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Der Grenzfall

Ab 3. Juni gibt es wieder Bewegungsfreiheit zwischen den Regionen. Österreich beharrt auf die Schließung seiner Grenzen zu Italien. Dagegen gibt es mehrerlei Protest.
Grenzstein Brenner seitlich
Foto: Hannes Prousch

Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden. Am Ende sah selbst Gesundheitsminister Roberto Speranza keinen Anlass gegeben, weiter zu warten. Weil die epidemiologischen Zahlen zufriedenstellend sind, gehen am Mittwoch, 3. Juni die Grenzen zwischen den Regionen wieder auf, man wird sich wieder in ganz Italien frei bewegen können. Auch in und aus der Lombardei, jene Region, die von der Corona-Pandemie am härtesten getroffen wurde und die immer noch die höchsten Fallzahlen aufweist. “Die Daten sind derzeit ermutigend. Wir werden den eingeschlagenen Weg wachsam, vorsichtig Schritt für Schritt weitergehen”, schreibt Speranza am Freitag Abend auf Facebook.

“Es ist wichtig, dass wir alle gemeinsam starten”, meinte am Freitag Vormittag der 5-Sterne-Landtagsabgeordnete Diego Nicolini. Er war als einziger Exponent einer römischen Regierungspartei auf den Brenner gekommen. Dort lancierten Oppositionsparteien in Südtirol, Tirol, Trentino und Rom den gemeinsamen Appell, die Grenzschließungen zwischen Österreich und Italien aufzuheben. Und zwar so schnell als möglich und nicht erst am 15. Juni, wie es die drei Euregio-Landeshauptleute Kompatscher, Platter und Fugatti ihrerseits fordern.

 

Der Appell der Opposition – PD, Grüne, SPÖ und die Volksparteien sind der Protestaktion fern geblieben – richtet sich vor allem an Wien. Die österreichische Bundesregierung aus ÖVP und Grünen hat bislang keine Grenzöffnung in Aussicht gestellt, wegen der hohen Infektionszahlen in Italien bzw. der Lombardei. Das wiederum hat zu Verstimmungen mit dem südlichen Nachbarland geführt – und teils kreative Protestaktionen hervorgerufen. Am Freitag hat die Handelskammer in Triest die Touristiker von Friaul Julisch Venetien aufgefordert, Postkarten an Kanzler Kurz zu verschicken und ihn einzuladen, sich selbst ein Bild davon zu machen, dass ein Urlaub in der Grenzregion zu Österreich sicher sei.

Am Brenner war das Medieninteresse am Freitag groß. Sogar die FAZ berichtet von der gemeinsamen politischen Aktion für eine schnelle Grenzöffnung zwischen Österreich und Italien. “Es gibt keinen einzigen Grund, diese Grenze geschlossen zu halten. Nationalstaatliches Denken hilft niemandem, in dieser Krise braucht es Solidarität und europäische Antworten”, bringt Dominik Oberhofer von den Tiroler NEOS die Botschaft des Protests auf den Punkt. Er selbst habe sich “niemals vorstellen können, dass ich hier am Brenner stehen und dafür demonstrieren muss, dass eine Grenze aufgehen soll – eine Grenze, die Europa teilen soll”.

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Hartmuth Staffler Sab, 05/30/2020 - 16:26

Die lächerliche Aktion am Brenner ist eine reine Heuchelei. Wer für die Öffnung der Grenze am Brenner ist, müsste mit noch viel mehr Einsatz dafür kämpfen, dass zuerst eine Grenze bei Salurn errichtet wird. Auch in Österreich sind die Verantwortlichen anscheinend sehr schlecht informiert. Was soll der andauernde Hinweis auf die Lombardei, wenn jeder Mensch, der lesen kann und im Stande ist, Internet zu nutzen, wissen muss, dass die Situation in Welschtirol (Trentino) wesentlich schlechter ist als in der Lombardei. Ein österreichischer Politiker, der unter diesen Bedingungen die Grenze am Brenner öffnen würde, würde damit im höchsten Maße verantwortungslos handeln.

Sab, 05/30/2020 - 16:26 Collegamento permanente
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G. P. Sab, 05/30/2020 - 19:13

Bei den ganzen Norditalienern, welche heute schon (mit Campingwagen) in Südtirol herumkurven, glaube ich, die Grenzen zwischen den Regionen sind schon heute aufgegangen.

Sab, 05/30/2020 - 19:13 Collegamento permanente
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Peter Gasser Sab, 05/30/2020 - 19:29

In risposta a di G. P.

... das wird was geben: die Chinesen sperren wegen 3 (!) Coronapositiven erneut eine 3-Millionenstadt, und Italien verteilt die Lombarden mit dem Vielfachen an täglich neu Infizierten auf das halbe Staatsgebiet... wir gehören doch so schon mit dem Trentino zu den 10% am schwersten getroffenen Provinzen.
Es ist ein (politisches) Vabanquespiel - wenn es nur gut geht!
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Vorauszusehen ist: wenn es nicht gut geht, wird die Politik den Bürgern die Schuld in die Schuhe schieben...

Sab, 05/30/2020 - 19:29 Collegamento permanente