Damiano Tommasi
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Politica | Stichwahlen

Ex-Fussballer wird Veronas Bürgermeister

Die Beteiligung an den Bürgermeister-Stichwahlen in zahlreichen Provinzhauptstädten hat mit 41 Prozent einen absoluten Tiefpunkt erreicht.

Die Stichwahl zur Kür der Bürgermeister in rund zwei Dutzend wichtigen Provinzhauptstädten geriet am Sonntag zu einem Debakel für das Rechtsbündnis. Hatte die Linksallinz in der ersten Runde in Grosstädten wie Genua und Palermo verloren, so gelang ihr nun eine unerwartete Revanche. Sie siegte in Verona, Parma, Piacenza, Como, Monza, Lucca und weiteren Städten und fügte dem Rechtsbündnis damit eine empfindliche Niederlage zu.

PD-Chef Enrico Letta wertete das Ergebnis als Erfolg des Campo Largojener Allianz der fortschriftlichen Kräfte, die an die Stelle des ehemaligen Ulivo getreten ist. Besonders beeindruckend ist der Erfolg des ehemaligen Fussballstars Damiano Tomasi, der Veronas scheidenden Bürgermeister Federico Sboarina mit 53 Prozent besiegen konnte. Der Erfolg läutet eine Wende für die seit Jahrzehnten vom Rechtsbündnis regierte Grosstadt des Veneto ein. Meistgewählte der Liste Tomasi ist die 28-jährige Bankbeamte Veronica Atitsogbe. Die Migrantentochter, deren Eltern aus Togo stammen, verfügt über einen Doktortitel in politischen Wissenschaften und ist Vorsitzende der Vereinigung afroveronesi. Eine der Ursachen für die Niederlage war der Streit im Rechtsbündnis: Meloni und Salvini verweigerten standhaft ein Bündnis mit dem ehemaligen Lega-Bürgermeister Flavio Tosi. Mitverantwortlich für den Misserfolg waren damit auch die ständigen Reibereien zwischen Lega-Chef Matteo Salvini und Meloni von den Fratelli D´Italia - zwei Parteien, die permanent um die Vorherrschaft im Rechtsbündnis buhlen.

Die Wahl offenbarte freilich auch eine mehr als bedenkliche Schattenseite: fast 60 Prozent der Wähler blieben zuhause - die Wahlbeteiligung von nur 41.6 Prozent stellt ein bedenkliches Symptom für die Zukunft der Demokratie dar.  Sie kommt freilich nicht von ungefähr und ist das Ergebnis des ständigen Parteiengezänks und der wachsenden Distanz zu den Bedürfnissen und Vorstellungen der Bürger.

In Görz siegte Rodolfo  Ziberna vom Rechtsbündnis mit 52,4 % gegen die Linkskandidatin Laura Fasiolo (47,6). In der  seit Jahrzehnten von der Rechtsallianz regierenden kalabresischen Regionalhauptstadt Catanzaro gewann der PD-Kandidat Nicola Fiorito mit 59 Prozent klar gegen Valerio Donato  und konnte damit überraschend das Ergebnis aus der ersten Runde umkehren. In Monza, wo Silvio Berlusconi als Präsident des lokalen Fussballklubs erhebliche Summen in den Wahlkampf investiert hatte, siegte der Linkskandidat Paolo Pilotto knapp mit 51,8 Prozent. Einen Machtwechsel gab es auch in der piemontesischen Reis-Hauptstadt Alessandria, wo Giorgio Abonante-Guerra vom Partito Democratico den scheidenden Bürgermeister Gianfranco Cuttica mit 54,4 Prozent der Stimmen besiegte. In Parma scheint hingegen  das Ende der Ära Pizzarotti gekommen: Michele Guerra, Universitätsprofessor in Stanford und an der Sorbonne, deklassierte seinen Rivalen und scheidenden Bürgermeister Michele Guerra (Forza Italia) mit 66 zu 37 Prozent der Stimmen.

Insgesamt stellt das Ergebnis einen schweren Rückschlag für das Rechtsbündnis dar, wo Lega und Forza Italia jetzt massive Kritik an Melonis Fratelli d'Italia üben.  Kurzfassung der Tageszeitung La Stampa :"Sconfitta pesante da Nord a Sud. Lega e Forza Italia contro Fratelli D´Italia." Eines steht fest: Melonis hochfliegende Pläne einer Regierungsbeteiligung haben einen deutlichen Dämpfer erhalten - mindestens bis zur sizilianischen Regionalwahl im Herbst, wo ihre Partei auf ein Revival hofft. Auffällig war, dass Salvini, Meloni und Berlusconi am Abend nach der Wahl den Kamerateams jener TV-Sender aus dem Weg gingen, in denen sie sich sonst gerne selbst darstellen. Wie auch immer man das Ergebnis interpretiert:  dass fast 60 Prozent der Bürger bei Gemeindewahlen zuhause bleiben, ist ein für die Zukunft der Demokratie mehr als bedenklicher Wert.