Economia | Pflegebedürftigkeit

Südtiroler Pflegefonds: Welche Zukunft?

Der Pflegefonds ist eine der größten sozialen Errungenschaften Südtirols.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale del partner e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
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Foto: Fabio Petrini Cgil-Agb

Vorausgegangen sind jahrelange Diskussionen, bis letztendlich die Politik den Fonds in der heutigen Form beschlossen hat. Gegen eine Finanzierung durch den Steuertopf war und ist nichts einzuwenden, es war aber von Anfang an klar, dass man zur Aufrechterhaltung dieser gesellschaftlich und sozial wichtigen Einrichtung auch Anpassungen vornehmen kann und nun wahrscheinlich auch muss.

Es ist Aufgabe der Politik, das Finanzierungsproblem anzugehen und mit allen Interessierten, beginnend bei den Sozialpartnern, geeignete Lösungen zu diskutieren. In diesem Sinne haben wir immer unsere Gesprächsbereitschaft signalisiert, da uns die Stabilität des Fonds am Herzen liegt. Es gab dabei bereits in der Vergangenheit mehrere Lösungsvorschläge:

 

a)      So dachte man zum Beispiel an unterschiedliche Leistungen, je nach Einkommens- und Vermögenslage. Dies hätte sicherlich eine bestimmte wirtschaftliche Logik, bedeutet aber, einen Teil der Kosten auf Personen abzuwälzen, die ohnehin einen schweren Schicksalsschlag erleiden mussten. Für uns ist dies keine ethisch vertretbare Lösung, denn bei der Pflege handelt es sich um ein Problem, das von der Gesellschaft solidarisch getragen werden muss.

b)      Angedacht war auch ein direkter Beitrag der Bürger mit Ausnahme der Kinder. Wir waren bereit, darüber zu diskutieren. Der Vorschlag eines Beitrages gleicher Höhe für alle, ist für uns allerdings nicht annehmbar. Unsere Forderung nach einer Staffelung, unter Berücksichtigung des Einkommens bzw. des Vermögens, stieß aber auf taube Ohren. Aufgrund einiger offener Fragen hinsichtlich der Einzahlungsmodalitäten wurde der Vorschlag insgesamt verworfen.

c)     Ein Steuerzuschlag (Tassa di scopo) zur Aufstockung des Fonds und zur Entlastung des öffentlichen Haushaltes wäre wahrscheinlich die beste Variante. Rechtlich wurde die Sache abgeklärt und für möglich eingestuft. Besonders der damalige Assessor Di Puppo warb bei den Sozialpartnern für diesen Vorschlag. Auch dieser Vorschlag versandete, obwohl er sicherlich eine gute Grundlage darstellte. Dass die derzeitige Landesregierung sich nun in diese Richtung bewegen will, ist sicherlich eine positive Voraussetzung für einen konstruktiven Dialog.

 

Die Gewerkschaften haben also bereits damals Lösungsansätze eingebracht und man kann nun sicherlich dort wieder anknüpfen. Nicht ganz nachvollziehbar ist die Idee des Landeshauptmanns, einen zusätzlichen Fonds aufzubauen. Es wäre sicherlich einfacher und auch im Sinne einer kollektiven Verantwortung, eventuelle zusätzliche Steuergelder direkt in den bestehenden Pflegefonds einfließen zu lassen, um dessen finanzielle Solidität zu stärken. Privat finanzierte Zusatzleistungen haben nämlich immer einen faden Beigeschmack.

Ein weiterer Aspekt ist eine genaue Analyse der zukünftigen demographischen Entwicklung. Die Anzahl der über 65Jährigen ist nur bedingt aussagekräftig. Heute ist man laut Studien biologisch mit 73 Jahre alt. Natürlich sind dies statistische Aussagen. Tatsache ist aber, dass man immer länger in relativ guter Gesundheit verbleibt. Auch konzentriert sich die Pflegebedürftigkeit auf die letzten 2-3 Lebensjahre. Sicher ist, dass die Anzahl der Senioren aufgrund der geburtenstarken Jahrgänge in den nächsten Jahren zunehmen wird. Wie sich dies auswirken wird, sollte man allerdings genauer betrachten.

Letztendlich gilt es, die Hebel an zwei Ecken anzusetzen. Bereits heute beanspruchen chronische Leiden fast 2/3 der Sanitätsausgaben. Zwar kann man bestimmte Leiden nicht verhindern - der Alterungsprozess und die damit einhergehenden Leiden sind eine natürliche Entwicklung - man kann aber sehr wohl durch einen gesunden Lebensstil das Auftreten bestimmter Krankheiten hinauszögern.  Dies würde sich auch auf die Pflegebedürftigkeit positiv auswirken und die Lebensqualität im Alter verbessern. Ein weiterer positiver Nebeneffekt wäre eine Entlastung des Landeshaushaltes.

Bleibt zu hoffen, dass die Landesregierung den Sozialpartnern und interessierten Interessensvertretungen den mittel- und langfristige Entwicklungsplan für den Pflegefonds vorlegt, um ein gemeinsames Projekt auszuarbeiten, das diese wichtige soziale und strategische Einrichtung langfristig garantieren kann. Sonst werden die negativen Prognosen zur Finanzierbarkeit für immer wiederkehrende Diskussionen sorgen und die Familien in ohnehin schwierigen Zeiten zusätzlich beunruhigen.

Alfred Ebner