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Das Stromverteilernetz auf Vordermann bringen und dabei “manchmal blockierendes Kirchturmdenken” überwinden – dafür gibt es jetzt einen neuen Masterplan.
Amort, Theiner, Ruffini
Foto: LPA/Daniel Rabanser

Über sechs Jahre sind vergangen seit das Land Südtirol die Verteilungsinfrastruktur für elektrische Energie übernommen hat. Am 1. Jänner 2011 gingen 5.100 Kilometer an Mittel- und Niederspannungsleitungen sowie 19 Übergabestationen von der staatlichen Gesellschaft ENEL an die Provinz über. Die Übernahme wurde als “großer autonomiepolitischer Erfolg” gefeiert. Doch schon bald wurde klar, dass das Stromnetz, das man übernommen hatte, “den Anforderungen der heutigen Zeit nicht mehr gerecht wird”, wie Umweltlandesrat Richard Theiner erklärt. So seien die Leitungsnetzte einerseits veraltet, und zum anderen für die Einspeisung erneuerbarer Energien nicht geeignet. Dabei gibt es südtirolweit immerhin rund 6.000 kleinere und mittlere Stromproduzenten, die ihre Energie – gewonnen aus Wasserkraft, Photovoltaik- und Biomasseanlagen – in das Netz einspeisen wollen.

Um das gesamte Stromverteilungsnetz in Südtirol auf Vordermann zu bringen – das Mittel- und Niederspannungsleitungsnetz umfasst 8.200 Kilometer – und an die neuen Notwendigkeiten anzupassen, hat das Land gemeinsam mit dem Stromverteiler EDYNA nun einen Masterplan ausgearbeitet. EDYNA ist 2016 aus der Zusammenlegung der Etschwerke Netz AG und SELNET AG im Rahmen der Fusion zwischen SEL AG und Etschwerken hervorgegangen und seither der größte der insgesamt 49 Stromverteilergesellschaften in Südtirol: rund 80 Prozent des Gesamtstromnetzes wird von EDYNA verwaltet. Der Masterplan, den Landesrat Theiner, der Direktor der Landesagentur für Umwelt, Flavio Ruffini und EDYNA-Generaldirektor Luis Amort am Donnerstag Vormittag präsentierten, legt sowohl strategische als auch konkrete Maßnahmen zur Modernisierung des Stromnetzes fest. “An oberster Stelle steht dabei die sichere, gesundheits- und umweltverträgliche Versorgung aller Stromabnehmer in Südtirol”, so Theiner. In diesem Sinne wurden im Masterplan auch Zonen identifiziert, “in denen wir Hochspannungsleitungen, die das Landschaftsbild beeinträchtigen, entfernen können”, berichtete Ruffini und nannte als Beispiele das Überetsch und das Eisacktal. Durch die geplante Modernisierung der Stromtransformatoren könne darüber hinaus die Umweltbelastung reduziert werden.

“Es wäre wünschenswert, wenn wir die Modernisierungsarbeiten innerhalb weniger Jahre durchführen könnten”, meinte Landesrat Theiner. Bei der Behebung der strukturellen Defizite im Hoch- und Mittelspannungsbereich seien allerdings auch Faktoren wie Kosten, zum Teil schwierige landschaftliche Gegebenheiten und hohe gesundheitliche Ansprüche, die die Bevölkerung “zu Recht” habe, berücksichtigt werden. Zwischen 35 und 40 Millionen Euro im Jahr will EDYNA investieren, um die Missstände im Stromverteilernetz zu beseitigen. Bis 2023 sollen Investitionen in der Höhe von insgesamt 199 Millionen Euro getätigt werden. Einen Appell gibt Richard Theiner den Akteuren, die für Modernisierung eine Rolle spielen, mit: “Für eine erfolgreiche und rasche Umsetzung der Maßnahmen ist die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Land und die Überwindung eines manchmal blockierenden Kirchturmdenkes unerlässlich.”