Politica | Wahlkampf

Das vergessene Papier

Peinlicher Ausrutscher im Wahlkampf. Im Landtag bleibt ein Plan für die Social-Media-Kampagne der SVP liegen. Gefunden wird er ausgerechnet von der Südtiroler Freiheit.
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Foto: sss
Cristian Kollmann hält sich zurück. „Was hat der Wahlkampf der SVP im Landtag verloren?“, fragt der Kommunikationsverantwortliche der Südtiroler Freiheit und fügt dann hinzu, was eigentlich augenscheinlich ist: „Uns drängt sich nun der Verdacht auf, dass die SVP den Repräsentationssaal des Landtages als Sitzungsraum für ihren Wahlkampf missbraucht.“
Es gibt noch Geschenke des Himmels. Ein solches Geschenk haben Kollmann & Co jetzt bekommen. Gefallen ist es allerdings nicht vom Himmel sondern aus dem Edelweiss-Reich.
Am Rande einer Pressekonferenz der Südtiroler Freiheit im Repräsentationssaal des Südtiroler Landtages macht Cristian Kollmann eine zufällige Entdeckung:  Im Drucker des Saales liegt, in zweifacher Ausfertigung, ein Wahlstrategiepapier der Südtiroler Volkspartei.
Das Geschenk kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Denn seit einigen Tagen findet ein öffentlicher Schlagabtausch zwischen der Jungen Generation in der SVP und der Südtiroler Freiheit statt. JG-Chef Stefan Premstaller hatte in einer Aussendung der Südtiroler Freiheit vorgehalten, für die Bewerbung ihres Wahlkampfes Fraktionsressourcen verwendet zu haben. Grund war eine Presseaussendung, die von der Landtagsfraktion der STF an die Medien versendet wurde. „Das wäre dasselbe, wie wenn die SVP ihre Pressearbeit zum Parteiausschuss über die Landtagsfraktion abgewickelt hätte. Die Parteitätigkeit muss von jener der Fraktion strikt getrennt sein. Kommt es zu einer Vermischung, so könnte das ein Fall für den Rechnungshof werden“, maulte Premstaller.
Die Worte des JG-Chefs bekommen jetzt aber einen schalen Nachgeschmack. Denn das gefundene SVP-Wahlkampfpapier offenbart weit mehr als es den meisten in der SVP lieb sein kann.
 
Die Agentur „Zukunvt Office Bozen“ ist eine junge Agentur für Strategie und Kommunikation mit Standbeinen in Bruneck, Bozen und Wien. Im Unternehmen arbeiten auch zwei aus dem engsten Wahlkampfteam von Arno Kompatscher aus dem Jahr 2013: Victor Matic und Arno Parmeggiani.
Ist Arno Parmeggiani, der bereits im letzten Wahlkampf als ‚Arno-Flüsterer‘ bekannt war, nicht gleichzeitig auch Fraktionsmitarbeiter der SVP?“, fragt Sven Knoll deshalb süffisant.
Arno Parmeggiani arbeitet wirklich für SVP-Fraktion im Landtag. Zudem ist er auch bei der Agentur „Zukunvt Office Bozen“. „Das Unternehmen hat vier Gesellschafter, acht fixe und eine ganze Reihe freier Mitarbeiter“, sagt Parmeggiani zu salto.bz. Deshalb sei es absurd, dass man jetzt auf ihn ziele.
Das gefunden Schriftstück ist ein grober Plan der Wahlkampagne, die „Zukunvt Office Bozen“ für die SVP in den sozialen Medien für die Landtagswahlen durchführen wird. Dazu gehören neben der Betreuung der Homepage, der Newsletter und der Social-Media-Profile von Spitzenkandidat Arno Kompatscher auch die Facebook-, Twitter- und Instagram-Kampagne der SVP. Außerdem bietet die Agentur Workshops für die SVP-Parlamentarier in Rom und die Landtagskandidaten in Sachen Soziale Medien an. Für Parteiobmann Philipp Achammer sollen Grafiken und Corporate Identity für die sozialen Kanäle erarbeitet werden. Der ladinische Landesrat in spe Daniel Alfreider scheint die Agentur „Zukunvt Office Bozen“ sogar mit dem gesamten Wahlkampf beauftragt zu haben.
 
Der klare Verdacht der Südtiroler Freiheit: Fraktionsmitarbeiter Arno Parmeggani habe das Papier im Landtag verfasst, ausgedruckt und mit seinen Auftraggebern in der SVP auch dort besprochen. Cristian Kollmann fragt sich deshalb: „Was wohl der Rechnungshof dazu sagen wird, wenn die SVP für ihren Wahlkampf die Infrastruktur des Landtages missbraucht?“
Arno Parmeggiani sieht das anders: „Ich habe an keiner Wahlkampfsitzung im Repräsentationssaal des Landestages teilgenommen“. Wie das Papier in den Drucker des Landtages gekommen sei, das wisse auch er nicht.
Vergesslichkeit ist in der Politik eben eine gefährliche Tugend. Vor allem wenn man sich von der politischen Konkurrenz dabei erwischen lässt.