Cultura | Musik

„In Südtirol fehlt oft die Akzeptanz“

„Heating Cellar“ ist eine junge Band aus Südtirol. Ein Gespräch über die alternative Musikszene in Südtirol, Plattformen wie Spotify und kritische Texte.
nd7_5661.jpeg
Foto: Heating Cellar

salto.bz: „Heating Cellar“ – übersetzt man euren Bandnamen ins Deutsche bedeutet dieser Heizkeller. Was hat euch bei der Namensgebung inspiriert?

Jakob Gebert: Wir haben früher immer im Heizkeller von Hannes, unserem Schlagzeuger, geprobt. Dann haben wir mal bei mir geprobt und schon wieder war nebenan der Heizkeller. Zudem hat „Heating Cellar“ auch eine metaphorische Bedeutung. Wir schreiben sehr kritische Texte, also um „hitzige“ Themen – und stimmungstechnisch passt die Beschreibung sowieso sehr gut.

Wir stehen zu dem, was wir machen und sind das, was wir machen.

Jetzt zu euch: Wer ist „Heating Cellar“?

Isidor Gasser spielt Gitarre und singt, wir waren gemeinsam in der Oberschule und haben schon länger gemeinsam musiziert. Hannes Huber spielt Schlagzeug und macht sonst auch viele Poetry Slams, was sehr hilfreich fürs Texte schreiben ist. Ich singe und spiele Gitarre. Wir haben uns vor zwei Jahren gedacht, wir probieren gemeinsam Musik zu machen – und es hat gepasst, unsere Band gibt es immer noch.

In welche Musikrichtung kann man euch einordnen?

Das ist schwer zu sagen. Wir sagen immer wir sind „alternative indie trash punk grunge rock“, das ist eigentlich quer durch alles (lacht). Wir ticken zwar musikalisch ähnlich, dennoch hat jeder seine eigenen Vorbild-Bands. Unser größter gemeinsamer Nenner ist wahrscheinlich die Band „Rage Against the Machine“.  

Schreibt ihr die Texte selbst?

Ja, wir schreiben alle drei. Manchmal schreibt jemand einen Text, hat das Lied dazu schon im Hinterkopf und wir setzen es dann gemeinsam um. Oft schreiben wir auch zu dritt an einem Text und arbeiten an der Musik, das ist immer anders.

Wir schreiben sehr kritische Texte, meist geht es um politische Themen.

Worum geht es in euren Texten?

Wir schreiben sehr kritische Texte, meist geht es um politische Themen. Wir schreiben zum Beispiel gerade an einem Text über Polizei und Autorität beziehungsweise um den Autoritätsverlust und wie trotzdem verzweifelt versucht wird, die Autorität durchzusetzen. Andere Texte behandeln ganz persönliche Themen. In dem Lied „Scream“, das vor kurzem veröffentlicht wurde, geht es um Angst, um die Angst junger Menschen vor Entscheidungen, der Zukunft und der Welt. Wir verarbeiten eigene Erfahrungen und versuchen sie allgemeiner zu verpacken, damit sich jeder darin wiederfinden kann.

 

Nun ist euer erstes Lied auf Spotify erschienen.

Zum ersten Mal haben wir einen Song professionell im Studio aufgenommen. Dafür waren wir bei Fabian Pichler, der selbst Musiker und jetzt auch Produzent ist, im Studio. Zwei Wochen lang haben wir jeden Tag gearbeitet, oft zehn bis elf Stunden am Tag. Ergänzend zum Lied haben wir mit Philipp Silbernagl ein Musikvideo gedreht. Beim Video haben Freunde von uns mitgespielt, jeder hat sich eingebracht, das war wieder ein Gemeinschaftsprojekt. Es ist wie eine kleine Familie, wo sich jeder hilft.

Es ist schwierig in Südtirol Orte zu finden, die unsere Art von Musik unterstützen.

Ihr bewegt euch in der alternativen Musikszene. Wie ist diese in Südtirol?

Es ist schwierig, in Südtirol Orte zu finden, die unsere Art von Musik unterstützen. Im Sommer gibt es einige Festivals wie „Rock the Ring“ , "Gadersound", "Open Air Gaul“ und "Zugluft". Aber es fehlen kleinere Orte, wo wöchentlich junge Bands auftreten können. Für Publikum, das alternative Musik sucht, gibt es kaum was. Klar, einige Jugendzentren, aber da ist das Publikum wieder anders. Auch für uns Künstler ist es schwierig, Ansprechpartner für Konzerte zu finden.

Habt ihr euch je überlegt, aus eurer Nische zu treten, um ein größeres Publikum zu erreichen?

Nein, das werden wir auch nicht machen. Wir stehen zu dem, was wir machen und sind das, was wir machen. Wir würden uns nicht gut dabei fühlen, etwas nur wegen Profit zu machen oder um bei mehr Leuten anzukommen. Klar gehen wir kleine Kompromisse ein, wie ein bisschen was ändern, um einen Mittelweg zu finden, was uns gefällt und den Leuten.

 

Wie spürt ihr die Auswirkungen von Corona?

Ja, die Auswirkungen der Pandemie sind sehr schlimm. Alle Orte, wo laute Musik gespielt wird, Festivals und OpenAirs, haben nicht stattgefunden. Vor allem für junge Bands sind Open Airs sehr wichtig, weil sie auch Newcomern eine Bühne geben. Dennoch haben wir die Motivation gefunden und Lieder aufgenommen, das ist schon mal sehr gut.

Wenn man als Neueinsteiger nicht ganz lokal bleiben will, braucht man soziale Netzwerke um die Grenzen von Gemeinden, Regionen und Länder zu überwinden.

Plattformen wie Spotify und YouTube haben die Musikszene verändert. Fehlt da der Kontakt zum Publikum?

Total. Auf Spotify und Youtube gibt es sehr wenig Berührungspunkte mit den Fans. Da funktioniert Instagram als Plattform besser. Dort muss man es schaffen, mit den Leuten in Kontakt zu bleiben, sie zu informieren und interessante Sachen zu posten. Auf unser erstes Lied haben wir sehr viel Feedback bekommen, was uns sehr gefreut hat.

Kann sich ein Musiker noch erlauben, auf diese Plattformen und die Art der Selbstvermarktung zu verzichten?

Als Neueinsteiger ist das fast unmöglich. Hinter den Plattformen steckt ein großes Netzwerk, alles hängt zusammen. Wenn man als Neueinsteiger nicht ganz lokal bleiben will, braucht man soziale Netzwerke, um die Grenzen von Gemeinden, Regionen und Länder zu überwinden.

Vielleicht fehlt in Südtirol oft noch die Akzeptanz für alternativere Musik.

Von welcher großen Festivalbühne träumt ihr?

Hmm, das ist schwer zu sagen. Das „Glastonbury Festival“ in England ist super. Aber wir wollen nichts überstürzen und langsam mit einigen Festivals in der Umgebung beginnen. Es wäre schon ein super Startpunkt, wenn wir im nächsten Sommer auf einigen Festivals in Südtirol und vielleicht sogar in Österreich spielen könnten.

Was wünscht ihr euch für Südtirol?

Es braucht mehr Orte, die Publikum einen Raum geben. Also Orte, wo es konstant Konzerte gibt, ein Platz für Live-Musik, wo Künstler und Bands eine Bühne haben. Die traditionelle Musikszene erfährt in Südtirol sehr große Unterstützung und die meisten Konzerte werden genehmigt. Wenn aber junge Bands kommen, mit E-Gitarre und Schlagzeug heißt es oft: „Zu laut, das brauchen wir nicht". Vielleicht fehlt in Südtirol oft noch die Akzeptanz für alternativere Musik.

Das neue Musikvideo der Band: Scream!