salto.music | Konkord Records

Das Institut für lässige Popmusik

Am Freitag, 30. Juli 2021, wird „Dissapear” von The Shea über das Wiener Label Konkord Records erscheinen. Das Interview mit dem Labelchef Wolfgang Reitter.
Othmar Schönafinger ist The Shea (feat. 1)
Foto: The Shea
So sehen Label-Bosse aus: Das Konkord Team auf dem Wiener Popfest.
So sehen Label-Bosse aus: Das Konkord Records-Team auf dem „Wiener Popfest”. Foto: Johannes Everhardt van Bommel

 

So haben wir damals ein kleines Ruderboot in die Wasser der Donau gelassen und begonnen gegen den Strom zu rudern.

salto.music: Konkord hat für sich den durchaus einprägsamen Slogan „Das freundliche Label aus Wien” gefunden. Ist der geografische Kontext für euch auch in globalisierten Zeiten immer noch relevant oder über-interpretieren wir hier ein wenig? Wien ist letzthin ja wirklich zu einem kulturellen Hospot geworden...

Wolfgang Reitter: Korrekt ist „Das höfliche Label aus Wien“!!

Dazu sei zunächst gesagt: In Wien gab es natürlich schon immer heiße Kultur – mindestens seit der Antike! Aber in Sachen Pop hat sich seit der Gründung des Labels 2005 tatsächlich eine ganze Menge getan. Wir waren damals vier Freunde die ihre etwas sperrigen, selbstgebastelten Elektronikbeats veröffentlichen wollten. Obwohl wir eigentlich Rock'n'Roller sind! So haben wir damals ein kleines Ruderboot in die Wasser der Donau gelassen und begonnen gegen den Strom zu rudern. Erste Fahrgäste stiegen zu, das Boot nahm Fahrt auf, wurde Hausboot und Heimathafen, wurde zum Kreuzfahrtschiff auf den schönsten Meeren des Planeten Pop, bewohnt von wunderbaren Menschen und beladen mit herrlichen Artefakten aus purem Vinyl …. so erzählt es jedenfalls die Legende.

Natürlich bist du bald eine Anlaufstelle für die regionale Szenerie, wenn du ein Label für etwas ausgefranste Popmusik startest. Und weil wir bei Konkord fast jede Art von Musik mögen, insofern wir sie für gut befinden, gab es sehr schnell viel zu tun. Immerhin sind wir in kurzer Zeit zum Institut für lässige zeitgenössische Populärmusik aus Österreich geworden. Das funktioniert sehr gut, und dabei werden wir auch bleiben.

 

„Mit schönen bunten Sachen kann man großen Kindern Freude machen!”, ist sich Wolfgang Reitter gewiss (Konkord Records beim „Vinyl & Music Festival”)
„Mit schönen bunten Sachen kann man großen Kindern Freude machen!”, ist sich Wolfgang Reitter gewiss: Konkord Records beim „Vinyl & Music Festival”. Foto: Johannes Everhardt van Bommel

 

salto.music: Auf der Bandcamp-Seite von Konkord Records steht: „Konkord, untouched by the music industries crisis and not obliged to make money and profit we stand up to serve both the cosmopolitan listener and the innovative quality artist.” Das lässt uns staunen und freut uns. Wie finanziert sich Konkord Records damit es weiterbestehen kann?

Wolfgang Reitter: Selbstredend machen wir das nicht professionell. Also, im Sinne von brotberuflich. Wir sind eine Hand voll Kumpels, die einen guten Teil ihrer Freizeit damit verbringen, ihren Neigungen nachzugehen: Musik, Geselligkeit, Unternehmungslust, Bier, Rudersport und Zigarren.

Mit profunden Kenntnissen von Popkultur, Röhrenmikrofonen, Klinkenputzerei, Verpackungsmaterial, Indesign und Chaos-Management helfen wir geschätzten Artists und Artistinnen richtig gute Tonträger zu veröffentlichen. Soll heißen: wir haben hier ein Tonstudio, eine eigene Grafikabteilung, ein nahezu weltumspannendes Vertriebs- und Marketing-Netzwerk und jede Menge einschlägiges Know-How. So erweitern wir laufend unseren Katalog mit wunderbaren Veröffentlichungen, die meist in sehr kleiner Auflage erscheinen. Über Geld sollte man da besser nicht reden: man hangelt sich in kleinen Schritten voran. Und wird ab und zu mit einem kleinen Hit belohnt, der dann wiederum ein größeres Projekt ermöglicht.

Über The Shea kann man nur Positives sagen: Kosmopolit, Self-Made-Man und Do-It-Yourself-Boy Wonder.

salto.music: The Shea veröffentlicht mit „Disappear” bereits seinen zweiten Release über Konkord. Das lässt auf eine gute Zusammenarbeit schließen … trotz launigem Pressetext.

Wolfgang Reitter: Das ist vollinhaltlich korrekt – die Zusammenarbeit mit The Shea ist sehr gut, und der Pressetext ist launig. Letzteres hat damit zu tun, dass der Kollege aus der Presseabteilung früher Werbefuzzi war und ein recht saloppes Mundwerk pflegt. Über The Shea kann man nur Positives sagen: Kosmopolit, Self-Made-Man und Do-It-Yourself-Boy Wonder. Ein Mann der das Beste aus Jahrzehnten Musikgeschichte in seinem Kopf zu zeitloser, großer Popmusik destilliert. Wäre er aus London, er wäre jetzt größer als Oasis es 1996 waren. Und trotzdem ein supersympathischer Typ.

 

Lockeres Mundwerk, lockere Feder: Die Konkord-Presseabteilung macht Stand-Dienst beim „Vinyl & Music Festival”.
Lockeres Mundwerk, lockere Feder: Die Konkord-Presseabteilung macht Stand-Dienst beim „Vinyl & Music Festival”. Foto: Johannes Everhardt van Bommel

 

salto.music: The Shea ist nicht der erste Act aus Südtirol im Konkord-Katalog. Wir erinnern uns zum Beispiel an die Band Bob von Jörg Zemmler. Wie würdest du eure „Label-Politik” umschreiben, die eben auch Bands wie Bob und Projekte wie The Shea miteinbezieht?

Wolfgang Reitter: Bei Bob hat es sich ganz praktisch ergeben: die beiden Südtiroler Jörg Zemmler und Peter Pichler leben ja seit Langem in Wien. The Shea kam über Vermittlung von Psychedelic-Superwoman Juleah, mit der wir bereits seit einigen Jahren zusammenarbeiten, zu Konkord. Juleah wiederum kommt aus Vorarlberg, was ja aus Wiener Sicht auch ganz schön weit entfernt ist. Nun ist aber Wien ein sogenannter Melting Pot: ein Großteil der Wiener stammt eigentlich aus weitgehend obskuren Gegenden Österreichs, etwa dem Mostviertel, dem Joglland oder der Buckligen Welt. Somit ist es naheliegend, dass wir auch Künstler aus den entlegeneren Grenzgebieten des Imperiums ins Programm nehmen. Also zum Beispiel aus Südtirol, Bayern und der Schweiz. Um das jetzt politisch, historisch und geografisch völlig inkorrekt auszudrücken.

Tatsächlich pflegen wir eine recht unkomplizierte Politik bezüglich der Zusammenarbeit mit Künstlern: man muss sich mögen und wertschätzen, es muss von Anfang an klare Vereinbarungen geben und beide Seiten sollten sich innerhalb eines sinnvollen Aktionsradius zueinander befinden.

salto.music: Ihr bietet als Label die komplette Produktpalette für einen Release an … Downloads, Streams, CD’s und natürlich Vinyl. „Disappear” erscheint sogar in einer limitierten Version als LP mit 7‘‘! Wird sich das Vinyl eurer Meinung wieder etablieren oder nach dem ersten Hype wieder in eine kleine Nische verschwinden?

Wolfgang Reitter: Vinyl wird nie wieder ein Milliardengeschäft werden, wie es das in den 1970er oder 80er Jahren einmal war. Vielleicht legt es noch ein wenig zu, vielleicht wird es wieder weniger. Doch die Faszination wird bleiben.

Bei allen Nachteilen des doch schon in die Jahre gekommenen Mediums – der Vinylschallplatte wird es wohl immer wieder gelingen, die Herzen neuer Generationen von Musikfans zu erobern. Und die werden wiederum ein riesiges Vergnügen dabei verspüren, in den zahlreichen teils gut versteckten Nischen der Musikgeschichte wundervolle Schätze zu finden!

 

Info: https://shop.konkord.org

https://theshea.eu

Othmar Schönafinger ist The Shea
Othmar Schönafinger ist The Shea und veröffentlicht morgen, Freitag, 30. Juli 2021, mit „Disappear” sein zweites Album über Konkord Records. Foto: The Shea