Società | Wird alles anders?

Postcorona

Man liest es immer wieder: Es wird nichts mehr sein, wie vorher. Corona verändert die Welt. Corona ist das Ende der Globalisierung, das Ende der Neoliberalisierung
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.

Es ist ganz klar: Die Maßnahmen, um die Verbreitung des Virus zu verhindern, sind einschneidend. Einschneidend in unser tägliches Leben, in die Gesellschaft, in die Wirtschaft. Das Einschneidenste  ist aber die Tatsache, dass die Leute plötzlich Zeit haben, nachzudenken. Dabei ertappen sich viele oder die meisten, dass ihr Lebensstil sie nicht befriedigt und vielleicht sogar Mitschuld an der ganzen Misere trägt. Dabei ist die Lage ganz einfach und überschaubar. Ein Virus trifft die ganze Welt, eben auch Europa, Italien besonders hart und auch Südtirol und schon sind wir mitten drin im Dilemma. Eine Feuerprobe für die Sanität, für die Politik, für den Gehorsam der Bevölkerung, für den Zusammenhalt und die gegenseitige Rücksichtnahme in der Gesellschaft. Können wir es noch? Mir sind in diesen Tagen viele Parallelen in den Kopf geschossen zu den Weltkriegen, zur Option und zu anderen vergleichbaren Gefahren, die ein solcher Virus mit sich bringen kann. Sirenengeheul, Fliegeralarm, runter in die Luftschutzkeller. Familienstreit beim Mittagessen, Generationenkonflikte über die Meinung zum Nationalsozialismus, über die Entscheidung Gehen oder Bleiben. Das waren Zeiten, die wir wohl allzu schnell vergessen haben, weil sie unsere Großeltern und Eltern durchgestanden haben. Bei der letzten Vogelgrippe habe ich die Abdeckung beim Hühnerstall meines Schwagers gebastelt.  Ich war mir der Wichtigkeit der Maßnahme bewusst. Aber jetzt bei corona? Wenn wir Glück haben und nach Ostern die größte Gefahr gebannt ist, die Maßnahmen stufenweise zurückgenommen werden, sind wir da eine andere Gesellschaft, eine andere Politk, eine andere Wirtschaft?  Ich wette nein, spätestens um Weihnachten sind wir wieder dieselben. Mit dem einen Unterschied vielleicht, dass das Loch, das in die Wirtschaft gerissen wurde, nicht so schnell und so leicht wieder aufgefüllt werden kann. Die Arbeitslosenzahlen werden in die Höhe schnellen, die Bilanzen der Sanität werden noch roter werden, als sie schon waren und die Politk wird sich wie immer zerfleischen, Schuldige suchen, Fehler aufdecken und die Parteien  von der Situation zu profitieren wissen. Also sind wir schon mitten drin im Nichtsdazulernen. Die Gesellschaft kann  und will nichts dazulernen,  weil die Rahmenbedingungen des Staates und der Politk es nicht zulassen. Smartworking, Homeschooling, Homeworking, sind das Begriffe, die mit coronna entstanden sind?  Eben nicht, die waren schon lange da, als Möglichkeit, nur eben nicht genutzt und sogar verspottet. Homeschooling war ein Modell, das von vielen Seiten entwickelt wurde, aber eben erbarmungslos in den Boden gestampft wurde von bestimmten Kreisen. Dass viele Frauen von zuhause aus genauso ihre Berufspflicht erfüllen könnten, der Verkehr dadurch reduziert würde, die Familien glücklicher wären und die Frauen entlasteter, wen interessiert denn sowas?  Höchstens eine Erwähnung in der Sonntagsansprache, mehr nicht.

Nein, es bleibt alles wie es war. Die Globalisierung ist fest verankert in der Weltwirtschaft, der Neoliberalismus hat die Segel voll in der Strömung. Zudem ist Europa nun vollgestopft mit Multikulti, die sowieso noch zusätzliche Probleme bringen. Mehr noch, vielleicht sind es gerade sie und ihre Existenzform, die den Virus nicht aussterben lassen, sondern immer wieder neu entfachen. Eine Erkenntnis könnte aber in unseren Köpfen verankert bleiben: Dass wir klein sind ,sehr klein, unvollständig und schwach. Und das nicht etwa gegen eine Weltmacht, nein, gegen einen unscheinbaren, lausigen Virus, diesmal namens corona. Wie wird sich der nächste nennen?

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Karl Egger Gio, 03/26/2020 - 12:42

Das Letzte was in der derzeitigen Situation und in weiterer Folge angebracht ist, sind Revolutions- und Systemwandel-Fantasien. Der italienische Staat steht seit jeher mit einem Fuß am Abgrund, daher habe ich meine Zweifel, dass dieser die Krise unbeschadet überstehen wird. Es wird nicht lange dauern, bis Maßnahmen wie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, des Pensionseintrittsalters, bis hin zum EU-Austritt und der Wiederkehr der Lire gefordert werden.
Statt den Markt mit noch mehr Geld und billigen Krediten zu fluten (wie von LH Kompatscher gefordert) und die Staatsausgaben noch mehr zu erhöhen, ist es opportun endlich die Staatsausgaben zu senken, den aufgeblähten Staatsapparat und die öffentliche Verwaltung zurecht zu stutzen und endlich Pleitegeier wie z.B. die Alitalia abzuwickeln, statt sie weiter mit Staatsgeld künstlich am Leben zu erhalten. Es braucht tiefgreifende Reformen auf politischer Ebene und nachhaltiger Restrukturierungen auf betrieblicher Ebene.
Eine Abkehr von der Globalisierung führt nicht etwa zu mehr Demokratie - ganz im Gegenteil - diese wird der Rückkehr zum Nationalismus den Weg ebnen - mit bitteren Folgen für Südtirol. Auf alle Fälle stehen uns als Teil von Italien schwierige Zeiten bevor - bei anderen Staaten mache ich mir da weniger Sorgen.

Gio, 03/26/2020 - 12:42 Collegamento permanente