Politica | Rosatellum

Neues Wahlrecht, altes Debakel

Italien hat endlich ein neues Wahlrecht. Das dafür sorgt, dass die politische Instabilität des Landes erhalten bleibt.
bandiera italiana
Foto: Pixabay

Italien hat endlich ein Wahlrecht. Es gibt freilich keinen Anlass, darauf stolz zu sein. Denn das nach dem Fraktionsprecher des Partito Democratico benannte Rosatellum ist weit davon entfernt, die politischen Probleme des Landes zu lösen. Im Gegenteil: Es verlängert sie auf unbefristete Zeit.

Die Art, wie es vom Parlament gebilligt wurde, gibt Anlass zu Verärgerung. Dass ein Gesetz, das die Spielregeln der Demokratie festschreibt, mit eine Serie von Vertrauensvoten durchgedrückt wird, kann nur in Italien passieren. Einem Land, in dem politische Instabilität endemisch ist. Und das genau deshalb ein Wahlrecht benötigen würde, mit dem die Bürger am Wahlabend wissen, wer das Land fünf Jahre lang regiert. Das Rosatellum ist das genaue Gegenteil. Es garantiert weder Mehrheit noch Regierbarkeit und gewährt den italienischen Parteien, was sie lieben: mani libere für endloses Tauziehen und ewige Koalitionsverhandlungen, verschwommene Programme und viel Theater. Die Fünfsterne-Bewegung hat im Parlament das geboten, was sie am besten beherrscht: Zirkus und Klamauk. Und wie bei jeder Wahl wiederholte Beppe Grillo auch diesmal seine nie eingetroffenen Prognosen vom bevorstehenden Wahlsieg: "Che trucchino pure la legge elettorale, tanto vinceremo noi e la vittoria sarà tripla."

Für Regierungschef Claudio Gentiloni beginnt nun ein gefährlicher Blindflug bis zur Auflösung des Parlaments Anfang Jänner. Denn nach dem endgültigen Ausscheren von Bersanis Movimento dei Democratici e Progressisti verfügt der Premier im Senat über keine Mehrheit zur Billigung des Haushalts. Bersanis Bewegung ist zudem gewillt, dem Partito Democratico (und vor allem ihrem verhassten Parteichef Matteo Renzi) auch nach der Auflösung des Parlaments die Rechnung zu präsentieren. Sie will in allen Einmann-Wahlkreisen Norditaliens eigene Kandidaten aufstellen – ohne Chancen, aber mit einem konkreten Ziel: dem jeweilgen Kandidaten des PD den Einzug ins Parlament zu verwehren und seinem aussichtsreichsten Gegner zum Sieg zu verhelfen. Verschärft wird die innere Krise des Partito Democratico durch den am Abend angekündigten Austritt von Senatspräsident Grasso aus der PD-Fraktion, der das zunehmende Bröckeln der Partei bescheinigt.

Was in diesen Tagen im Senat an hysterischen Auftritten, vulgären Gesten, üblen Beschimpfungen und theatralischen Einlagen zu sehen war, bestätig eindrücklich die totale Verwilderung parlamentarischer Umgangsformen.

Silvio Berlusconi reibt sich indessen bereits die Hände bei der Vorstellung, in mehreren Regionen alle Wahlkreise zu erobern: "Sicuramente faremo cappotto nel Veneto e in Sicilia."