Società | Seniorenheime

Isolierung in Pflegeheimen gelockert

Erleichterung für Pflegebedürftige: Besuche im Seniorenheim können künftig unter gelockerten Bedingungen stattfinden. Und: Zugang zu Pflegegeld wird beschleunigt.
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Foto: Pexels

Es dürfte ein Aufatmen sein für Menschen, die aufgrund von Erkrankungen, Beeinträchtigungen oder des Alters in Pflegeeinrichtungen leben und für deren Angehörige. Denn gerade jene Menschen traf der Lockdown besonders hart. Immer wieder wurde Kritik laut, die Coronamaßnahmen nähmen einen zu hohen Preis in Kauf: nämlich eine enorme Beschränkung der Lebensqualität von Heimbewohnern und deren Angehörigen. Zwar waren Heime bereits seit dem 10. Juni für Besucher wieder zugänglich, jedoch nur bedingt und unter strengen Auflagen. Am gestrigen Dienstag wurden auf Vorschlag von Landesrätin Waltraud Deeg zwei Beschlüsse erlassen. Zum einen sehen sie weitere Lockerungen im Bereich der stationären Dienste vor, zum anderen erleichtern sie den Zugang zum Pflegegeld. Die positive Entwicklung der vergangenen Tage habe die Lockerungen möglich gemacht, erklärt die Landesrätin. Außerdem werden Beschäftigte und Bewohner von Betreuungseinrichtungen wie Altersheimen Vorrang bei serologischen Covid-19-Tests haben.

Die Erleichterungen betreffen die 76 Seniorenwohnheime sowie die 86 Wohndienste für Menschen mit Behinderungen, mit einer psychischen Erkrankung und Abhängigkeitserkrankungen. "Standard sollte sein, dass man sich wieder etwas näher kommen darf, dass Trennwände in Besucherräumen nicht mehr aufgestellt werden müssen, sodass ein wirklicher, dennoch sicherer Kontakt möglich ist", betont Landesrätin Deeg. Für die Öffnung von Heimen ist allerdings ein Maßnahmenplan nötig, der vom ärztlichen Leiter des Heimes gutgeheißen werden muss. 

 

Erleichterte Heimneuaufnahme

 

Besucher eines Seniorenwohnheimes können nun über eine Selbsterklärung den eigenen Gesundheitszustand sowie jenen der Familienangehörigen erklären und damit den Zutritt zu einem Heim erleichtern. Eine weitere, wichtige Neuerung betrifft die bisher vorgesehene Quarantäne für Neuaufnahmen: Wenn ein neuer Heimbewohner zwei negative PCR-Tests vorweist, kann von einer 14-tägigen Isolation im Heim abgesehen werden. "Damit schaffen wir eine wichtige Voraussetzung, dass auch Kurzzeitpflegebetten wieder belegt werden können. Die vorherige Isolierungspflicht war hier ein großes Hindernis", unterstreicht Waltraud Deeg. Um die Handhabung der Vorgaben zu vereinfachen, wurde in vielen Bereichen ein direkter Bezug zu den in Südtirol geltenden Sicherheits- und Schutzmaßahmen hergestellt.

 Die vorherige Isolierungspflicht war hier ein großes Hindernis.

Der Beschluss richtet sein Augenmerk nicht nur auf Heimbewohnerinnen und Heimbewohner sowie deren Angehörige, sondern auch auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Seniorenwohnheime. So wird es künftig möglich sein, dass bei Bedarf das Personal auf Supervision oder andere Angebote zurückgreifen kann, um die Erlebnisse in einem geschützten Rahmen zu verarbeiten. 

 

WG als Familiengemeinschaft

 

Bewohner von Wohngemeinschaften für Menschen mit Behinderungen, psychischen Erkrankungen und Abhängigkeitserkrankungen werden nun als Familiengemeinschaften eingestuft und müssen daher künftig keine chirurgischen Masken mehr tragen. Sie können, ebenso wie die Bewohner der Wohnheime, auch in diesem Sommer an den Ferienaufenthalten außerhalb ihres Wohnsitzes teilnehmen. Weitere Lockerungen betreffen die Rückkehr in die Familie sowie die Wiederaufnahme der Tätigkeit in den Diensten zur Arbeitsbeschäftigung (Werkstätten), der Arbeitsrehabilitationsdienste oder der Arbeit in anderen Einrichtungen und Betrieben.

 

Beschleunigte Pflegegeldauszahlung

 

Ein zweiter Beschluss der Landesregierung betrifft das Pflegegeld. Damit Pflegebedürftige eine finanzielle Entlastung erhalten, ermitteln Fachleute aus den Bereichen Krankenpflege und Soziales gemeinsam mit der pflegebedürftigen Person deren Pflegebedarf. Aufgrund des coronabedingten Stopps der Hausbesuche haben sich in den vergangenen Wochen aber mehr als 1400 Anträge angesammelt. Um die Einstufungen künftig auch in Zeiten eines eventuellen zweiten Gesundheitsnotstandes beibehalten zu können, wurde mit dem Beschluss die Einstufung per Fragebogen sowie Telefon- oder Videointerview eingeführt. Der persönliche Kontakt solle weiterhin ein wichtiges Element bleiben, hebt Landesrätign Deeg hervor, doch könne die telefonische Einstufung dazu beitragen, die Gesundheit aller Beteiligten noch besser zu schützen und auch in Zeiten eines Gesundheitsnotstandes eine Einstufung durchzuführen.

Standard sollte sein, dass man sich wieder etwas näher kommen darf, dass Trennwände in Besucherräumen nicht mehr aufgestellt werden müssen, sodass ein wirklicher, dennoch sicherer Kontakt möglich ist.

Eine weitere Änderung sieht vor, dass die Fälligkeiten der Einstufungen verlängert werden. Anträge, die ursprünglich für drei Jahre gültig waren, haben künftig eine Gültigkeit von fünf Jahren. Anträge mit einer sechsjährigen Laufzeit werden auf insgesamt acht Jahre verlängert. "Durch die Verlängerung der Auszahlungszeiten können die bestehenden Anträge möglichst innerhalb dieses Jahres abgearbeitet werden", ist Landesrätin Deeg überzeugt.

Für Erstansuchen, die vor dem 15. Juni 2020 eingereicht wurden und für einige genau definierte Ansuchen auf Wiedereinstufung, gilt eine automatische Einstufung. Dies heißt, dass allen Ersteinstufungen die Pflegestufe 1 (Betreuungsbedarf 60 bis 120 Stunden im Monat, insg. 564 Euro monatlich) zugewiesen wird, ohne dass eine Einstufung vor Ort stattfindet. Die Zuweisung gilt für 18 Monate. "Wenn die Bürgerinnen und Bürger mit der Einstufung nicht einverstanden sind, haben sie dann innerhalb von 30 Tagen die Möglichkeit, eine Wiedereinstufung zu beantragen", betont Deeg. Ziel sei es jedoch, durch diese Form den Druck von den Einstufungsteams zu nehmen und pflegebedürftigen Menschen und ihren pflegenden Angehörigen möglichst schnell eine finanzielle Entlastung zukommen zu lassen. Für Seniorinnen und Senioren über 88 Jahren wird von jeglicher Art der Wiedereinstufung abgesehen.