Società | Eiertreter*in

Der Abschaum

Literarisches Denkmal für eine Gruppe, die ihr kümmerliches Dasein am Rand der Gesellschaft fristet - und damit meine ich für einmal nicht die Novaxler.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
Verkehrsschilder
Foto: Pixabay

Um diese Textsorte und vor allem seinen Schreiber richtig einzuordnen, muss ich einiges vorausschicken: Ich bin kein Sexist - außer bei Frauen; ich habe auch nichts gegen Migranten - solange die "Neger" kein Schlauchboot besteigen. Ich finde man muss weiterhin Kraft und Energie in den Dialog mit den Impfblütenglobulisten investieren - nachdem wir sie pflichtgeimpft haben. Und keinesfalls bin ich ACAB-Sager! Sagt Ihnen nichts? Die Zahlenfolge „1312“ vielleicht, von einem Sprayer als Graphity in der Nähe der Bozner Galileo-Galilei-Straße 23 deponiert (neben dem omnipresenten „bored“)? Nein? Im Englischen steht ACAB als Akronym für „All Cops Are Bastards“. Mein Dad, der von diesem guturalen Gekläffe namens Südtiroler Dialekt irgendwie nur die Schimpfwörter gelernt hat, würde es frei mit „Olla Putz sein Fockn“ übersetzen. Ich möchte mich von dieser Aussage aufs Schärfste distanzieren - so ein Vergleich tut den armen Notscher Unrecht. Überhaupt kann das nun Folgende nicht gegen mich verwendet werden - um im Jargon zu bleiben - gebe ich, getreu meiner Chronistenpflicht, doch nur die landläufige Meinung über unsere Hüter des Gesetzes wieder. Ganz sicher aber besteht kein kausaler Zusammenhang zwischen meiner Schreibe und dem Knöllchen, das ich letzte Woche kassiert habe.

214 Euro

Apropos Zusammenhänge. Die Assoziation Putz = Rüsseltier springt einem förmlich ins Auge. Die lokalen Ordnungskräfte in Bums wurden samt und sonder vom Bodensatz der Gesellschaft rekrutiert. Muss bei der Gedankenkette sicher nicht nachhelfen: Bodensatz-Schmutz-Dreck-Suhle-… Die Figur des Dorfsheriff wurde Mitte der Achtziger vom damaligen BM erfunden, um seinem minderbemittelten Cousin ein warmes Plätzchen zu verschaffen: Nachdem der Toni einige Male durch die Aufnahmeprüfung bei Karpf und Zepf gerasselt war. Heute ist der gängige Nepotismus unterm Edelweiß einem viel grausameren Kalkül gewichen. Der Gesetzeshüter - mittlerweile aus dem Nachbarort Rums - fungiert als Blitzableiter für den Volkszorn, wenn er sich mal wieder unbedacht daranmacht, die Camper auf dem Parkplatz unterhalb der Kirche zu strafen, die dort vom 30. Juli bis zum 15. Juli des nächsten Jahres „parkieren“ - wie unsere Schweizer Nachbarn zu sagen pflegen. Der BM, nach Mandatsbeschränkung und fünf Jahre Vize, wieder fest im Sattel, kann weiter seinen Geschäftchen nachgehen, während die erregte Bürgerschaft sich am Rumser abarbeitet.
Ehrlich! Warum zur Hölle brauchen wir eine Polente? Für den Verkehr? Heute hast du schon rein physisch keine Chance zum Rasen, weil alles ständig im Stau steht. Ich sehe draußen im Land keinen Unterschied zwischen heute und den Siebziger/Achtziger, als noch keine weißen Gratten mit der Aufschrift „Gemeindepolizei“ durch die Dörfer kurvten. An jeder Einfallstraße steht heute eine Kamera und das gefühlte Südtiroler Sicherheitsproblem taugt nur als Wahlkampf-Munition für die F. Auch mit den wiederkehrenden Einbruchswellen, wenn im Herbst die Klauber aus dem Tschuschenland zu uns kommen (so zumindest ist das Narrativ), haben wir - anders als mit diesem Virus - zu leben gelernt. Zudem hat der „Fremde Staat“ in jedem Kaff eine Carabinieri-Station installiert, um die Aufmüpfigen im hohen Norden einigermaßen im Auge zu behalten. (Zwischen Verona und Rom können Sie stundenlang durch die Gegend fahren, ohne einmal auf diese „Limite invalicabile Zona Militare“-Schilder zu stoßen).
Man könnte einwenden, auf einen weiteren durchgefütterten Nichtsnutz, kommt es nun wirklich nicht an. Da werden Millionen für die Liftanlagen irgendwelcher Ex-Skirennläufer verschenkt oder 20.000 Landschaftsgärtner mit Subventionen, Kubikmetern und Freizügigkeit bei UaBs gemästet, da soll es am Ortsputz nicht scheitern. Das Problem ist, dass man den Pistoleros offensichtlich nicht verklickert hat, dass sie nicht selbst für die Finanzierung ihres Jobs aufkommen müssen. Moooment. Hat man möglicherweise! Gab es nicht vor Silvester eine Meldung, dass die Weltlandeshauptstadt auch 2021 an die 6,1 Millionen Euro an Verkehrsstrafen kassiert hat? Geld das fix im Haushalt eingeplant ist - würde plötzlich niemand mehr falsch parken, wäre die Stadt pleite. Nun muss man fairerweise sagen, dass die Stadt Bozen einiges tut, damit ihre Parkplatzbewirtschaftung beständig auf hohem Niveau bleibt. Wer stundenweise auf der Suche nach einer Parklücke um die Häuser tigert - mit einem gefälschten Aufkleber für die farbige Zone - dem bleibt nicht verborgen, wie hier zu den drei Behindertenparkplätzen ein weiterer hinzugekommen ist; da die gelb markierten Stellflächen mit dem Pfosten in der Mitte für die Müllkübel; Carsharing, Taxi; reservierte Plätze für das Auge des Gesetzes himself, dem man nicht zumuten kann falsch zu parken, wenn es auf der Suche nach abgelaufenen Parkuhren und -tickets das Dienstauto loswerden muss. Gibt's sonst nur wieder hässliche Fotos in der Zeitung und der Kommandant, muss erklären, dass der Grottn mitten auf der Bushaltestelle stand, weil man im Dienst und nicht auf einen schnellen Espresso war. Der ultimative Renner bei der Parkplatzvernichtung: Ladesäulen für E-Autos.
Selbstredend hat man die Park-and-ride-Projekte der Neunziger, mit Auffangparkplätzen in Kardaun, Moritzing oder am Stadtfriedhof sang- und klanglos begraben. Und so radikal wie seinerzeit der dicke Mann - der neben Vizebürgermeister und Parteiobmann auch mal Landesrat war - eine Laternensteuer für oberirdisch geparkte KFZ anzudenken, ist man heute längst nicht mehr. Die Verknappung - ergo mehr Möglichkeiten zum Falschparken schaffen - geht heutzutage schleichend: Mit der Neugestaltung ganzer Straßenzüge. Neben Fahrradweg und Bauminseln fällt das Mehr an blauen Bezahlparkplätzen nicht ins Auge. Ich schweife ab.

-3 Punkte

Auf jeden Fall hält sich das Gerücht, dass jeder Stadtputz (hierarchisch weit über dem gemeinen Dorfputz - zumindest in der Eigenwahrnehmung) ein monatliches Soll an Strafzetteln auszuteilen hat, hartnäckig. Also ist der Grund, dass die Hüter des Gesetzes ihre Speed-Check-Boxen bestücken, hinter Straßenecken und Gebäuden mit ihrem Autovelox-Glumpp hocken, in der kümmerlichen Ausstattung der Gemeindenfinanzierung zu suchen? Plausibel, aber ich sehe die Gängelung der Mitmenschen eher in hausgroßen Minderwertigkeitskomplexen verortet. Wer nichts gilt und von niemandem ernst genommen wird, stülpt sich nur zu gerne eine Uniform über, die jene Autorität ausstrahlt, die man selbst nicht hat. Dem kommt eine gewisse Affinität der Südtiroler zur Uniformierung zusätzlich entgegen: Musi, Schützen, Sportkegler und die Tuta des Skiklubs mit dem Schriftzug des Dorf-Pub als Sponsor auf dem Rücken. Ganz zu schweigen von den Mandr. Drück einem der Pimpfe - frisch von der Feuerwehr-Jugendgruppe - bei seinem ersten Hydraulikschereneinsatz am Kreisverkehr vor dem Gol-Market eine dieser Polizeikellen in die Hand, mit der Anweisung den Verkehr zu regeln und du erkennst den in ihm schlummernden Dorfputz. Erklär mir einer, warum neben Gummistiefel, Helm und Einsatzkleidung unsere 18.502 Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr eine Paradeuniform brauchen? Damit sie nicht verbal betteln müssen und man sofort erkennt, von wem die 20 Euro Neujahrsgeld erpresst werden, wenn sie dir Glendr und Tätigkeitsbericht in die Hand drücken! Wir Shit-Tiroler waren ja immer etwas rückständig. Bei uns gilt noch immer was Carl Zuckmayer bereits vor neunzig Jahren in seinem Theaterstück „Der Hauptmann von Köpenick“ demaskierte: „Na ja, in Uniform, da geht’s ja, da macht man Figur, das gibt ’n kolossalen Halt, da is man ’n ganz anderer Kerl“. Ganz sicher wären die Gelder für Amtsstube, Auto und Uniform viel besser in Kurse investiert, wie „Selbstvertrauen stärken & selbstsicher auftreten“ und „Selbstbewusstsein kann man lernen“, die ich meinen zwei pubertierenden Laggl habe zukommen lassen.

12 Jahre Führerscheinentzug

Aber so eine Uniform hat durchaus auch Vorzüge. Sollte es tatsächlich zur von den Schwurblern prophezeiten Revolte kommen - wenn sie nur lange genug „durchhalten und standhaft“ bleiben - muss man nach dem Objekt der Begierde nicht lange suchen. Lässt sich in der Masse leicht ausmachen. Kann man alsbald den Heuler des jamaikanischen Reggaemusikers Bob Marley von 1973 summen: „I shot the sheriff“. Dabei muss man gar nicht so brachial ausmisten. Die Disziplinierung seitens der Bumser Dorfjugend, die mit einem Kartoffelsack über dem Kopf im Dorfbrunnen endete, hat beim übereifrigen Toni wahre Wunder bewirkt - und einer Anfrage um Versetzung. Abkommandieren, herauslösen aus dem dörflichen Gefüge, reicht zuweilen. Ein Blick ins Votalond genügt, wo 2005 Gendarmerie, Bundessicherheitswachekorps und Kriminalbeamtenkorps in die Bundespolizei überführt wurden. Bei uns ist der Wildwuchs an Polizeiwillkür noch viel größer. Haben Sie eine Ahnung, warum wir eine Arma dei Carabinieri, dem Verteidigungsministerium unterstellt; eine Polizia di Stato, dem Innenministerium unterstellt; eine Guardia di Finanza, dem Wirtschafts- und Finanzministerium unterstellt; noch eine Polizia municipale, dem jeweiligen Stadthalter der Edelwaisen unterstellt, nebeneinander brauchen? Damit nicht genug. Dann gibt's noch: Guardia Costiera (also Kalterer- und Reschensee sind schon ziemlich großer Gewässer mit langen Küstenlinien - warum schippert da nichts rum?), Corpi forestali und Polizia Penitenziaria. Auf jeden Fall muss die Wichtigkeit jeder Polizeibehörde unterstrichen werden: Erkennbar an der Großschreibung der „Forze dell'Ordine“. Im Walsch mit seinem kleinschreibungsfetisch bekommt das sofort das richtige (Über)gewicht.
Auf jeden Fall sollte man die jeweiligen Sportgruppen zusammenstreichen, damit unsere Skigitschen der Fiamme Gialle keine Figuraccia machen, weil ihr Finanzberater mal wieder annähernd 2,5 Millionen Euro an Sponsorengeldern an Finanzer und italienischer Staatskasse vorbei in die Schweiz transferiert.

Lebenslänglich

Eben noch in einem Schreib-Flow streift ein Gedanke meine Ganglien: Darf man das oben hingerotzte Pamphlet überhaupt andenken oder fällt das in die Kategorie von George Orwells Gedankenverbrechen oder erfüllt gar den Tatbestand des „Oltraggio a pubblico ufficiale“ - „Beamtenbeleidigung“ für alle, die es mit dem Hintrisch-reden nicht so haben? Bei unseren nördlichen Nachbarn - zu denen wir in unserer berglerischen Orientierungslosigkeit aufschauen - scheint man der Meinungsfreiheit gegenüber der Beleidigung eines Kollektivs, bestehend aus einer unüberschaubaren Masse an Polizisten den Vorrang zu geben. In unserem „fremden“ Willkürstaat ohne Rechtssicherheit, in dem du Duce- und Hitlerwein kredenzen darfst, gelten andere Maßstäbe. Da herrschen Rechts und Ordnung. Da wird's mit ACAB eng. Sollte in Zukunft nur FCK CPS verwenden, ohne zu erklären was oder wer gemeint ist.

Wünsche deshalb auf diesem Weg allen FCK CPS ein gesegnetes und ertragreiches 2022.

Euer Goggel Totsch

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△rtim post Gio, 01/06/2022 - 23:27

Ich hoffe all die italienischen Staatswächter hier in unserer Tiroler Sonderverwaltungszone nehmen es mit Humor. Anders, als unlängst ein Ladinier ein lustiges Video twitterte und dafür u.a. eine Strafanzeige wegen Schmähung der Militärpolzei (c.p. art. 290 -vilipendio alle forze armate) kassierte.
Wie gut, dass man zumindest die Gemeindeputz noch ungestraft "schmähen", ablehnen darf.

Gio, 01/06/2022 - 23:27 Collegamento permanente