste, erzähl Baldessarini lachend. Versteckt zwischen den festgehaltenen Momenten aus fernen Ländern finden sich auch einige Bilder von Südtiroler Landschaften. Der Maler scheint davon ablenken zu wollen, sie seien ihm nicht gelungen, meint er. Eindeutig „gelungen“ sind die erst vor kurzem entstanden Bilder: ein Kobalt-ähnliches Blau dominiert die Bilder und verrät worum es sich handelt, es sind Iris.

 

 

Neben den Naturdarstellungen und Stadtansichten gibt es zwei weitere große Themengebiete denen sich der Maler widmet. Ersteres kann man schon bei Betreten des Ateliers erahnen: im Hintergrund läuft Opernmusik. Der Maler ist ein passionierter Opern-, vor allem Mozart, Liebhaber. In mehreren Serien hat er verschiedene Opernszenen versinnbildlicht. Man erkennt, dass der Maler ein besonderes Auge für die Darstellungen hat, was auch daran liegen kann, dass er am Centro sperimentale di Cinematografia in Rom Bühnenbild und Kostümentwurf studiert hat. In den Szenen versucht Baldessarini besondere Momente hervorzuheben, die Reaktionen, Mimik und Dynamik der dargestellten Figuren geben spezifische Momente der Handlung preis. Die oft gestische und impulsive Pinselführung erzeugt Dramatik und Dynamik, fast so als könnte man die Arien aus den Bildern heraushören.

 

 

Den zweiten großen Werkkomplex besteht aus Bildern, die Baldessarini seine „Kompositionen“ nennt. Dargestellt sind vor allem verschiedenen mythologischen Motive aus der Antike, Gottheiten und Helden, aber auch biblische Szenen und Figuren. Der Maler kennt sie alle, die Mythen und Legenden, und mit leuchtenden Augen erzähl er die Geschichten bis ins kleinste Detail. So auch jene von Salome, der Tochter des Herodias. Tanzend hat er sie festgehalten, mit starken, fast schon groben Linien schafft er es Bewegung ins Bild zu bringen. Ein immer wiederkehrendes Motiv ist jenes der Pferde: von einzelnen sich aufbäumenden Pferden, den Reitern der Apokalypse bis hin zur Quadriga. Vor kurzem hat er an einer Komposition mit dem Motiv des Himmelträgers, des Atlas, gearbeitet. Ja, Baldessarini ist mit seinen 80 Jahren immer noch aktiv. Und so schnell will er nicht aufhören zu malen, lacht er.

 

 

Egal ob Landschaften, Opern oder Kompositionen, alle Bilder strahlen von Farbigkeit. Oft ist die Farbe üppig und schwer aufgetragen, sodass sie eine starke Materialität ins Bild bringt. Andere male wird die Acrylmischung frech auf die Leinwand geworfen. Die Farben in Baldessarinis Bildern sind stimmungstragend und mit Empfindungen beladen. In manchen Bildern kann man die mediterrane Hitze der verschiedenen Landschaften fast spüren.  

Interessant ist es zu beobachten wie unterschiedlich die Stile sind. Auch wenn sich die starke Farbigkeit durch sein ganzes Werk zieht (ein einziges Bild ist annähernd schwarz-weiß) drückt sie sich doch vielfältig und andersartig aus. Einige Bilder sind figurativ und weisen starke Konturen auf, die vibrierend Dynamik erzeugen. Andere wiederum sind bestehen aus abstrakten Farbflecken und lassen erst aus einer gewissen Entfernung ein Motiv erahnen.

 

 

Als wir über die zeitgenössische Kunstszene in Südtirol reden, erzählt er mir von einer Ausstellung die er vor kurzem gesehen hat. Alles sei schwarz und weiß gewesen. Lachend gesteht er, dass er mit der negativen und betrübenden zeitgenössischen Kunst wenig anfangen kann. Er versuche das Schöne und Positive in der Kunst festzuhalten. Warum negative Gefühle vermitteln, wenn man den Menschen Freude und Lebenslust schenken kann? Und wieder kommt das Baldessarinische Lächeln: ein Optimist durch und durch, auch in seiner Kunst.

 

Walter Baldessarini wurde 1936 in Meran geboren studierte Malerei und Zeichnen an der Blocherer Schule in München. Später belegte er Zeichenkurse an der Accademia delle belle Arti in Rom unter der Leitung von Mario Mafai, einem der bedeutendsten Vertreter der Römischen Schule. Den ersten Erfolg, den Baldessarini verbuchen kann, ist der "Ciak d'oro", ein Preis, der ihm auf der Gemeinschaftsausstellung für Bühnenbild und Kostüm im Rahmen des Filmfestivals von Venedig 1957 verliehen wird.