Ambiente | Ökostrom

Ökostrom weltweit im Aufwind

Strom aus erneuerbaren Energien boomt. Vor allem in den Ausbau von Windstrom und Photovoltaik wird weltweit investiert wie nie zuvor.
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Foto: MP

Auf dem Strommarkt ist eine wahre Transformation im Gange. Ein Großteil der weltweit neu installierten Kapazitäten zur Stromgewinnung sind Ökostromanlagen, während fossile und nukleare Kraftwerke auf dem Rückzug sind. Ökostrom ist kein Luxus mehr für wenige, sondern preisgünstige und umweltfreundliche Energie für alle. In Indien und in Afrika werden bereits tausende Dörfer komplett mit Ökoenergie versorgt. Dank der kontinuierlichen Kostensenkung wird weltweit inzwischen mehr Geld in Ökostrom-Anlagen investiert als in konventionelle Kraftwerke. Laut einem Bericht von Bloomberg New Energy Finance (BNEF) wurden allein im vergangenen Jahr weltweit rund 288 Milliarden Dollar in Ökostrom investiert, vor allem in Photovoltaik und Windenergie. China hat kürzlich angekündigt bis 2020 Investitionen von 340 Milliarden US-Dollar in die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien zu investieren, um gegen die extreme Luftverschmutzung anzukämpfen.

Bis in die 1990er Jahre wurde Strom aus fossiler Energie (Kohle, Gas, Erdöl), aus Atomenergie und aus Wasserkraft gewonnen. Während Strom aus Wasserkraft eine seit mehr als einem Jahrhundert etablierte Technologie zur Herstellung von Ökostrom ist, wird Elektrizität aus anderen erneuerbaren Energien, wie Solarstrom, Windenergie, Strom aus Biomasse und aus Geothermie (Erdwärme) erst seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts in größerem Umfang gewonnen und erlebte vor allem in den letzten 10 Jahren einen massiven Aufschwung.

Fossile Energien und Atomstrom machen zusammen immer noch circa drei Viertel der weltweiten Elektrizitätsgewinnung aus, aber der Anteil von Ökostrom am Strommix nimmt kontinuierlich zu. Kohle, die „schmutzigste“ fossile Energie ist mit 40% ist immer noch die Nummer eins bei der weltweiten Stromproduktion, während Gas einen Anteil von etwas über 20% hat. In den vergangenen Jahren hat Ökostrom jedoch kräftig aufgeholt, wobei Strom aus Windenergie und Photovoltaik die größten Zuwächse verzeichnen konnten.

Laut neuestem Bericht der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien (IRENA) betrug der globale Anteil von Strom aus erneuerbarer Energie Ende 2016 fast ein Viertel. 2016 wuchs die Kapazität von Strom aus erneuerbaren Energien um fast 9% und erreichte mit einer Gesamtkapazität von nahezu 2017 Gigawatt (GW) einen neuer Rekordwert.

Bemerkenswert ist, dass vor allem in den Schwellenländern, wie China und Indien die Produktion von Ökostrom besonders stark wächst. Mit über 13 % konnte Asien im Jahr 2016 die höchsten Zuwachsraten bei Ökostrom verbuchen. In China wurden 50 % der weltweit neu errichteten Kapazität installiert. Danach folgen die USA, Japan und Indien.

 

Gründe für den Ökostrom-Boom

Gezielte staatliche Förderungen, mehr Wettbewerb sowie signifikante Verbesserungen im Technologiebereich haben das Wachstum von Ökostrom vorangetrieben.

Die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens mit dem Ziel die CO2 Emissionen zu senken sowie mehr Umweltbewusstsein in der Bevölkerung haben wesentlich zum weltweiten Erfolg des Ökostroms beigetragen.

Einer der wichtigsten Gründe für die hohen Wachstumsraten ist die kontinuierliche Kostensenkung bei der Ökostromgewinnung. Strom aus erneuerbarer Energie ist inzwischen in vielen Fällen wettbewerbsfähig gegenüber Strom aus konventioneller Energie (Elektrizität aus fossilen Energien, Atomenergie) und kann in diversen Ländern und Stromgewinnungsanlagen bereits günstiger produziert werden als konventioneller Strom.

In vielen Ländern sieht sich die Politik gezwungen Maßnahmen gegen die verheerende Luftverschmutzung zu ergreifen und setzt deshalb vermehrt auf Ökostrom. Dies ist vor allem in den Schwellenländern Asiens der Fall: China macht große Anstrengungen um die Stromproduktion aus Kohle zu verringern und mehr Strom aus erneuerbarer Energie zu gewinnen.

Ein weiterer Grund für das starke Wachstum von Ökostrom ist der Wunsch vieler Länder nach einer stärkeren Diversifizierung bei der Energieversorgung. Dadurch kann die Abhängigkeit von Importen fossiler Energien verringert und mehr Energiesicherheit gewährleistet werden.

Wie ist die Situation in der EU?

Die diversen Maßnahmen zur Förderung von Elektrizität aus erneuerbarer Energie in der EU haben zu einem starken Anstieg von Ökostrom im Strommix geführt.

Im Zeitraum 2005 bis 2015 ist Ökostrom in der EU von circa 500 TWh (Terawatt Stunden) auf fast 1000 TWh gestiegen. Der Anteil von Ökostrom am Gesamtstromverbrauch hat sich im selben Zeitraum fast verdoppelt. Die in den vergangenen Jahren errichteten neuen Kraftwerke sind größtenteils Ökostrom-Anlagen. Vor allem die Windkraft boomt. Die Kapazität von Windstrom-Anlagen ist seit 2016 erstmals größer als die von Kohlekraftwerken. Auch Ökostrom aus Solarenergie und aus anderen erneuerbaren Energien erzielen starke Zuwächse, während die Kapazität fossiler Stromgewinnung abnimmt. Den stärksten Kapazitätsabbau verzeichnen Kohlekraftwerke.

Im Jahre 2015 wurde in der EU immer noch fast die Hälfte (48,1% ) des Stroms aus fossilen Brennstoffen generiert, Atomenergie machte 26,4% aus, Ökostrom betrug über ein Viertel. Beim Ökostrom führt die Wasserkraft mit 46,6%, gefolgt von Windenergie mit 38,2 % und Photovoltaik mit 13,7%. Ökostrom aus Geothermie und Energie aus anderen Energiequellen (Biomasse, Meereswellen) machen je 0,8% aus.

In fast allen EU Ländern hat der Anteil von Ökostrom am Strommix in den vergangenen 10 Jahren stark zugenommen, wenngleich in unterschiedlicher Intensität. Im EU Durchschnitt ist der Anteil von Ökostrom im Zeitraum 2005 bis 2015 von circa 16% auf fast 30% gestiegen. Italien konnte seinen Anteil im gleichen Zeitraum von 16,3 % auf 33,5 % steigern und liegt somit über dem EU Durchschnitt. Im Nicht-EU Land Norwegen wird Strom bereits zu 100 % aus erneuerbarer Energie gewonnen. Auch Island bezieht seinen Strom zu über 90% aus erneuerbarer Energie. Beide Länder sind wegen ihrer topographischen Lage bezüglich der Produktion von Ökostrom besonders begünstigt (Norwegen-Wasserkraft, Island-Geothermie).

Laut Prognosen der EU wird der Anteil von Ökostrom weiter signifikant ansteigen, dies auch um die Vorgaben des Pariser Kima-Abkommens erfüllen zu können.

 Ökostrom in Italien

Der Anteil an Ökostrom betrug in Italien im Jahre 2016 circa ein Drittel, während der EU-Durchschnitt bei 26% lag. Allerdings ist Stromgewinnung aus fossiler Energie mit 68% in Italien bedeutend höher als im EU-Durchschnitt. Ein Grund dafür ist, dass Italien nach dem Referendum 1986 keine Atomkraftwerke mehr betreibt, während in der EU noch über ein Viertel des Stroms aus Atomenergie gewonnen wird. Manche EU Länder, wie zum Beispiel Frankreich, Belgien, Ungarn weisen einen sehr hohen Anteil von Atomstrom auf. Zu bemerken ist, dass Italien fast zwei Drittel der fossilen Stromgewinnung aus Gas generiert. Gas setzt wesentlich weniger CO2 Emissionen frei als Kohle und Erdöl. Beim Ökostrom führt Wasserkraft mit 16%, gefolgt von Windenergie, Biomasse, Photovoltaik und Geothermie.

Südtirol ist bezüglich Ökostrom ein Vorzeigeland. Wegen seiner topographischen Lage hat es schon seit langem auf erneuerbaren Strom aus Wasserkraft gesetzt. Über 90% des in Südtirol produzierten Stroms kommt aus Wasserkraftwerken. Zudem wird Strom  aus Photovoltaikanlagen und im geringeren Ausmaß auch aus anderen erneuerbaren Energiequellen produziert. 

Zukunftsperspektiven

Laut Prognose der Internationalen Energieagentur aus dem Jahre 2016 wird Ökostrom bis 2021 weiter stark wachsen.  Asien wird die größten Zuwächse erzielen. Vor allem die beiden bevölkerungsreichsten Länder China und Indien werden weiter massiv in Strom aus erneuerbarer Energie investieren.

Weltweit gibt es ein nahezu unerschöpfliches Potential zur Produktion von Ökostrom. Jedes Land, jede Region muss die vorhandenen und am besten geeigneten Energiequellen, wie Sonne, Wind etc. nützen. Voraussetzung dafür ist, dass die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen schafft, um die Technologieentwicklung voranzutreiben und die notwendigen Reformen im Stromsektor durchzuführen, um Ökostrom noch günstiger anbieten zu können. Eine große Herausforderung ist der Ausbau des Stromnetzes entsprechend den veränderten Anforderungen. Auch auf dem Gebiet der Speichermöglichkeiten für Ökostrom gibt es noch viel zu tun.

Obwohl der Elektrizitätssektor bezüglich erneuerbarer Energie im Vergleich zum Wärmesektor oder zum Verkehrssektor die größten Fortschritte aufzuweisen hat, müssen noch viele Hürden genommen werden. Eine weiteres Wachstum von Ökostromanlagen st eine wesentliche Voraussetzung für eine nachhaltige Elektromobilität. Um die Klimaziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, ist es für die Politik enotwendig alle erforderlichen Maßnahmen zu setzen, um Strom aus erneuerbaren Energien weiter auszubauen.

Anmerkungen:

Strom aus Biomasse wird aus Holz, agrarischen Produkten, Abfall und Restmüll hergestellt​

Bruttostromerzeugung oder Bruttostromverbrauch inkludieren den Eigenbedarf der Kraftwerke. Manchmal werden auch die Übertragungs- bzw. Netzverluste miteinberechnet. Daraus resultieren unterschiedliche Werte im Vergleich zu Nettostromerzeugung oder Nettostromverbrauch