Politica | Direkte Demokratie

Neue politische Ära

Diese Woche tritt das neue Gesetz zur Direkten Demokratie in Südtirol in Kraft. Was hat sich geändert. Ein Überblick.
Direkte Demokratie
Foto: Salto.bz
Man kann es als Ironie der Geschichte sehen.
Genau an jenem Tag, an dem die SVP beschließt mit der Lega in die Landesregierung zu ziehen, jubelt die Initiative für mehr Demokratie: „Mit dieser Woche beginnt für Südtirol eine neue politische Ära.
Gemeint ist dabei aber nicht die (partei)politische Entwicklung, sondern die Tatsache, dass in dieser Woche das neue vom Landtag verabschiedete Gesetz zur Direkten Demokratie in Kraft tritt.
 „Bisher wurde hier bei uns, trotz Demokratie und wie in den meisten demokratischen Ländern, über das Volk geherrscht. Ab jetzt muss mit dem Volk regiert werden, so wie es sich für eine echte Demokratie gehört“, wagt sich die Initiativgruppe in einer Aussendung weit vor.
 

Die Bestimmungen

 
Zentrale Punkte des Gesetzes bleiben die Volksinitiative, das Referendum und das Volksbegehren.
Ab sofort können von Bürgerinnen und Bürgern (Promotoren) verfasste Gesetzentwürfe allen Wahlberechtigten in einer Abstimmung zur verbindlichen oder beratenden Entscheidung vorgelegt werden. 
Zudem können alle vom Landtag nicht mit Zweidrittelmehrheit verabschiedeten Gesetze vor ihrem Inkrafttreten dem Referendum unterworfen werden, wenn das innerhalb von 20 Tagen nach Verabschiedung von 300 Promotoren verlangt wird.
In beiden Fällen sind innerhalb von 6 Monaten 13.000 beglaubigte Unterschriften von wahlberechtigten BürgerInnen zur Unterstützung des Anliegens vorzulegen. Zur Spesendeckung werden den Promotoren 1 Euro pro zu sammelnder Unterschrift ausgezahlt. 
Eine Kommission überprüft, ob die Vorlagen in den Zuständigkeitsbereich des Landes fallen, ob sie mit den Bestimmungen der Verfassung und des Autonomiestatutes überein-stimmen. 
Alle Stimmberechtigten erhalten im Hinblick auf eine Volksabstimmung ein Abstimmungsheft, in dem objektiv und sachlich der Gegenstand der Abstimmung beschrieben ist und die Argumente der Befürworter und der Gegner im gleichen Ausmaß angeführt sind. 
Die Abstimmung ist gültig, wenn mindestens 25 Prozent der Stimmberechtigten daran teilgenommen haben.
 
Dem Landtag können aber auch mit 8.000 Unterstützungsunterschriften Gesetzentwürfe als Volksbegehren zur verpflichtenden Behandlung vorgelegt werden. Über diese entscheidet der Landtag innerhalb eines Jahres. 
Zudem wird mit dem neuen Landesgesetz ein Bürgerrat eingesetzt. Er besteht aus 12 Personen, die nach einem geschichteten Zufallsverfahren ausgewählt werden (Sprachgruppe, Geschlecht, Alter). Er behandelt in eineinhalb Tagen eine Sachfrage, die in die Zuständigkeit des Landestages oder der Landesverwaltung fällt und verfasst eine Erklärung, die Ideen, Empfehlungen und Anregungen beinhaltet. Die Einberufung eines Bürgerrates kann von 300 BürgerInnen gefordert werden. 
 

Mögliche Verbesserungen

 
"Mit dem jetzt erstmals vorgesehenen (bestätigenden) Referendum können die StimmbürgerInnen die Gesetzgebung des Landtages direkt kontrollieren“, kommentiert die Initiative für mehr Demokratie die neuen Bestimmungen. Man begrüßt vor allem die Senkung des Beteiligungsquorums von 40 auf 25 Prozent.
Es gibt aber auch Schattenseiten. „Vieles fehlt noch in diesem Gesetz“, heißt es bei den Aktivisten. Vor allem die Möglichkeit, auch Beschlüsse der Landesregierung der Volksabstimmung unterwerfen zu können (war ursprünglich im Gesetzentwurf vorgesehen) und die Möglichkeit für den Landtag, einen Gegenentwurf mit zur Abstimmung zu bringen. Ebenso will man die Unterschriftenhürde und das Verfahren der Unterschriftensammlung noch verbessern.
Ob die neue Direkte Demokratie und die Lega in der Landesregierung zusammenpassen, steht auf einem anderen Blatt Papier.