Cronaca | St. Spekulina

Sieg der Nachbarn

Das Verwaltungsgericht hat im Fall Smarthotel Saslong ein Urteil gefällt. Die sechs illegal errichteten Hotelzimmer müssen abgebrochen werden.
Smarthotel Saslong
Foto: salto
 
Ezio Prinoth dürfte wissen, dass er einen Fehler gemacht hat.
Der Präsident des Tourismusvereins St. Christina und Besitzer des Smarthotels Saslong hat deshalb schon seit längerem den Rückzug gewählt.
Im laufenden Ermittlungsverfahren der Bozner Staatsanwaltschaft zu den Bauvergehen um den Hotelbau in St. Christina, hat Prinoth offen ausgesagt. Damit wurde das Verfahren gegen ihn eingestellt.
Einen Rekurs vor dem Bozner Verwaltungsgericht hat der Grödner Hotelier in allerletzter Minute zurückgezogen. Die Nebenkläger, die Nachbarsfamilie Kerschbaumer/Delago, verlangten aber die Urteilsfindung.
An diesem Montag hat das Bozner Verwaltungsgericht das Urteil hinterlegt. Es ist ein Sieg der Nachbarn. Denn der Richtersenat (Berichterstatterin Margit Falk-Ebner) bestätigte, dass fünf Zimmer und ein Büro illegal errichtet wurden und dass die Abbruchverfügung der Gemeinde gegen die Prinoth geklagte hatte, rechtens und zu vollstrecken ist.
Es ist das erste Gerichtsurteil in einer Affäre zwischen Politik und Spekulation.
 

Die Vorgeschichte

 
Salto.bz hat unter dem Titel „St. Spekulina“ den Bauskandal in St. Christina vor drei Jahren enthüllt und mit rund einem Dutzend Artikeln die Ermittlungen und Entwicklungen begleitet.
2004 wurde für die damals an der Stelle des alten ‚Sasslong‘ bestehende Pension um eine kleine Erweiterung von 20 auf 25 Betten angesucht, die von der Gemeinde zwar anstandslos genehmigt, aber von den Bauherren nicht durchgeführt wurde. Im Jänner 2010 genehmigte die Gemeinde unter Bürgermeister Bruno Senoner dann aber eine Variante des Projekts auf völlig neuen Grundlagen: Nun sollte gemäß Wünschen des Bauherrn aufgrund neuer Planung die Bettenzahl von 25 auf 94 Betten katapultiert werden; statt einer Residenz sollte ein Drei-Sterne-Hotel entstehen. 
 
Im Juli 2010 genehmigte der im Mai 2010 neu gewählte Bürgermeister Eugen Hofer diese Variante. Das nun zügig erneuerte „Smarthotel Saslong“ eröffnete am 4. Dezember 2010. Inzwischen hat das Hotel einen neuen Besitzer: Anfang September 2010 löst die Saslong GmbH von Ezio Prinoth die bisherige Eigentümerin Saslong SAS von Alois Rabensteiner ab.
Bald nach Eröffnung genehmigte die Baukommission von St. Christina eine zweite Variante: Nach dieser Genehmigung konnten mit einem Kubaturbonus 2067,25 Quadratmeter gebaut werden. Der Planer musste später aber zugeben, dass man in Wirklichkeit 2.126,88 Quadratmeter verbaut hatte. Zudem kommt ein vom Bozner Landesgericht ernannter Sachverständiger zum Schluss, dass dieser Kubaturbonus nicht rechtens war.
 

Die illegalen Zimmer

 
Eine Eingabe der Nachbarn Kerschbaumer/Delago bei der Staatsanwaltschaft Bozen zog bereits 2014 Ermittlungen nach sich, die inzwischn zum Hauptverfahren gegen dem ehemaligen Bürgermeister Eugen Hofer und den Bauherrn und früheren Besitzer des Hotels, den Bauunternehmer Alois Rabensteiner geführt haben.
Oberstaatsanwalt Giancarlo Bramante wirft dem früheren SVP-Bürgermeister Hofer erschwerten Amtsmissbrauch vor. Rabensteiner, Beihilfe und den Verstoß gegen mehrere Baubestimmungen. Die Beweislast in diesem noch laufenden Verfahren ist erdrückend. Rabensteiner soll beim Bau des Smarthotel Saslong gleich mehrere eklatante Bausünden begangen haben. Bausünden, die von der Gemeinde unter Eugen Hofer, jahrelang geduldet und nicht geahndet wurden. Und nicht nur das.
Rabensteiner hatte sechs statische Hohlräumen, die laut Projekt „nicht betreten werden dürfen“, kurzerhand zu fünf Zimmer und einem Büro umgebaut. Eugen Hofers Sanitätsunternehmen hat die gesamten Bädereinrichtungen für das Smarthotel Saslong geliefert und auch eingebaut. Doch der Unternehmer Hofer hat anscheinend nicht gemerkt, dass im Hotel mehr Bäder eingebaut werden, als im Projekt vorgesehen sind, das Hofer als Bürgermeister mit genehmigt hat.
Die Nachbarn hielten die widerrechtlichen Zimmer und ihre Gäste aber fotografisch fest und legten sie dem Bauamt von St. Christina vor. Damit mussten die Beamten einen Lokalaugenschein machen. Dieser wurde 2013 auch durchgeführt.
Doch der Hotelier hatte die sechs Zimmer plötzlich durch Gipskartonwände abgedeckt. Die Beamtin konnte nur protokollieren, dass die Hohlräume für die Kontrolle nicht zugänglich waren. Es geschah jahrelang nichts.
 
Im Laufe der Ermittlungen sagte Ezio Prinoth dann aber offen aus, dass er von Bürgermeister Eugen Hofer persönlich mehrmals vor Kontrollen gewarnt worden sei. So konnte er die widerrechtlichen Zimmer verdecken.
 

Die Abbruchverfügung

 
2015 schied Eugen Hofer aus der Gemeindepolitik von St. Christina aus. Neuer Bürgermeister wurde Moritz Demetz.
Auch die neue Gemeindeverwaltung tat so, als sei am Bau des Smarthotels Saslong alles in bester Ordnung. Demetz setzt sich energisch für die Ausweisung einer Tourismuszone rund um das Hotel ein. Es sollte ein Trick sein, um die Bausünden im Nachhinein zu sanieren. Noch im Frühjahr 2016 stimmte die SVP-Mehrheit im Gemeindeausschuss zweimal für diese neue Tourismuszone. Das Vorhaben wurde dann im Spätsommer 2016 zuerst von der Kommission für Natur, Landschaft und Raumordnung und dann von Landesregierung versenkt. Der Grund: Die massiven Bauvergehen am Smarthotel Saslong.
 
Offiziell wollte die Gemeindeverwaltung von St. Christina aber davon nichts wissen. „Es gibt keine Verstöße gegen die Baubestimmungen“, erklärte der Bürgermeister Moritz Demetz noch Mitte März 2016 im Gemeinderat. Auch bei der Ausweisung der neuen Tourismuszone Ende Mai 2016 hüteten sich die Verwalter - trotz Nachfrage der Opposition - davor, Aussagen zu Bauvergehen zu machen.
Der Gemeinde war zu diesem Zeitpunkt aber längst das Gegenteil klar. Weil die Beweise der Bozner Staatsanwaltschaft so erdrückend sind, musste Bürgermeister Demetz tätig werden. Am 29. Februar 2016 führte die Gemeinde eine neue Kontrolle im Smarthotel Saslong durch. Dabei findet man plötzlich die 5 illegale Zimmer plus ein nichtgenehmigtes Büro.
Bürgermeister Moritz Demetz eröffnet daraufhin am 3. März 2016 ein Verwaltungsverfahren gegen Ezio Prinoth und erlässt am 28. April 2016 eine Verordnung zum Abbruch und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes.
 

Der Rekurs

 
Gegen diese Abbruchverfügung rekurrierte Ezio Prinoth vor dem Verwaltungsgericht Bozen. Das Gericht setzte auf Antrag der Hoteliers die Verfügung vorerst aus. So kann er die Zimmer noch eine Sommer- und Wintersaison lang vermieten.
Als es am 22. März 2017 in der Bozner Gerstburg zur Erstverhandlung kommt, hat sich das Blatt längst dramatisch gewendet. Die geplante Tourismuszone vom Land abgelehnt und das Hauptverfahren wegen der Bauvergehen gegen Alois Rabensteiner und Eugen Hofer am Bozner Landesgericht eingeleitet, kündigt der Anwalt Ezio Prinoths an den Rekurs zurückzuziehen.
Weil sowohl die Gemeinde, wie auch die Nebenkläger sich dagegen aussprechen kommt es am am 21. Juni zur Schlussverhandlung. Prinoth bestätigt den Rückzug des Rekurses und verlangte die Kompensierung der Verfahrenskosten. Die Nebenkläger fordern die Urteilsfindung. Das Gericht gibt ihnen Recht und verurteilt Prinoth auch zur Rückerstattung alles Verfahrenskosten.
Damit ist die Gemeinde am Zug. Bürgermeister Moritz Demetz wird den Rückbau der sechs Zimmer jetzt kontrollieren müssen.
Vor allem aber dürfte dieses Urteil auch Auswirkungen auf den laufenden Strafprozess am Bozner Landesgericht haben.
Und das nicht zugunsten der Angeklagten.