Politica | Stadtmarketing

Brunecker Fake News

Die Führung des Stadtmarketing tut alles um Geschlossenheit zu demonstrieren. Dafür verdreht man sogar die Tatsachen.
Christian Tschurtschenthaler
Foto: Screenshot/Youtube
Am Tag nach der Vollversammlung der Genossenschaft „Stadtmarketing Bruneck“ scheint der Schuldige für den Skandal endlich gefunden. 
Zu aller erst möchte ich mit aller Klarheit sagen, dass der Journalist, der das an die Welt befördert hat, sehr unprofessionell war und Spekulationen in den Raum gestellt hat, die ich aufs Größte zurückweise“, durfte der Präsident des Stadtmarketings Christian Tschurtschenthaler in die Kamera von RAI Südtirol stottern. Selbstredend sendete man das dann auch in der „Tagesschau“ am Sonntagabend. Mit dem Moderationstext: „Im Vorfeld der Vollversammlung hatten drei Mitglieder des Verwaltungsrates ihren Rücktritt angekündigt, davon ist nun vorerst keine Rede mehr“, wusste RAI-Journalist Zeno Braitenberg zu berichten.
Spätestens damit dürfte die Operation Fake News von Christian Tschurtschenthaler & Co aufgegangen sein. Denn schon am Tag vor der Vollversammlung hatten die Zeitungen den „Rücktritt vom Rücktritt“ getitelt.
 
Im Anschluss an die Vollversammlung verschickte das Stadtmarketing ein Foto an die Medien. Der Verwaltungsrat und der neue Aufsichtsrat der Genossenschaft. Plakativer kann man Geschlossenheit nicht demonstrieren.
Christian Tschurtschenthalers Regie schient damit aufgegangen zu sein. Die Botschaft: Alles nur von missliebigen Journalisten aufgebauscht, man sei wieder geschlossen und alles ist geklärt.
Schade, dass das nicht der Realität entspricht.
 

Der Trick

 
Am 11. April reichten die drei Verwaltungsräte des Stadtmarketing Bruneck Barbara Pizzinini, Luca Manzolli und Thomas Baumgartner schriftlich ihren sofortigen Rücktritt als Verwaltungsräte der Genossenschaft ein. Christian Tschurtschenthaler und der Brunecker Bürgermeister Roland Griessmair versuchten das Trio dabei in mehreren Aussprachen zu überreden, doch noch im Amt zu bleiben. Doch vergeblich.
Der Grund für das besondere Engagement ist einfach: Treten drei von fünf Verwaltungsräten zurück, müssen auf der Vollversammlung Neuwahlen stattfinden. Genau das aber wollte Christian Tschurtschenthaler in dieser aufheizten Situation vermeiden. Der ehemalige Brunecker Bürgermeister hat Angst sein Amt zu verlieren. Deshalb muss man die Neuwahlen irgendwie hinausschieben.
Einen Tag vor der Vollversammlung machte das Duo Tschurtschenthaler/Griessmair den letzten Versuch, die drei abtrünnigen Verwaltungsräte doch noch zum Bleiben zu überreden. Man schaffte es nicht.
„Zu aller erst möchte ich mit aller Klarheit sagen, dass der Journalist, der das an die Welt befördert hat, sehr unprofessionell war und Spekulationen in den Raum gestellt hat, die ich aufs Größte zurückweise.“
Christian Tschurtschenthaler
Doch man packte in der Aussprache am vergangenen Donnerstag plötzlich das Zivilgesetzbuch aus. Laut Paragraph 2385 würden die Verwaltungsräte der Genossenschaft solange im Amt bleiben, bis der neue Verwaltungsrat gewählt sei. Aus diesem Grund müssten die drei Verwaltungsräte auch auf der Vollversammlung erscheinen. So die Ansage des Duos.
Luca Manzolli und Thomas Baumgartner willigten schließlich ein, auf der Vollversammlung zu erscheinen. Ohne aber ihren Rücktritt zurückzunehmen. Barbara Pizzinini nicht. Die EOS-Geschäftsführerin erschien am Tag danach auf der Vollversammlung aus Protest auch nicht. Offiziell wurde sie im Protokoll als „entschuldigt“ angeführt. Diese Angabe stimmt zwar nicht, schützt die Führung aber vor unangenehmen Nachfragen.
 

Zeit schinden

 
Christian Tschurtschenthaler hatte die Vollversammlung am Freitag so aufgebaut, dass es kaum Nachfragen geben konnte.
Man beschränkte die Tagesordnung auf die Bilanzgenehmigung und einen Ausblick auf eine strategische Neuausrichtung des Stadtmarketings. Nur einleitend nahm Tschurtschenthaler Stellung zu der Berichterstattung rund um die Genossenschaft und seiner Person. „Ich habe von Anfang an zur Aufklärung der Vorfälle beigetragen und jederzeit zum Wohle der Genossenschaft gehandelt“, erteilte sich der Präsident dabei selbst die Absolution.
 
Auf Drängen der betroffenen Personen musst Tschurtschenthaler auf der Versammlung aber auch richtigstellen: „Entgegen einiger Medienberichte, sind die drei Verwaltungsräte nicht von ihrem Rücktritt zurückgetreten.“
Der Präsident kündigte für den 28. Mai eine „außerordentliche Vollversammlung“ an. Dabei sollen die Statuten der Genossenschaft geändert, eine strategische Neuausrichtung genehmigt und ein neuer Verwaltungsrat gewählt werden. Auf dieser Versammlung soll dann auch erstmals deutlich über „den Einbruch“ und die Begleitumstände gesprochen werden. Man hofft, dass sich bis dahin die Wogen geglättet haben.
Die Vollversammlung genehmigte am Freitag einstimmig die Bilanz. Diese rein formale Schritt wurde dann medial garniert mit dem Gruppenfoto als Akt der Geschlossenheit verkauft. Das war wichtig.
Das grundsätzliche Einverständnis der Vollversammlung war heute ein klares Bekenntnis den eingeschlagenen Weg konsequent weiterzugehen“, heißt es in der offiziellen Presseaussendung.
Dass man diese Presseaussendung salto.bz erst gar nicht geschickt hat, macht sehr deutlich, was Tschurtschenthaler & Co unter „Professionalität“ im Journalismus verstehen.
Der Kern des Marketings sind eben gekaufte Nachrichten.
Bild
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Hartmuth Staffler Mar, 05/01/2018 - 21:51

Die Angelegenheit ist zu ernst, um sie mit unangebrachten Scherzen über einen Familiennamen ins Lächerliche zu ziehen. Der Vorwurf dieses Herrn Tschurtschenthaler, dass der Journalist, der reine Tatsachen bekannt gemacht hat, damit "unprofessionell" gehandelt habe, ist äußerst schwerwiegend und würde eine Anzeige gegen diesen Herrn Tschurtschenthaler wegen übler Nachrede rechtfertigen.

Mar, 05/01/2018 - 21:51 Collegamento permanente