Politica | Geschlossener Hof

Warten auf die Gerstburg

Die Heimatschützer warnen: Der Fall Pizzinini könnte zu einem Präzedenzfall werden. Die Landesregierung will das jetzt prüfen lassen und vertagt die Entscheidung.
17.jpg
Foto: Salto.bz
Es ist ausgerechnet Tagesordnungspunkt Nummer 13. Dort steht auch diese Woche auf der Sitzung der Landesregierung, die Eingabe gegen den Neubau einer Hofstelle durch den Gadertaler Hotelier Paolo Pizzinini.
Dieser Tagesordnungspunkt dürfte noch einige Wochen draufstehen. „Wir werden am Dienstag ganz sicher nicht entscheiden“, sagt Urbanistiklandesrat Richard Theiner.
Der Hintergrund ist bekannt: Am 10. Mai 2016 stellte die Gemeinde Abtei eine Baukonzession zu Gunsten von Paolo Pizzinini, Hugo Pizzinini und die Rosa Alpina GmbH zur Errichtung einer neuen Hofstelle des geschlossenen Hofes mit Stall, Futterhaus und Wohngebäude in St. Kassian aus.
Gegen diese Baukonzession reichten Luca Crazzolara, Vito Agreiter und Christian Crazzolara am 4. Juli 2016 Rekurs ein, weil sie der Ansicht sind, dass aufgrund der bestehenden Kubatur – wenn auch in Form eines Hotels – die möglichen Baurechte bereist ausgeschöpft wurden. Es würden deshalb die urbanistischen Voraussetzungen fehlen, um im landwirtschaftlichen Grün eine neue Wohnkubatur zu errichten.
Die Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung kam in ihrem obligatorischen, aber nicht bindenden Gutachten zum Ergebnis, dass der Rekurs anzunehmen sei, da sie wie die Rekurswerber die Ansicht vertrat, dass die verbaubare Kubatur bereits realisiert worden ist. Die endgültige Entscheidung muss aber die Landesregierung treffen.
 
Am 22. Dezember 2016 hinterlegte die Gemeinde Abtei in der Abteilung Raumordnung ein Rechtsgutachten des Anwaltes und SVP-Parlamentariers Manfred Schullian. Schullian kommt darin zum Schluss, dass Pizzininis Baukonzession rechtens sei. Der zuständige Landesrat Richard Theiner leitete das Schullian Gutachten zur Überprüfung an das Rechtsamt des Landes weiter. Amtsdirektorin Renate von Guggenberg gab vergangene Woche dann in einem eigenen Gutachten Schullian Recht. Auch für sie ist die Baukonzession rechtens.
Demnach könnte die Landesregierung den Rekurs der drei Gadertaler Bauern jetzt abweisen. „Wir werden aber noch einige Wochen damit warten“, sagen Landeshauptmann Arno Kompatscher und Richard Theiner jetzt unisono.
 

Angst vor dem Präzedenzfall

 
Für das Zuwarten gibt es zwei Gründe.
Zum einen behängt in derselben Angelegenheit ein Rekurs vor dem Bozner Verwaltungsgericht. Ylenia Crazzolara, Tochter von Luca Crazzolara hat die Pizzinini-Baukonzession angefochten. Am 12. Jänner 2017 fand die erste Verhandlung statt. Das Verwaltungsgericht will am 4. April 2017 in der Sache entscheiden.
Gleichzeitig hat sich Bauherr Paolo Pizzinini freiwillig bereit erklärt, die Bauarbeiten am neuen Hof bis zur Entscheidung ruhen zu lassen. Deshalb will die Landesregierung jetzt auch mit der Abweisung des Rekurses der drei Gadertaler Bauern zuwarten. Auch um eine mögliche Blamage zu verhindern, sollte das Verwaltungsgericht zum gegenteiligen Schluss gelangen.
 
Zudem gibt es aber noch eine andere, noch größere Sorge. Plötzlich steht die Frage im Raum, ob der Fall Pizzinini nicht zum Präzedenzfalls werden könnte. Was passiert, wenn jetzt Südtirol weit noch zehn Bauern bzw. Hoteliers kommen, die ihre gesamte Hofmasse verbaut haben und jetzt um den Neubau einer Hofstelle ansuchen?
Es ist eine berechtige Sorge, die auch im Südtiroler Bauernbund geteilt wird. „Wir haben deshalb die Abteilung Landwirtschaft ersucht, die Sachlage noch einmal genau zu prüfen“, sagt Richard Theiner.
Man will auf jeden Fall verhindern, dass aus dem geschlossen Hof Alpenrose eine Anlassfall wird, der noch weitere Nachahmer findet.


Die RaumUnordnung

 
In diese Kerbe schlagen jetzt auch die Heimatschützer. Albert Willeit, Vorsitzender des Heimatpflegeverband - Bezirk Pustertal hat gestern eine offenen Brief zur Errichtung der neuen Hofstelle in St. Kassian geschrieben.
Darin heißt es:
 
„Dieser Fall zeigt auf, dass unsere seit Jahren vorgebrachte Kritik über die vielfach so gewollte RaumUNordnung wieder einmal voll bestätigt wird. Der unlesbare Gesetzesdschungel lässt offensichtlich viele Interpretationsmöglichkeiten zu, sodass sich immer wieder scheunentorgroße Löcher auftun, welche die Spekulation anfeuern und die „wundersame Kubaturvermehrung“ ermöglichen, um wie in diesem Fall, eine neue Hofstelle bauen zu können.
„Ansonsten wird dieser Präzedenzfall enorme Auswirkungen haben und viele neue Baumöglichkeiten im landwirtschaftlichen Grün eröffnen“
Wir fordern die Landesregierung deshalb auf, das diesbezügliche Gutachten der Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung zu respektieren und dieses Vorhaben zu unterbinden. Ansonsten wird dieser Präzedenzfall enorme Auswirkungen haben und viele neue Baumöglichkeiten im landwirtschaftlichen Grün eröffnen, was zu einer weiteren Zersiedlung führen wird.“
 
Man darf gespannt sein, wann die Landesregierung den Rekurs der Gadertaler Bauern dann wirklich behandelt.