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Infrastruk­turen und Gesellschaft

Passend zur Reisezeit: Das neue Heft des Vereins Geschichte und Region/ Storia e regione versammelt Beiträge zum Thema Transit.
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Foto: Quelle: Wikipedia-Ralf Roletschek

Im September 2015 wurde auf der Tagung der Internationalen Gesellschaft für historische Alpenfor­schung (IGHA) zum Thema Transit referiert. Es ging um Infrastruk­turen und Gesellschaft in den Alpen von der Antike bis heute. Die Referate sind nun Teil des aktuellen Heftes, sie zeigen Strategien auf, „die ins Werk gesetzt wurden, um die Gebirgskette zu überwinden.“

Der Blick ist auf Transit gerichtet, auf materielle wie immaterielle Aspek­te der Verkehrsinfrastruktur. Im Fokus steht auch die Auseinandersetzung mit Planungs- und Arbeitsabläufen, Investi­tionen, technischen Möglichkeiten und Akteuren. Zugleich werden aber auch die Rückwirkungen des Transits auf den regionalen Raum und das Wechselspiel von lokalen Vorstellungen und Anstö­ßen von außen einbezogen.

Seit den 1970er Jahren ist die öffentliche Meinung besonders stark auf Umweltproblematiken gerichtet, die mit den transalpinen Verkehrsströ­men und dem Ausbau der touristischen Infrastruktur – wie Skipisten und Aufstiegsanlagen – verbunden sind. Etwa bei groß angelegten Verkehrsprojekten, wo es nicht überrascht, „dass die Zweckmäßigkeit eines neuen Bau­vorhabens häufig sehr kontrovers beur­teilt wird“.

In Magdalena Pernolds Beitrag über Die Brennerautobahn als Infrastruk­tur für Verkehr und Transit. Zur Ent­grenzung geografischer Verkehrsräume im Zeitraum ihrer Realisierung ver­schiebt sich die Blickrichtung thematisch und methodisch, indem sie die Reali­sierung dieser international bedeutsa­men Transitstrecke diskursanalytisch untersucht.
Ab den 1950er Jahren begann man von dem Vor­haben zu sprechen. Zwei mögliche Trassen standen einander gegenüber: Die eine verlief durch das Eisacktal, die andere favorisierte eine Verbindung über das Passeiertal und Meran.

In der ersten Phase dominierten im öf­fentlichen Meinungsbild Themen wie „der erwartete Modernisierungseffekt und die wirtschaftspolitische Bedeu­tung dieser Infrastrukturmaßnahme“, aber – vor allem aus der Sicht Öster­reichs, das sich geopolitisch in einer schwierigen Lage befand – auch die Frage, „ob die neue Verkehrsverbindung das europäische Projekt zu stärken ver­mochte.“
Obwohl die Zeit am Übergang von den 1950er zu den 1960er Jahren von massiven politischen Spannungen in Zusammenhang mit der Südtirolfra­ge geprägt war, wurde das Autobahn­projekt über den Brenner nie unterbro­chen. Abgesehen von einigen wenigen Gegenstimmen, verlagerte sich die De­batte in dieser Zeit hin zur Frage der Streckenführung zwischen dem Bren­ner und Bozen.

Mit dem Schwerpunkt auf historischen Dynamiken von Verkehrs- und Infrastrukturmaßnahmen, dem Zusammenspiel und der Wechselwirkung von Durchquerungen, lokalen Gegebenheiten und Austauschbeziehungen mit dem Umland rückt die Perspektive auf die „gelebten Alpen“ als historische Erfahrungswelten in den Vordergrund.