Troll
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Am Stammtisch der Trolle

Bist du Masochistin? Nein, warum? Weil du dich immer so niedermachen lässt. Wo? Hier. Ach, da wird nur getrollt.

Mit den Trollen ist das so eine Sache, erzählt mir Wikipedia: Im Niederhochdeutschen ist ein Troll ein „grober, ungeschlachter Kerl“, in der nordischen Mythologie ein „Kobold oder Dämon“ und im Netzjargon ist es einer, „der auf emotionale Provokation abzielt“, um möglichst „erboste und unsachliche Antworten“ zu erwirken. Trolle „agieren absichtlich, wiederholt, schädlich“ und versuchen, „Konflikte innerhalb der Community zu schüren“. Ihre Motivationen sind „Langeweile, Suche nach Aufmerksamkeit, Rache, Spaß und Unterhaltung“. „Alltagssadismus“ und weitere Merkmale der sogenannten „Dunklen Tetrade“ wie „Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie“ seien typisch, ergab eine Studie. Noch bietet das Netz keine Informationen darüber, ob mehr Männer oder Frauen trollen.

„Beim Kommentieren können sie Dampf ablassen und richten vielleicht sonst weniger Schaden an“, sagte letzthin einer zu mir. Alsodann...

Trolle versuchen ihre Identität zu verbergen, manchmal legen sie sich wie Bauchredner eine Sockenpuppe, eine zweite Identität zu und füttern sich damit selbst. „Ein Mittel, um Foren vor Troll-Beiträgen zu schützen, ist das Informieren der Benutzer über das Phänomen und die typischen Eigenschaften von Troll-Beiträgen“. „Die anderen Teilnehmer der Diskussion können Troll-Diskussionen begegnen, indem sie auf Beiträge des Trolls grundsätzlich nicht eingehen“. Trolle bitte nicht füttern!, heißt das im Netz.

Der norwegische König Olav der Heilige (1000 n. Chr.) soll Trolle in Stein verwandelt haben.

„Beim Kommentieren können sie Dampf ablassen und richten vielleicht sonst weniger Schaden an“, sagte letzthin einer zu mir. Alsodann...

 
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Christoph Moar Sab, 08/25/2018 - 16:38

Liebe Frau Mumelter, das Trollthema ist ein Schwieriges. Finde ich gut, dass das hier mal aufgeworfen wird, wenngleich in dieser Kolumnenform nicht mehr als ein paar Gedankenanregungen drin sind. Darf ich vielleicht im Kommentarbereich was dazu beitragen?

Die ersten Trollbeiträge im Netz erlebte ich in ziemlich "nerdigen" Ecken des Netzes - und zwar ziemlich genau vor 27 Jahren. Ich hatte also ziemlich lange Gelegenheit, dieses Phänomen zu beobachten. Und glaub mir - es hat sich seit damals nicht viel am Vorgehen, der Sprache oder Motivation geändert. ;)

Zunächst wäre aber zu definieren, was ein Troll eigentlich ist. Deine - äh, wikipedias - Charakterisierung im ersten Absatz der Kolumne ist überhaupt nicht verkehrt. Man darf es sich aber nicht zu leicht damit machen, und in jeden, der im Internet herumstänkert, einen reinen Provokateur zu vermuten. Einen - geschickten - Troll zweifelsfrei zu erkennen kann richtig schwierig sein. Eine Variante von Poes Gesetz [https://en.wikipedia.org/wiki/Poe%27s_law] besagt, dass jeder genügend fortgeschrittener Troll nicht von einem kook [https://www.urbandictionary.com/define.php?term=kook] zu unterscheiden ist. Der Kook ist halt ein Kook: Er bleibt in seiner eigenen kleinen Echokammer und spricht mit zumindest vage gleichgesinnten Menschen. Der Kook zieht keine Energie aus der Sache. Der Troll macht sich hingegen ein Prinzip aus seinem Trollen.

Womit wir bei der Movitation des Trolls wären: Eine landläufige Erklärung ist die, dass der Troll "Energie" aus seinem Trollen gewinnt. "Spaß" wäre ein möglich anderes Wort, aber es trifft nicht ganz so gut - denn manche Trolle sind als menschliche Wesen dermaßen spaßbefreit, dass es widersprüchlich wäre von Spaß zu reden: Energie also. Die Energie liegt zum Beispiel darin, dass sie beobachten, wie andere sich Zeit nehmen (müssen), um auf ihre Beiträge einzugehen. Man vermutet, dass Langeweile und Geltungssucht starke Treiber sind, warum ein Troll sich engagiert, aber auch Rache, Spaß oder Unterhaltugn sind Treiber. Manche Studien unterstellen den Trollen auch Züge von Sadismus, wenn sie einer Person oder Sache Schaden zufügen wollen.

Womit zu erklären wäre, warum die erste Handlungsanweisung die ist, einen Troll nicht (mit Antworten) zu füttern. Wenn der Troll keine Reaktion erhält, hat er nichts, woran er sich erfreuen kann, so die naive Begründung. Ein bisschen so, wie Eltern sich denken, wie sie sich einem störrischen Kind gegenüber zu verhalten haben: ignoriere ihn zunächst, beruhige dich selbst dabei, er wird sich dann schon auch beruhigen und das, was er eigentlich haben will, danach anders holen.

Bei Trollen ist diese Strategie nur bedingt wirksam. Trolle sind keine Kinder, und wir sind nicht ihre Eltern. Das bedeutet, wir kontrollieren auch nicht ihre Umgebung. Und Trolle haben Echos, die sie in ihrem Vorgehen bestärken und unterstützen. Wenn Trolle also keine negative Reaktion, und nur die positive Reaktion ihrer eigenen Echos erhalten, dann bleibt in ihrem Gleichungssystem (wieviel Spaß hatte ich? wieviel Zustimmung? wieviel Widerstand?) nicht viel mehr übrig als die positive Zustimmung des Echos und das Gefühl, es jemandem mal richtig gezeigt zu haben.

Blöd, nicht wahr? Wer wird sich dann noch so schweigend verhalten (und den Troll damit quasi mit dem Schweigen versteinern) wenn dadurch der Troll eigentlich "auch" gewinnt? Nun, die landläufige Erklärung liegt darin vermeintlich zu erkennen, dass der "Gewinn" des Trolls (durch seinen Angriff, der als letztes Wort stehen bleibt und vom Echo gestützt wird) nicht dasselbe sei wie eine Verstärkung. Der Troll suche Verstärkung (also eine entgegengesetzte Reaktion, an der er sich aufarbeiten kann), und Aufmerksamkeit. Er will aber Aufmerksamkeit, ohne dieser wird er weiterziehen - so die verhaltensanalytische Begründung.

Unklar ist aber, ob tatsächlich "Aufmerksamkeit" der Verstärker des Trolls ist. Beobachter einiger "fortgeschrittener" Netzgemeinden vermuten eher, dass lulz [https://www.urbandictionary.com/define.php?term=lulz] der Grund ist, warum Trolle trollen. Belege für diese Hypothese gibts aber nicht, wobei das eine spannende Fragestellung für ein Psychologie Proseminar wäre.

Oje. Das sieht nun auf den ersten Blick völlig unbefriedigend aus. Was tun, also?

Nun, für mich ist die Frage völlig simpel: Im selben Moment, wo jeder für sich selbst erkennt, wie sinnlos es ist, sich über Trolle Gedanken zu machen oder diese stoppen zu wollen, wird man richtig, richtig frei. Und der Kreis schließt sich.

An all jene, die hier oder woanders von Trollen heimgesucht worden sind, lege ich den schönen Brief von Albert Einstein an Marie Curie nahe, als jene, bereits Nobelpreisträgerin für Physik, sich mitten in einem aus dem privaten Lebensbereich heraus motivierten Shitstorm befand:

"Highly esteemed Mrs. Curie,

Do not laugh at me for writing you without having anything sensible to say. But I am so enraged by the base manner in which the public is presently daring to concern itself with you that I absolutely must give vent to this feeling. However, I am convinced that you consistently despise this rabble, whether it obsequiously lavishes respect on you or whether it attempts to satiate its lust for sensationalism! I am impelled to tell you how much I have come to admire your intellect, your drive, and your honesty, and that I consider myself lucky to have made your personal acquaintance in Brussels. Anyone who does not number among these reptiles is certainly happy, now as before, that we have such personages among us as you, and Langevin too, real people with whom one feels privileged to be in contact. If the rabble continues to occupy itself with you, then simply don’t read that hogwash, but rather leave it to the reptile for whom it has been fabricated.

With most amicable regards to you, Langevin, and Perrin, yours very truly,
A. Einstein"

Kurz nach dem Skandal gewann Curie ihren zweiten Nobelpreis. Diesmal in Chemie, für die Entdeckung von Radium und Polonium.

Sab, 08/25/2018 - 16:38 Collegamento permanente
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gorgias Sab, 08/25/2018 - 18:22

Wenn ich ehrlich bin, empfinde ich diese Kolumne als Getrolle oder zumindest nahe dran und habe des Öfteren auch verzichtet deswegen einen Kommentar zu schreiben.
Ich frage mich des öfteren, ob die Autorin sich dieser trollhaften Züge bewußt ist.

Sab, 08/25/2018 - 18:22 Collegamento permanente
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Jutta Kußtatscher Sab, 08/25/2018 - 22:06

@Renate Mumelter: Gut, die Trolle zum Thema zu machen. Ich schließe mich Christoph Moar mit meinem Dank dafür an.
@ Oliver Xy. (oder heißen Sie, Oliver, mit Nachnamen irgendwie anders als ABCpunkt?) + @gorgias: Sie beide sind da prompt dabei am Diskutieren.
Ich möchte Ihnen zum Thema den Spiegel vorhalten.
Wobei ich eine Einschränkung machen mag, weil den Spiegel, lieber gorgias, ich Ihnen nur noch bei Frauenthemen oder wenn eben Frauen schreiben hinhalte.

Sab, 08/25/2018 - 22:06 Collegamento permanente
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Christoph Moar Lun, 08/27/2018 - 18:02

"Alle Kommentatoren, die einem nicht passen, sind also Trolle."
Hat das Frau Mumelter geschrieben oder gedacht? Wo genau?

Ich teile im Übrigen die Meinung, dass nicht jeder ein Troll ist. Darum schrieb ich zum Beispiel "Man darf es sich aber nicht zu leicht damit machen, und in jeden, der im Internet herumstänkert, einen reinen Provokateur zu vermuten.". Und Hopfgartner schrieb in einem Satz sinngemäß dasselbe. Insofern, nein, ganz deutlich. Nicht jeder, der einem nicht passt, ist ein Troll. Behauptet glaube ich auch keine(r).

Lun, 08/27/2018 - 18:02 Collegamento permanente
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Benno Kusstatscher Lun, 08/27/2018 - 23:56

@Tomas Kofler: Dass Selbsteinsicht nicht in der Natur eines Trolls liegt, wäre zu erwarten gewesen. Da will ich mich selbst gar nicht ausschließen, und jeder darf ja fröhlich seiner Meinung sein, was denn einen Troll ausmacht. Nur hätte ich die Bitte, mit Aussagen wie "Fakt ist" etwas bewusster umzugehen. Wie sehr Kommentatoren auf das Thema eingehen, kann man nachlesen, in dem man ein paar weinige Beiträge von Renate Mumelter zurückblättert. Ein kleiner Auszug an Kommentaren, wie ich sie hier noch nie unter Artikeln von männlichen Autoren gesehen hatte.

„Bekommt diese Frau ein Honorar dafür, dass sie diesen geistigen Müll schreibt und hier veröffentlicht?“ (11.08.18)

„Doch so sehr diese Kolumne ein griff ins Klo ist, haben Sie es mit so einer Antwort nochmals unterboten.“ (11.08.18)

„Immerhin beruhigend, dass für Onlinezeitungen keine Bäume sterben müssen.“ (21.07.18)

„Das wirklich Bedenkliche ist, dass so ein in fünf Minuten hingerotzter Dreck von der Redaktion noch zum Aufmacher aufgewertet wird.“ (21.07.18)

"Fakt ist aber dass die Kommentare -manchmal zwar recht grob und rustikal formuliert- doch meistens auf das Thema eingehen. Und das ist kein Getrolle." (27.08.18)

Grob, rustikal, meistens, Getrolle. Das sind alles relative, subjektiv dehnbare Begriffe. "Fakt ist" ist es nicht. Den Ermessungsspielraum darf man doch den Lesern und Leserinnen selbst zutrauen, oder?

Lun, 08/27/2018 - 23:56 Collegamento permanente
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Benno Kusstatscher Mar, 08/28/2018 - 08:26

Ich sagte doch, "meistens" ist ein relativer Begriff, wenn er auch über 50% suggeriert. Zählen wir doch die Prozent der Kommentare, die unter "Bauchgrimmen" aufs Thema eingehen.
https://www.salto.bz/de/article/10082018/bauchgrimmen
"Meiner Meinung nach .... meistens ... das ist kein Getrolle"
Gerne! Aber "Fakt ist ..." ?

Gabriele Di Luca, selbst streitbarer Author, holt sich sicher seine Watschen ab. Ich hätte aber noch nie eine vergleichbare, systematisch betriebene Untergriffigkeit, auf die sich dann auch noch eine Meute einstimmt, beobachtet. Ich hab selber auch schon in Wespennester gestochen und mir den zu erwartenden Hagel eingefangen, aber Mumelter sticht in keine Wespennester, sondern schreibt mit leichter Feder. Sie verstört scheinbar durch Andersartigkeit, nicht durch Provokation.

Mar, 08/28/2018 - 08:26 Collegamento permanente
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Benno Kusstatscher Mar, 08/28/2018 - 11:40

Ich sehe kein Rudel, das Mumelter verteidigt, sondern ein, nennen wir es ruhig "Rudel", das sich daran stößt, wie kritisiert wird ( und ob es sich überhaupt noch um "Kritik" handelt). Dass es systematisch von den selben 2-3 Personen ausgeht, ist durchaus richtig beobachtet. Ich für meinen Teil freue mich auf weitere Kritik, inklusive für-mich-Nonsens Kommentare. Das "für mich" wie oben ist genau die Einschränkung, die ich einfordern möchte. Ab dieser Erkenntnis, nämlich einem "für andere ist es vielleicht nicht Nonsens", kann man sich wieder respektvoll zusammenraufen.

Mar, 08/28/2018 - 11:40 Collegamento permanente
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Benno Kusstatscher Mar, 08/28/2018 - 16:46

Ich möchte Ihnen klarmachen, dass Sie subjektives Empfinden als Tatsache verkauften, um damit zu beweisen, dass es sich nicht um Trollerei handeln könne. Im Licht der Vorgeschichte, reiht sich das leider in einen gewissen Kontext ein. Frage: was ist so schlimm daran, wenn ich darum bitte, mit "Fakt ist..."-Statements etwas bewusster umzugehen, dass wir jetzt ins Persönliche abgleiten müssen?

Mar, 08/28/2018 - 16:46 Collegamento permanente
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Peter Gasser Dom, 06/09/2019 - 17:14

“und im Netzjargon ist es einer, „der auf emotionale Provokation abzielt“, um möglichst „erboste und unsachliche Antworten“ zu erwirken. Trolle „agieren absichtlich, wiederholt, schädlich“ und versuchen, „Konflikte innerhalb der Community zu schüren“. Ihre Motivationen sind „Langeweile, Suche nach Aufmerksamkeit, Rache, Spaß und Unterhaltung“. „Alltagssadismus“ und weitere Merkmale der sogenannten „Dunklen Tetrade“ wie „Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie“ seien typisch, ergab eine Studie. Noch bietet das Netz keine Informationen darüber, ob mehr Männer oder Frauen trollen“:
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Mann kann nicht besser beschreiben, was auch hier 2 bis 3 User immer wieder versuchen.

Dom, 06/09/2019 - 17:14 Collegamento permanente
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Peter Gasser Dom, 06/09/2019 - 17:35

“Fakt ist aber dass die Kommentare -manchmal zwar recht grob und rustikal formuliert- doch meistens auf das Thema eingehen“:
Das stimmt eben nicht. Dies ist IHRE SICHT, nicht mehr und nicht weniger.
Daher: “Meine Meinung ist...”.
Um das zu veranschaulichen:
Meiner Ansicht nach geschieht nämlich durch die stets gleichen 2 - 3 User genau das, wie es in dieser Kolumne geschrieben steht.
Und damit sind Ihre MEINUNG und meine MEINUNG zwar verschieden, aber gleichwertig.
Es ist allerdings auch meine Meinung, dass Sie nicht verstehen, wovon ich (und vorher BK) spreche.

Dom, 06/09/2019 - 17:35 Collegamento permanente
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Peter Gasser Dom, 06/09/2019 - 17:35

“Fakt ist aber dass die Kommentare -manchmal zwar recht grob und rustikal formuliert- doch meistens auf das Thema eingehen“:
Das stimmt eben nicht. Dies ist IHRE SICHT, nicht mehr und nicht weniger.
Daher: “Meine Meinung ist...”.
Um das zu veranschaulichen:
Meiner Ansicht nach geschieht nämlich durch die stets gleichen 2 - 3 User genau das, wie es in dieser Kolumne geschrieben steht.
Und damit sind Ihre MEINUNG und meine MEINUNG gleichwertig.
Es ist allerdings auch meine Meinung, dass Sie nicht verstehen, wovon ich hier (und vorher BK) spreche.

Dom, 06/09/2019 - 17:35 Collegamento permanente