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Eine Regulierungsbehörde für Südtirol?

Südtirol kann und soll eine eigene Strom-Regulierungsbehörde schaffen, fordert der SEV. Manfred Schullian und Meinhard Durnwalder äußern Bedenken.
Stromleitung
Foto: pixabay.com
Ende März fand auf Antrag des Freiheitlichen Landtagsabgeordneten Andreas Leiter Reber im Landtag eine Anhörung zur Stromversorgung statt. Unter dem Vorsitz von Franz Locher hat der II. Gesetzgebungsausschuss dazu mehrere Vertreter Südtiroler Energieunternehmen eingeladen, unter anderem auch die beiden Vertreter des Südtiroler Energieverbandes (SEV) Hanspeter Fuchs (Präsident) und Rudi Rienzner (CEO). Rienzner wiederholte dabei seine bereits des Öfteren in den Medien vertretene Meinung, dass eine autonome Südtiroler Regulierungsbehörde nicht nur rechtens, sondern auch eine Pflicht wäre. Der Geschäftsführer des Energieverbandes berief sich dabei auf zwei Rechtsgutachten der Professoren Hilpold (Innsbruck) und Piva (Padua). Südtirol überlässt dem Staat Zuständigkeiten, die das Land seit 2009 selbst ausüben müsste, so der Vorwurf Rienzners.
 

Eine komplexe Materie

 
Beim zweiten Sitzungstermin Anfang dieser Woche bezogen Senator Meinhard Durnwalder und Kammerabgeordneter Manfred Schullian Stellung zur Position des Energieverbandes.
Schullian wies darauf hin, dass sich das genannte Gutachten der beiden Professoren auf die juristischen Aspekte beziehen würde. Das Problem ist allerdings, dass sich bei diesem Thema mehrere Rechtsordnungen überlagern: EU-Recht, nationales Recht, Autonomierecht und lokale Bestimmungen. Ohne vorherige Festlegung der Zielsetzung sei es müßig, die Forderung nach einer eigenen Behörde zu stellen. „Auch wenn es möglich wäre, bedeutet das nicht, dass damit autonome Zielsetzungen erreicht werden könnten“, schilderte der Kammerabgeordnete die Komplexität der Materie.
 
Auch wenn es möglich wäre, bedeutet das nicht, dass damit autonome Zielsetzungen erreicht werden könnten.
 

Wer ist zuständig?

 
„Die grundlegende Norm ist die EU-Richtlinie 944“, präzisierte Senator Durnwalder. Demnach müsse jeder Staat eine einzige Behörde benennen. Behörden auf regionaler Ebene seien möglich, würden aber gegenüber der EU durch die nationale Behörde vertreten. Die Richtlinie spreche auch von Regulierungsbehörden für kleine Netze in geografisch eigenständigen Gebieten, was aber nicht genauer definiert sei.
 
Im Zweifel ist das Verfassungsgericht dafür zuständig, das aber nicht immer im Sinne Südtirols entscheidet.
 
Das Land könne laut Durchführungsbestimmung autonom EU-Normen umsetzen. Das staatliche Dekret sehe nur eine nationale Behörde vor, enthalte aber eine Schutzklausel für die Autonomie. Die Frage sei, wer schlussendlich zuständig für die Energie sei, so Durnwalder. „Im Zweifel ist das Verfassungsgericht dafür zuständig, das aber nicht immer im Sinne Südtirols entscheidet“, betonte der Senator.
 

 

Drei Möglichkeiten

 
Eine Durchführungsbestimmung zum Statut erkenne dem Land zwar eine Zuständigkeit für Energie zu, andererseits gebe es direkt in der Verfassung Bestimmungen zum Thema, manche im Bereich der konkurrierenden Zuständigkeit, manche in der alleinigen Zuständigkeit des Staates. Falls man sich für eine autonome Regulierungsbehörde entscheiden sollte, gibt es drei Möglichkeiten, erklärte Durnwalder: Über ein Landesgesetz, wobei es aus den genannten Gründen zu einer Streitfrage vor dem Verfassungsgericht kommen könnte. Der zweite Weg wäre ein staatlicher Umsetzungsakt der EU-Richtlinie, mit welchem eine solche Behörde ermöglicht würde; diese würde erhebliche Überzeugungsarbeit bedeuten. Der dritte, sauberste Weg wäre eine Durchführungsbestimmung zum Statut, mit der man einem Streit vor dem Verfassungsgericht vorbeugen würde. Hier müsste man gemeinsam mit Trient vorgehen, wobei zuwenig Zeit bliebe, um noch in dieser Legislatur zu einem Ergebnis zu kommen.
 
Die EU-Richtlinie lässt zwar regionale Behörden zu, spricht aber dem Staat die Zuständigkeit zu, diese zu benennen.

Wie Schullian erklärte, sei beim Weg über eine staatliche Bestimmung auch das EU-Recht zu beachten. Bei diesem Vorhaben würde jenseits von juristischen Aspekten auch eine technische Koordinierung benötigt. „Die EU-Richtlinie lässt zwar regionale Behörden zu, spricht aber dem Staat die Zuständigkeit zu, diese zu benennen“, so der Kammerabgeordnete.
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Am Pere Gio, 04/14/2022 - 15:53

Weiß beim SEV die linke Hand überhaupt was die rechte tut? Durnwalder ist Anwalt des SEV, sieht die Forderung aber kritisch.
Lächerlicher Verein, passt gut zur aktuellen politischen Lage.

Gio, 04/14/2022 - 15:53 Collegamento permanente
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Josef Ruffa Ven, 04/15/2022 - 10:13

"Das Problem ist allerdings, dass sich bei diesem Thema mehrere Rechtsordnungen überlagern: EU-Recht, nationales Recht, Autonomierecht und lokale Bestimmungen" ... eben der Turm zu Babel! Nur können wir nicht IHM die Schuld geben, sondern das bürokratische System hat gnadenlos versagt.

Ven, 04/15/2022 - 10:13 Collegamento permanente