Società | Provokation

Für die Triage

Die ImpfverweigererInnen erzwingen bereits die „Auswahl“. Man soll sie im Krankenhaus einfach nicht mehr prioritär behandeln.
Ospedale Bolzano
Foto: Othmar Seehauser
Triage steht für Auswahl. PatientInnen werden versorgt, aufgrund der sogenannten Priorisierung. Wer wird warum medizinisch betreut, ist das Leitmotiv der Behandlungsreihung. Notwendig wird das, wenn Intensivbetten, Pflegepersonal und ÄrztInnen fehlen. EU weit steigen die Infektionszahlen, füllen sich die Intensivstationen, die teuren Intensivbetten. Personal muss abgezogen werden, um die um ihr Leben ringenden PatientInnen versorgen, betreuen und retten zu können. Immer wieder machen Intensiv-MedizinerInnen mit offenen Briefen auf diese Entwicklung aufmerksam. Auf der anderen Seite leugnen die Covid-Leugner diese Entwicklung, die es ihrer Ansicht nach gar nicht gibt, nur Panikmache ist.
 
 
Letzthin demonstrierten in mehreren europäischen Städten die Corona-Leugner gegen die Maßnahmen der Regierungen, um die Pandemie einzuschränken. Laut den Statistiken der staatlichen Gesundheitsämter ist ein Großteil der Covid-Patienten nicht geimpft. Der ORF interviewte vor einigen Tagen einen dieser Patienten, der während des Gesprächs hörbar nach Luft röchelte. Auf die Frage des ORF-Journalisten, ob er sich nach seiner Genesung impfen lässt, verneinte der ungeimpfte Covid-Patient. Hat ein solcher Patient trotzdem Anspruch auf medizinische Behandlung?
 

Triage findet bereits statt

 
Die steigende Zahl von Covid-Erkrankten führte bereits dazu, dass die Behandlung anderer Krankheiten aufgeschoben wird. Die gesamten medizinischen Kapazitäten dienen wieder zur Eindämmung der Pandemie. Geimpfte Herzkranke und an Krebs Erkrankte werden hintan gereiht, für diese Menschen gilt somit schon eine Art Triage. Erzwungenen von den VerweigerInnen. Die Behandlung wird einstweilen ausgesetzt. Impfverweigerer, die viel Wert auf die eigene Gesundheit legen, die wegen angeblicher oder vermeintlicher Neben- und Langzeitwirkungen der Anti-Covid-Impfung diese verweigern, erzwingen eine Triage. Ihre Opfer sind die bereits erwähnten Herz- und Krebskranken. Ein egoistisches Verhalten zu Lasten von geschwächten Menschen.
Sollte das Prinzip nicht umgekehrt werden? Warum wird nicht anders priorisiert, zugunsten Covid erkrankter Geimpfter, die sich und andere schützen? Zugunsten von auch geimpften – und nicht geimpften - Herz- und Krebspatienten, die wegen der Pandemie aber derzeit nicht zum Zug kommen? Die Schwachen zuerst, die sich impfen ließen und damit Verantwortung übernahmen im Gegensatz zu den kaltschnäuzigen, eogistischen ImpfverweigerInnen?
 
 
 
Die Schwachen zuerst, die sich impfen ließen und damit Verantwortung übernahmen im Gegensatz zu den kaltschnäuzigen, eogistischen ImpfverweigerInnen?
Ihnen verdanken wir die neuen verschärften Maßnahmen und den nächsten Lockdown der folgen wird. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass wieder Schulen, Betriebe geschlossen werden, die Freiheit eingeschränkt wird. Sie feuern mit ihrer Verweigerung und Ich-Bezogenheit die nächste Gesundheits- und Wirtschaftskrise an. Das gilt auch für viele Gastronomen im Land, die kaum nach dem Green Pass fragen, schon gar nicht kontrollieren und von der Landesregierung wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage von der Immobiliensteuer GIS befreit werden. Südtirols Gesellschaft, fahrlässig, eigennützig, unsolidarisch.
 

Ein Drittel Verweigerer

 
In Südtirol verweigert ein gutes Drittel der Bevölkerung die Anti-Covid-Impfung. Aus welchen Gründen auch immer. Sie fühlen sich angeblich bedroht, protestieren gegen die mutmaßliche „Gesundheitsdiktatur“, stellen fest, unter einem Regime zu leben. Deshalb führen sie sich auf wie Widerstands- und Freiheitskämpfer. Sie werfen „der Politik“ vor, mit ihren Maßnahmen gegen Covid die Gesellschaft zu spalten.
Bei Kundgebungen in italienischen Städten stürmten Impfgegner, die berüchtigen no vax, die Sitze der Gewerkschaft CGIL. Das taten in den 1920er Jahren die faschistischen squadristi. In Deutschland erschoss im September ein 49-jähriger Mann einen Bediensteten einer Tankstelle, weil der ihn aufgefordert hatte, die Maske aufzusetzen. Der Historiker Wolfgang Benz spricht deshalb von einer Szene, die nicht vor Gewalt zurückschreckt. Besonders schlimm, mit ihrer Impfverweigerung gefährden diese „Widerstands- und Freiheitskämpfer“ andere Menschen. Sie spalten die Gesellschaft.
Das gilt auch für viele Gastronomen im Land, die kaum nach dem Green Pass fragen, schon gar nicht kontrollieren und von der Landesregierung wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage von der Immobiliensteuer GIS befreit werden.
Und sie sind verantwortlich dafür, dass sich die Internsivstationen wieder füllen. So zeichnete beispielsweise der Präsident der Landesärztekammer im deutschen Bundesland Sachsen, Erik Bodendieck, ein dramatisches Bild in den Krankenhäusern seines Bundeslandes. In Sachsen stünden nur noch wenige Betten für Corona-Patienten zur Verfügung. Wenn sich an der Entwicklung nichts ändere, müsse darüber nachgedacht werden, wer behandelt werde und wer nicht: "Wir müssen triagieren."
 

Egoistische ImpfverweigererInnen

 
Und Arzt Bodendieck ergänzt: "Das heißt, es muss eingeschätzt werden, welcher Patient die bessere Chance hat, die Behandlung gut zu überstehen." Für ungeimpfte Covid-19-Patienten sei das in aller Regel nicht der Fall, sagt Bodendieck. Die Frage ist, wann Südtirols Krankenhäuser Alarm schlagen. Sollten sie eine präventive Triage anwenden, also das Freihalten von Betten?
Bei einer Befragung durch das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag des deutschen Gesundheitsministeriums Ende Oktober haben zwei Drittel der noch Ungeimpften angegeben, sich auf gar keinen Fall in den nächsten zwei Monaten impfen zu lassen. Weitere 23 Prozent sind bei einem „eher nein“. 9 von 10 Impfgegner:innen ist es laut Befragung sogar egal, wenn ihre Mitmenschen auf Intensivstationen landen (ZDF).
Bedauerlicherweise haben die europäischen Regierungen viel zu lange das Gespräch mit diesen Skeptiker:innen gesucht. Das ist der große Fehler der Politik. Zu zögern, erfolgreiche Maßnahmen zu erlassen. Impflicht, beispielsweise, statt sie auszuschließen. In den 20 Südtiroler Gemeinden, in den inzwischen rigidere Regeln gelten, sind die Infektionszahlen hoch, die Impfraten gering. Ein doch deutlicher Zusammenhang. Also Durchimpfen, Impfpflicht wie Schulpflicht, Steuerpflicht, Alkoholverbot am Steuer, usw.
 
 
Und Triage. So fordern die AutorInnen des Blogs Volksverpetzer, „grenzt Impfgegner aus.“ Besonders an Covid erkrankte ImpfgegnerInnen, um es zu verdeutlichen. Bei der Groß-Demo in Wien fielen Plakate auf, wie kontrolliert die Grenzen, nicht das Volk, Heimatschutz statt Mundschutz und ähnliche Parolen vom sehr rechten Rand. „Lieber stehend sterben als kniend leben,“ war auch eine der Botschaften. Ja, nehmen wir diesen Wunsch doch ernst. Warum künftig noch Covid Erkrankte aber ungeimpfte ImpfverweigererInnen im Krankenhaus aufnehmen? Sie nehmen die Erkrankung bewusst in Kauf, Stichwort Eigenverantwortung, müssen im Notfall auf der Intensivstationen behandelt werden und verdrängen dadurch von der Behandlungsliste andere Patienten. Die Krankenhäuser sollen die VerweigererInnen nicht mehr aufnehmen, es gibt für das Pflegepersonal und für die ÄrztInnen schon genug zu tun.
Nehmen wir doch keine Rücksicht mehr auf diejenigen, die auch keine Rücksicht auf uns nehmen.
„Nehmen wir doch keine Rücksicht mehr auf diejenigen, die auch keine Rücksicht auf uns nehmen,“ bloggen die „Volksverpetzer“. Damit könnte diese Krise bewältigt werden. Lassen wir uns nicht weiterhin von einer radikalen Minderheit terrorisieren, die die Gesellschaft gezielt spaltet. Das lähmt unsere liberale Gesellschaft und den liberalen Rechtsstaat. Um Menschenleben zu schützen, sollen deshalb Maßnahmen und Politik um diese radikale Minderheit herum gemacht werden, empfehlen die „Volksverpetzer“. Das Geschrei und Gejammere der VerweigererInnen soll nicht mehr berücksichtigt werden.
 

Hört auf mich der Rücksicht!

 
Diese Leute können nicht alles haben auf Kosten des übergroßen Rests der Gesellschaft.  So zu tun, als sei unsere Gesellschaft nicht gespalten, liefert die große Mehrheit von vernünftigen Menschen ans Messer. Deshalb sind Maßnahmen wie 2G und  auch Impfpflicht notwendig. „Denn selbst wenn sich die radikale Minderheit freiwillig durchseuchen will und sich damit in Teilen selbst umbringen möchte, müssen wir halt sicherstellen, dass sie bei diesem Freitod nicht noch Unschuldige mitnehmen“, warnen die spöttischen „Volksverpetzer“. Angehörige von Risikogruppen beispielsweise, die auch trotz doppelter Impfung noch Risiken haben oder alle anderen Intensivpatient:innen, die bei einer Überlastung und Triage vermeidbar ihr Leben verlieren könnten.
 
 
Das wird der Schar der Verharmloser, Skeptiker und Leugner nicht gefallen, aber was gefällt denen auch schon. Die Pandemie gerät absolut unnötig den zweiten Winter in Folge völlig außer Kontrolle. Verantwortlich dafür sind die Extremist:innen und ihre über die „sozialen Medien“ verstreute Desinformation und einer Politik, die keine klare Kante zeigte. „Wir dürfen uns nicht mehr Maßnahmen von denjenigen auf diktieren lassen, die angeblich gegen Maßnahmen sind. Nur weil die nicht in der Realität leben, müssen wir uns nicht einsperren lassen und teilweise auch noch sterben,“ polemsieren die „Volksverpetzer“. Zurecht, es reicht.
Deshalb, schließt die Intensivstationen für impfverweigernde Covid-Erkrankte.
Deshalb, schließt die Intensivstationen für impfverweigernde Covid-Erkrankte. Bestraft geimpfte Herz- und Krebspatienten nicht mehr mit der Triage, sondern die eigenverantwortlich Fahrlässigen. Denn, „lieber im Stehen sterben als kniend leben“. Im Zweifelsfall Desinfektionsmittel trinken oder ein Anti-Wurm-Mittel für Pferde zu sich nehmen.
 

Fotos: Othmar Seehauser

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Ludwig Thoma Dom, 12/05/2021 - 19:36

Die Triage Covid vs. alle anderen ist eine andere, als geimpft/nicht geimpft. Aber danke trotzdem. Schön, wenn sich jemand für die dritte Impfung angemeldet hat, ist halt für beide Fragen belanglos.
Das scheinen ja wirklich gute Nachrichten zu sein.
Wünsche noch einen schönen 2. Advent

Dom, 12/05/2021 - 19:36 Collegamento permanente
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Herta Abram Lun, 12/06/2021 - 10:04

Bozner Kinderarzt Franz Rottensteiner: https://www.tageszeitung.it/2021/12/06/wuerde-noch-abwarten/..."Es ist leider so, dass sich zu wenige Erwachsene haben impfen lassen. Wenn die Erwachsenen sich hätten impfen lassen, müsste man die Kinder jetzt nicht schützen. Es ist leider so, dass wir eine weitere Verbreitung des Corona-Virus nur erreichen werden, wenn wir die Kategorien der Kinder und der Jugendlichen, die derzeit am meisten von den Neuinfektionen betroffen sind, impfen. Gescheiter wäre natürlich gewesen, wenn sich die Erwachsenen hätten impfen lassen. Denn bei Kindern sind schwere Krankheitsverläufe sehr selten....."
Die Erwachsenen, welche die Impfung verweigern, verweigern damit auch ihre Verantwortungsübernahme, welche sie Kindern und Jugendlichen gegenüber haben.

Lun, 12/06/2021 - 10:04 Collegamento permanente
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Peter Gasser Lun, 12/06/2021 - 11:39

Ihre Kommentare fallen meinem Empfinden nach langsam aber sicher völlig aus der Rolle - außer dem unangebrachten und unseligen Faschismus-Argument ist Ihnen wohl nichts mehr geblieben...
Karl Lauterbach gleichsam als „Wegbereiter des Faschismus“ zu bezeichnen ein neuer Höhepunkt.
Sachliche Diskussion ist Ihnen zunehmend fremd.

Lun, 12/06/2021 - 11:39 Collegamento permanente
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Elisabeth Garber Lun, 12/06/2021 - 15:11

Sie spielen sich immer peinlicher auf Frei, insbesondere, wenn User wie Frau Abram oder P. Gasser rund ums Thema Impfen einen evidenzbasierten Klartext posten. Ihre Reaktionen sind wirr und chaotisch - ohne Hand und Fuß, dafür mit der Nazikeule.

Lun, 12/06/2021 - 15:11 Collegamento permanente
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Thomas Wüst Lun, 12/06/2021 - 15:42

Professor Lauterbach in die rechte Ecke drängen zu wollen, deckt ziemlich deutlich die Denkweise mancher Impfgegner auf.

Gehen die Argumente aus, wird in die Opferrolle geschlüpft, eine völlige Verdrehung der Tatsachen.
Die Geimpften leiden unter der Renitenz der Impfgegner.
Nicht andersrum.
Ein Grossteil der Regelungen wären schlichtweg überflüssig, falls sich mehr Bürger impfen lassen würden.

Lun, 12/06/2021 - 15:42 Collegamento permanente
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Manfred Klotz Lun, 12/06/2021 - 17:12

Es gibt keinen Prof. Stefan Schubert an der Uni Innsbruck. Der heißt Christian Schubert ist Psychologe und von Anfang an Schwurbler. Dass Sie von der Webseite TKP zitieren kommt auch nicht von ungefähr ist doch der Blogger Peter Mayer ebenfalls ein Schwurbler. Mayer betreibt besonders aktiv Impfangstmache und Desinformation – immer mit Verweis auf wissenschaftliche Studien, die meist grob missverständlich interpretiert werden. Beim "Wochenblick", der vom Presserat bereits mehrfach Rügen erhielt, wird Mayer immer wieder als "Experte" zurate gezogen. Und auch von der FPÖ...
Das mit der 4. Dosis ist natürlich ganz anders als Sie (und TKP) es bringen: "The JCVI advised yesterday that those who are immunosuppressed and have received a third dose of the vaccine will also be offered a fourth dose to boost their defence." Es geht also einzig un allein um besonderen Schutz für besonders anfällige Kategorien.

Lun, 12/06/2021 - 17:12 Collegamento permanente