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Der Fall Mario Capecchi

Die Kindheit des Nobelpreisträgers Mario Capecchi war alles andere als einfach. Der Spielfilm "Hill of Vision" nähert sich seiner Biografie. Er wurde in Südtirol gedreht.
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Foto: Jean Vigo Italia

Manchmal ist eine Lebensgeschichte besser und wahrhaftiger, als jede Verfilmung dazu. So auch bei Hill of Vision. Dennoch geht die filmische Nacherzählung zur Geschichte des kleinen Mario derart unter die Haut, dass die Zeit für Hill of Vision nie eine verlorene ist. Das fast zur Gänze in Südtirol gedrehte Biopic zeichnet das junge Leben des 1937 in Verona geborenen Mario Capecchi nach, dessen Mutter kurz nach der Geburt ihres Sohnes auf den Ritten nach Wolfsgruben zog. Mit ihrem kleinen Baby. Marios Mutter war die Poetin und Antifaschistin Lucy Ramberg, sein Vater Luciano war hingegen überzeugter Faschist und Offizier der italienischen Luftwaffe. Das konnte nicht gutgehen.
 


Mario Capecchis Mutter hatte an der Sorbonne in Paris Literatur studiert und schloss sich anschließend einer Gruppe von Dichtern an, die offen gegen Faschismus und Nationalsozialismus opponierten. Im Frühling 1941, Mario war noch nicht einmal vier Jahre alt, wurde seine Mutter verhaftet. Er lebte als Pflegekind bei einer Rittner Bauernfamilie, doch als das vorgestreckte Pflegegeld nicht mehr reichte, wurde Mario schon sehr früh zum Straßenjungen, kommt bei Pfarreien oder Bauern unter, zieht durch das Etschtal und irrt in diesen Jahren zwischen Rovereto, Mezzocorona und Salurn umher. An seiner Seite streunen zwei weitere Kinder. Die drei sind eine Gang und stärken sich gegenseitig.
 


In der Nähe von Bologna auf einem Lastwagen aufgegriffen landete Capecchi in einem Waisenhaus. Im Alter von neun Jahren, genau an seinem Geburtstag, fand Marios Mutter ihr völlig verwahrlostes Kind und schiffte mit ihm nach Amerika über, wo Mario zunächst von seinem Onkel und seiner Tante aufgenommen wird. Im (einstigen) Land der unbegrenzten Möglichkeiten schaffte es Capecchi vom Analphabeten zum Nobelpreisträger. Die besondere Resilienz, die ihn bereits als Kind auszeichnete, erscheint in der Nacherzählung auf Leinwand zwar manchmal etwas oberflächlich, stark sind aber die Szenen der kindlichen Jugendbande, beängstigend der aggressive Fascho-Vater mit seinem eingeschränkten Körper und dem noch beschränkteren Geist. Liebevoll zeichnet Regisseur Roberto Faenza die Mutter. Sie bleibt aber bis zum Schluss ein Geheimnis.
 


Der sehenswerte Film sollte nicht nur in den Kinos gezeigt werden, vor allem in den Schulen sollte er laufen und zum besseren Verständnis der Geschichte in so mancher rechtsgerichteten Parteizentrale.