Società | Pilgerweg

Hoch und Heilig #9

Tag 9: von Kals nach Heiligenblut - Die Liebe hört niemals auf
Avvertenza: Questo contributo è un messaggio promozionale e non rispecchia necessariamente l'opinione della redazione di SALTO.
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Foto: ©Martin Schönegger

Die letzten 8 Stunden und 23 Kilometer dieser Wanderung liegen vor mir. 9 Tage lang bin ich gewandert, über Berge und Grenzen.  Und nach innen gewandert, zu mir selbst. Mit jedem Tag wurden meine Beine müder, aber mein Kopf klarer und mein Willen stärker. Ich habe täglich meine körperlichen Grenzen ausgetestet und dabei ungeahnte Kraftreserven entdeckt, habe den Wert der Stille erfahren, mich Teil eines großen Ganzen gefühlt, habe Ballast abgeworfen und mit Zuversicht neue Pläne geschmiedet. Wider erwarten ist das vorherrschende Gefühl nach diesen 9 Tagen also nicht Erschöpfung sondern Dankbarkeit.

Wir starten im Ortszentrum von Kals und wandern in der ersten Stunde in Stille am Leiterbach entlang. Das Motto dieser letzten Etappe des Pilgerwegs ist „Die Liebe hört niemals auf“. Es passt gut zum Wasser, das seit Jahrtausenden am Weg entlang immer weiter fließt. Die heutige Übung fordert uns auf zu überlegen, ob es Zeit ist eine Entscheidung zu treffen oder zu erneuern, um in unserer Liebe zu wachsen?

Wir wandern in östlicher Richtung über den Weg Nr. 702B bis zum Lucknerhaus, und kehren vor dem Anstieg kurz auf einen Kaffee ein. Dann steigen wir über den Weg Nr. 714 vorbei an der Schliederle Alm bis zur Glorer Hütte am Berger Törl auf. Dieses hochalpin gelegene Schutzhaus auf 2.642 m ist der höchste Punkt unserer heutigen Etappe und bietet Quartier und Verpflegung. Hier machen wir nochmals Rast.

Meine Gruppe macht heute mehr Naschpausen als sonst und kehrt öfter ein. Ein bisschen ist es die angestaute Müdigkeit, ein bisschen die Feierlaune. Aber ich habe auch das Gefühl, dass wir alle diesen letzten Tag in die Länge ziehen wollen, um ihn sich wie den letzten Bissen eines besonders seltenen Gerichts langsam auf der Zunge zergehen zu lassen.

Vom Berger Törl folgen wir dem immer flacher werdenden Weg Nr. 714 in Richtung Berger Ochsnerhütte und zweigen dort rechts auf den Weg Nr. 702B in Richtung Leiteralm ab. Nachdem wir die Trogalm am Ausgang des Leitertales erreicht haben, geht es nochmal steil bergab in Richtung Leiterfall und Bricciuskapelle. Am Fuß der Kapelle entspringt eine Quelle, der heilende Wirkung bei Augenleiden nachgesagt wird. Kurz vor Heiligenblut stürzt der Gössnitzbach als Wasserfall mit Getöse aus 70 m Höhe ins Tal. Atemlos und staunend betreten wir die Aussichtskanzel.

Wir folgen weiterhin dem Wasser und durchwandern die Sattelalm. Nun ist das Ziel nicht mehr weit.

Die Gruppe wird unruhiger, wir können es kaum erwarten den Kirchturm von Heiligenblut hinter der nächsten Kurve des Haritzersteigs zu entdecken. Die Schritte sind jetzt schneller, voller Erwartung. Und dann sehen wir sie endlich, die Wallfahrtskirche von Heiligenblut. Wir haben es geschafft!

Euphorie kommt auf, wir umarmen uns. Der Pilgerweg empfiehlt sich an der Hand zu fassen und gemeinsam in die Wallfahrtskirche hinein zu gehen. Während wir dann im Inneren die Bilder der Briccius Legende besichtigen, kommt ein bisschen Wehmut auf, weil unsere gemeinsame Erfahrung hier zu Ende ist. Als wir wieder draußen sind, zieht einer von uns einen kleinen Flachmann und wir stoßen der Reihe nach mit einem winzigen Deckel voll Cognac auf unseren Pilgerweg an. Für die einen war es eine spirituelle Reise, für die anderen einfach ein langes Trekking. Aber alle haben eine Ruhe und eine Kraft in sich entdeckt, die nicht versiegt und die sie fortan begleiten wird.

 

In Zusammenarbeit mit Hoch und Heilig
Texte von Hoch und Heilig und Lucia De Paulis

 


 

Gefördert wird das Projekt durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und Interreg-V-A Italien-Österreich 2014-2020