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Eine vertane Chance?

Die Gewerkschaften lehnen den Entwurf zum Bereichsabkommen für die Seniorenwohnheime und Sozialdienste ab. Gefordert wird mehr Geld und eine rechtliche Absicherung.
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Foto: Pixabay
Anlässlich des Tages der Pflegenden am 12. Mai haben der Verband der Seniorenwohnheime (VdS) und die Landesregierung voller Stolz und Optimismus das Bereichsabkommen „Teilvertrag Soziales für die Seniorenwohnheime und die Sozialdienste“ als großen Fortschritt in der leistungsgerechten Entlohnung der Pflegekräfte propagiert. Die Einführung zweier neuer Berufsbilder, Sozialbetreuer in Ausbildung und Pflegehelfer in Ausbildung, soll zudem die Ausbildung in den Pflegeberufen attraktiver gestalten und für die dringend benötigten Pflegekräfte sorgen. Die Landesregierung hat für die Kollektivvertragsverhandlungen 50 Millionen Euro genehmigt.
 
 
Nach längerem Tauziehen haben die Fachgewerkschaften ASGB, AGB/CGIL, SGBCISL, SGK-UIL und AGO heute (27. Mai) erklärt, dass sie den Vertragsentwurf nicht unterzeichnen werden. Von der Politik fordern sie weitere Geldmittel und eine rechtliche Absicherung bezüglich einiger Punkte des Vertrages. Bei letzterem geht es primär um die beiden neuen Berufsbilder, wie Johanna Grossberger und Kevin Gruber vom ASGB betonen. Diesbezüglich fehle die rechtliche Basis. Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes werden nämlich per Gesetz mit einem befristeten Arbeitsvertrag eingestellt, aber bei den neuen Berufsbildern sei beispielsweise nicht festgelegt, wieviele Ausbildungsstunden absolviert werden müssen, auch der Hinweis auf den vorgeschriebenen Tutor fehle, so Gruber und betont: „Wir können nicht die Verantwortung übernehmen und einen Vertrag unterschreiben, wo im Nachhinein möglicherweise durch entstandene Schäden rechtliche Probleme auf die Betroffenen zukommen.“ Zuerst müsse geklärt werden, wer die Haftung übernimmt.
„Wir sind natürlich immer bereit zu verhandeln, allerdings nicht zu den angebotenen finanziellen Konditionen“, so Grossberger, die weiters betont, dass man von den Mitarbeitern für eine geringe Gehaltsaufbesserung nicht noch mehr Leistung fordern dürfe. Was die Aufstockung der Geldmittel betrifft, erwartet man sich als ASGB, dass von den rund 450 Millionen Euro, die im Nachtragshaushalt vorgesehen sind, entsprechende Mittel für den Sozialbereich vorgesehen werden.

 

Worum geht es?

 
Nicht geklärt scheint für beide Parteien, Gewerkschaften auf der einen und Arbeitgeber, Verband der Seniorenwohnheime und Bezirksgemeinschaften auf der anderen, was das Ziel dieses Vertrages ist. Während Martina Ladurner, Präsidentin des VdS, betont, dass es primär um die Anhebung der Zulagen in den Seniorenwohnheimen geht, beharrt der ASGB auf die Miteinbeziehung aller Sozialberufe. „Wenn die Gewerkschaften eine Aufwertung des Grundgehaltes fordern, dann sind die Verhandlungen über den Bereichsvertrag nicht der richtige Ort dafür“, so Ladurner. Generelle Lohnerhöhungen fallen nämlich in das bereichsübergreifende Abkommen. Ganz gezielt und von vornherein sei klargestellt worden, dass die 50 Millionen verteilt über die nächsten drei Jahre für die Pflege- und Betreuungsmitarbeiter in den Seniorenwohnheimen in der stationären Pflege im Sozialbereich vorgesehen sind. Damit soll die finanzielle Benachteiligung im Vergleich zu ähnlichen Berufsfeldern im Sanitätsbetrieb ausgeglichen und bestehende Leistungen besser honoriert werden. „Es ist nie die Rede davon gewesen, andere Bereiche miteinzubeziehen. Wir brauchen nämlich diese Differenzierung, sonst können wir morgen die Pflege in den Seniorenwohnheimen nicht mehr garantieren“, stellt Ladurner klar. Dagegen erklärt Kevin Gruber vom ASGB, dass es um den Sozialbereich gehe und nicht nur um die Seniorenwohnheime. Ansonsten hätte der Vertrag anders strukturiert werden müssen. „Wenn man heute vom Teilbereich im Sozialen spricht, so sind darin mehrere Berufsbilder enthalten", stellt Gruber klar. Vor den gleichen Schwierigkeiten wie in den Seniorenwohnheimen stehe man nämlich auch in den Tageswerkstätten, Behinderteneinrichtungen und in der Hauspflege, diese Berufe würden jedoch außen vor gelassen. 
 
 
 

Wie geht es weiter?

 

Während die Gewerkschaften auf die Fortführung der Verhandlungen setzen, gibt sich der Verband der Seniorenwohnheime ratlos. „Der Grundsatz bleibt immer der gleiche“, betont Ladurner und bezeichnet die Weigerung der Gewerkschaften, den vorgeschlagenen Vertrag zu unterzeichnen, als vertane Chance. 
„Für das Jahr 2022 bleiben 20 Millionen Euro in den Landeskassen und können nicht ausbezahlt werden", erklärt Soziallandesrätin Waltraud Deeg und betont, dass es ihr eigentlich lieber wäre, dass die finanziellen Mitteln den Menschen zugute kommen würden. Zwar sei man nicht in die Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern eingebunden, die Landesregierung sei jedoch bestrebt auszuloten, was von politischer Seite aus möglich ist. Was die Forderung der Gewerkschaften nach mehr finanziellen Mitteln betrifft, erklärt Landesrätin Deeg, dass in vielen Bereichen Kollektivvertragsverhandlungen geführt würden. Man werde schauen, was möglich ist.