Politica | SVP

Was ist da schief gelaufen, Herr Achammer?

Meran verloren, in Leifers voraussichtlich mit Mitte-Rechts im Boot: Wie geht die SVP mit dem zweiten Dämpfer in zwei Wochen um? Antworten von Parteiobmann Achammer.

Herr Achammer, Merans Bürgermeister-Sessel ist verloren, in Leifers blüht erstmals eine Koalition mit Mitte-Rechts, Bozen bleibt instabil. Eine schwarze Stichwahl-Nacht für Ihre Partei?
Philipp Achammer: In solchen Kategorien denke ich nicht unbedingt. Aber es ist klar, dass die Stichwahlen nicht so gelaufen sind, wie wir uns erhofft hätten. Am schmerzlichsten ist dabei sicherlich der Verlust in Meran. Auch wenn das Ergebnis dort so klar ist, dass wir es nur anerkennen und dem neugewählten Bürgermeister gratulieren können.

Paul Rösch hat sein hervorragendes Vorzugsstimmen-Ergebnis vom 10. Mai an diesem Sonntag noch einmal verdoppeln können. Haben auch die SVP-WählerInnen den Bündnispartner der Grünen bevorzugt?
Das wird man noch genauer analysieren müssen. Doch es ist sehr deutlich, dass der neue Meraner Bürgermeister eine breite übergreifende Zustimmung in diesem Wahlgang hatte. Paul Rösch ist eine charismatische Person und ihm ist es einfach gelungen, von seinen Ideen zu überzeugen. Das ist zu sehen, auch wenn es für uns schmerzlich ist.

War Gerhard Gruber dagegen zu uncharismatisch - oder wurde die Volkspartei in Meran abgestraft?
Wir haben in Meran auf Vorwahlen gesetzt, nachdem klar war, dass die Nachfolge von Günther Januth keine leichte Entscheidung wird. Und Gerhard Gruber war klarer Sieger dieser Vorwahlen, also es war nicht so, dass er von einigen wenigen Personen ausgewählt wurde. Aber wir haben auch in anderen Orten gesehen, dass die Vorwahlen nicht den Auftrieb gegeben haben, den wir uns erhofft haben.

"Ich sage ganz offen, dass ich mit gewissen Kräften, die in einer Leiferer Koalition sitzen würden, sehr große Schwierigkeiten und Bauchschmerzen habe. Allen voran mit der Lega Nord unter ihrer aktuellen Ausrichtung."

Gerade Gerhard Gruber galt aber von Beginn an als Mann von Karl Zeller. Hat ihm das mehr geschadet als genutzt? Und wird der mächtige Bezirksobmann Zeller irgendwann für seine letzthin tendenziell schlechten Wahlergebnisse zur Verantwortung gezogen werden?
Wir werden nun nach dem definitiven Abschluss der Wahlen alle Ergebnisse in der Parteileitung genauer analysieren, voraussichtlich bereits am Dienstag Nachmittag. Für Samstag Vormittag habe ich dann eine Ortsobleute-Konferenz einberufen. Das heißt, nun wird es darum gehen, offen darüber zu reden, was einem besseren Ergebnis der Partei bei diesen Gemeinderatswahlen im Weg gestanden ist – ob thematisch oder personell. Und daraus könnten sich natürlich auch notwendige Schritte oder Änderungen der Linie ergeben.

In Meran hat Ihr Bürgermeister-Kandidat vorab eine Koalition mit Paul Rösch abgelehnt. Kann es sich die Volkspartei leisten, bei solch einem Nein zu bleiben?
Der SVP geht es immer um eine sachlich gute Arbeit für die  jeweiligen Orte. Es liegt gewissermaßen in der DNA der Partei, Verantwortung zu übernehmen, wenn wir den Auftrag dazu bekommen. Es wurde aber auch immer klar betont, dass überall dort, wo es Nicht-SVP-Bürgermeister ohne klare Mehrheit gibt, erst einmal der Vorschlag abgewartet und bewertet wird.

Die Grünen kritisierten bereits vergangene Woche unter Verweis auf Innichen und Toblach, dass es nicht gerade in der DNA der SVP liegt, sich dabei als Minderheitenpartner zu benehmen...
Das ist ein absoluter Blödsinn. Man schaue sich nur an, wie die SVP in den vergangenen Jahren in Toblach oder Eppan mit Bürgermeistern ohne Mehrheit zusammen gearbeitet hat. Klar ist, dass eine solche Zusammenarbeit nicht bedingungslos und ohne Wenn und Aber zu haben ist. Es braucht auch das nötige Vertrauen und die inhaltlichen Voraussetzungen. Denn wir sind schließlich auch unseren WählerInnen verpflichtet, das Programm umzusetzen, das wir angekündigt haben.

"Wir haben bei den Gemeinderatswahlen überall subsidiär entscheiden lassen. Wir wollen nicht von der Brennerstraße aus sagen, was gut vor Ort ist. Doch es gibt auch parteiintern Stimmen, die kritisieren, dass wir in einigen Orten klarer durchgreifen hätten müssen. Darüber zu urteilen, überlasse ich nun den Ortsobleuten."

In Leifers müssen Sie sich nun vorwerfen lassen, für den Fall der bisherigen Bürgermeisterin Liliana di Fede mit verantwortlich zu sein. War es dort wirklich notwendig, ihrem strategischem Koalitionspartner die Unterstützung zu entziehen?
Unser erster Ansprechpartner für die Zusammenarbeit ist und bleibt der PD. Ich respektiere aber auch, dass die SVP-Ortsgruppe in Leifers diese Entscheidung getroffen hat. Schließlich heißt es doch auch sonst allerorts, dass sich die WählerInnen nicht mehr von Parteien leiten lassen, sondern zwischen Personen wählen wollen. Ob jetzt eine Koalition möglich ist, ist eine andere Frage. Denn ich sage ganz offen, dass ich mit gewissen Kräften, die darin sitzen würden, sehr große Schwierigkeiten und Bauchschmerzen habe. Allen voran mit der Lega Nord unter ihrer aktuellen Ausrichtung.

Doch die SVP hat für solche Bündnispartner bewusst grünes Licht gegeben...
Nein, das stimmt absolut nicht. Wir haben immer betont, dass auch die Grundlagen für eine weitere Koalition mit Mitte-Links bestehen würden...

Dann hätte man in der Brennerstraße aber auch dafür sorgen können, dass dies den WählerInnen entsprechend klar vermittelt wird.  
Ja, vielleicht wird man auch darüber diskutieren müssen in der Analyse. Aber wir haben bei den Gemeinderatswahlen überall subsidiär entscheiden lassen. Wir wollen nicht von der Brennerstraße aus sagen, was gut vor Ort ist. Wenn in Leifers die Ortsgruppe sagt, die Voraussetzungen für eine Übereinkunft vor der Wahl sind nicht gegeben, delegitimieren wir doch nicht unsere eigenen Leute. Doch es gibt auch parteiintern Stimmen, die kritisieren, dass wir in einigen Orten klarer durchgreifen hätten müssen. Darüber zu urteilen, überlasse ich nun den Ortsobleuten.

In Bozen hat Luigi Spagnolli dagegen Ihre ganze Unterstützung bekommen. Und sie hat sich ausgezahlt, wie sein starkes Ergebnis in den Stadtvierteln mit starkem deutschsprachigen Anteil gezeigt hat.
In Bozen hat sicher vor allem die deutschsprachige Bevölkerung klar zum Ausdruck gebracht, dass sie auch nach zehn Jahren noch auf jenen Bürgermeister setzt, der für einen Ausgleich zwischen den Sprachgruppen sorgt und für alle da ist. Trotz aller thematischen Differenzen, die es immer wieder gibt. Aber in dem Fall hätte die Alternative auch wirklich Schlechtes verheißen – mit deklarierten faschistischen Kräften, die mit von der Partie waren. In Bozen ging es deshalb weniger um eine Parteiwahl als um eine Richtungswahl: Ist man für Ausgleich, Zusammenleben und Verständigung oder steht man zu Leuten, die offen extreme politische Ideologien propagieren.