Politica | Referendum

5 Fragestellungen – Eine Erklärung

Am 12. Juni werden die BürgerInnen Italiens zu den Urnen gerufen. Anlass ist die Volksabstimmung über die Justizreform.
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Foto: Facsimile
Am kommenden Sonntag, 12. Juni, werden die BürgerInnen Italiens ihre Stimme zur abschaffenden Volksabstimmung über die Justizreform abgeben können.
Es handelt sich um fünf Fragestellungen, hauptsächlich von der Lega und den Radikalen weitergebracht. Wie bei allen abschaffenden Volksabstimmungen stimmt man mit Ja für die Abschaffung des Gesetzes und mit Nein für die Beibehaltung.
 
Die Wahllokale sind von 7 bis 23 Uhr geöffnet. Damit das Ergebnis gültig ist muss das sogenannte Quorum erreicht werden, also 50% +1 der Wahlberechtigten müssen ihre Stimme abgeben.
Jeder kann selbst entscheiden ob für eine, zwei, drei, vier oder alle Fragestellungen zu wählen, daher muss jede Fragestellung einzeln das Quorum erhalten, um gültig zu sein.
 

1. Fragestellung - Roter Stimmzettel

 
Diese bezieht sich auf Art. 1, Komma 63 des Severino-Gesetzes (Gesetz Nr. 190/2012), welcher besagt das eine Person, welche wegen bestimmter Straftaten rechtskräftig verurteilt wurde, nicht für ein öffentliches Amt kandidieren kann. Personen, die im Moment einer Verurteilung bereits eine solche Position bekleiden, werden automatisch ihres Amtes enthoben.
Im Falle lokaler Amtsträger (z.B. Bürgermeister) werden diese laut Severino-Gesetz, bereits nach einer Verurteilung ersten Grades ihres Amtes suspendiert, wenn die Verurteilung eigentlich noch nicht rechtskräftig ist.
 
Die Straftaten, bei denen dieses Gesetz in Kraft tritt, sind u.a. die mit Mafia oder Terrorismus in Verbindung stehen, Korruption, Unterschlagung und Amtsmissbrauch.
 
Gewinnt das Ja: Das Severino-Gesetz wird abgeschafft. Die Amtsaufhebung erfolgt nicht mehr automatisch und es ist der Richter der Fall für Fall entscheiden wird, ob die Person ihres Amtes und/oder dem Recht sich für ein öffentliches Amt zu kandidieren enthoben wird.
Wer für das Ja ist, behauptet, dass lokale Verwalter oft unschuldig ihres Amtes suspendiert werden, aber trotzdem an Glaubwürdigkeit verlieren und in das Kreuzfeuer der öffentlichen Meinung geraten.
 
 
Gewinnt das Nein: Das Gesetz bleibt in Kraft.
Diejenigen die für das Nein sind, wollen nicht, dass Personen die für Mafia, Terrorismus, Korruption, etc. verurteilt wurden, für ein öffentliches Amt kandidieren und dieses bekleiden können.
 

2. Fragestellung - Oranger Stimmzettel

 
Diese bezieht sich auf die Sicherungsmaßnahmen. Diese sind Maßnahmen, die vom Richter beschlossen werden und die Freiheit der Person, gegen die ermittelt wird, einschränken können.
Die bekanntesten Sicherungsmaßnahmen sind Untersuchungshaft, Hausarrest und das Annäherungsverbot.
Momentan können diese Maßnahmen nur aus drei Gründen von einem Richter verfügt werden: a) bei Fluchtgefahr, b) bei der Gefahr einer Manipulation der Beweismittel, c) bei Gefahr, dass die Straftat während der Ermittlungen wiederholt wird.
 
Die zweite Fragestellung will den dritten Grund, also Grund c), abschaffen.
 
Gewinnt das Ja: Die Gefahr, dass eine Person eine Straftat wiederholt, wird als Grund für die Verhängung einer Sicherungsmaßnahme abgeschafft.
Wer dafür ist, sagt, dass dieser Grund oft missbraucht wird und das Personen inhaftiert werden, die nicht verurteilt wurden, was einen Verstoß gegen das Prinzip der Unschuldsvermutung darstellt. Noch dazu, sagen einige, dass das Haftsystem bereits überfüllt ist und Personen ohne triftigen Grund die Gefängnisse noch weiter überlasten.
 
 
Gewinnt das Nein: Es bleiben alle drei Gründe weiterhin bestehen.
Wer für das Nein ist, meint, dass das Risiko besteht, dass Personen gegen die für Bestechung, Korruption, Stalking, u.ä. ermittelt wird, während dieser Zeit weiterhin Straftaten begehen können.
 

3. Fragestellung - Gelber Stimmzettel

 
Diese bezieht sich auf die Trennung der Laufbahnen in der Justiz: momentan können Richter im Laufe ihrer Karriere frei zwischen der Rolle von Staatsanwalt (derjenige der die Anklage erhebt) und Richter (derjenige der urteilt) wechseln. Es sind bis zu maximal vier Wechsel möglich.
Die Volksabstimmung will den Karrierewechsel abschaffen.
 
 
Gewinnt das Ja: Die Person muss am Anfang der Karriere entscheiden, welche Laufbahn sie einschlagen will, ohne die Möglichkeit später zu wechseln.
Wer für das Ja ist, behauptet, dass die Richter dadurch unparteiischer sind. Wie der Grünen-Sprecher und Rechtsanwalt Felix von Wolgemuth für die Tagesschau erklärt, ist es nicht ideal, wenn jemand von der Position des Anklägers zu der des Urteilers wechselt.
 
Gewinnt das Nein: Die Möglichkeit Karriere zu wechseln bleibt bestehen.
Wer für das Nein ist, meint, dass es nur eine partielle Trennung wäre: es käme nämlich zu einer Karrieretrennung, ohne aber Ausbildung, Wettbewerbe für den Zugang und Selbstverwaltungsorgane zu trennen.
 

4. Fragestellung - Grauer Stimmzettel

 
Diese bezieht sich auf die Bewertung der Richter und Staatsanwälte: alle vier Jahre werden diese mit der Hilfe von einem Experten-Gremium bewertet. Dieses ist aus Richtern und Staatsanwälten, aber auch Laienmitgliedern, also Rechtsanwälten und Universitätsprofessoren, zusammengestellt. Bei der beruflichen Bewertung der Richter und Staatsanwälte zählt jedoch nur die Stimme der Richter und der Staatsanwälte innerhalb des Gremiums.
Die Fragestellung will das Exklusivrecht aufheben und auch Rechtsanwälte und Universitätsprofessoren mitstimmen lassen.
 
 
Gewinnt das Ja: Rechtsanwälte und Universitätsprofessoren werden bei der beruflichen Bewertung der Richter und Staatsanwälte mitstimmen können.
Wer für das Ja ist, sagt, dass das eine objektivere Bewertung garantiert.
 
Gewinnt das Nein: Es bleibt das Stimmrecht nur für Richter und Staatsanwälte.
Wer für das Nein ist, behauptet, dass es nicht richtig ist, dass die Rechtsanwälte über ihre Opposition im Gericht, also die Staatsanwälte, stimmen dürfen.
 

5. Fragestellung - Grüner Stimmzettel

 
Diese bezieht sich auf die Kandidatur zum Obersten Rat der Richterschaft, dem Consiglio superiore della magistratura. Dieser ist das Selbstverwaltungsorgan der Justiz und garantiert ihre Unabhängigkeit. Um zu kandidieren, muss heute ein Richter oder Staatsanwalt mindestens 25 Unterschriften anderer Richter und Staatsanwälte präsentieren (Maximum ist 50). Diese Unterschriften werden oft von den politischen Strömungen innerhalb der Justiz beeinflusst, also von den „Parteien“, die es unter den Richtern und Staatsanwälten gibt.
 
 
 
Gewinnt das Ja: Die Klausel 25 Unterschriften werden abgeschafft. Ein Staatsanwalt oder Richter wird frei kandidieren dürfen.
Wer für das Ja ist, ist der Meinung, dass dies eine höhere Unabhängigkeit von politischen Einflüssen garantiert.
 
Gewinnt das Nein: Es bleibt die Pflicht beständig, die 25 Unterschriften für die eigene Kandidatur zu sammeln.
Wer für das Nein ist, glaubt, dass der Einfluss der politischen Strömungen trotzdem weiterhin beständig bleiben würde.
 
Laut einigen Experten, handelt es sich bei dieser Volksabstimmung um äußerst „technische“ Themen, welche vielleicht besser innerhalb des Parlaments hätten diskutiert werden sollen.
Trotzdem ist es wichtig, wie bei allen Wahlen, das eigene Wahlrecht gelten zu lassen.
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Stefan S Ven, 06/10/2022 - 10:13

In risposta a di Manfred Klotz

Das hilft auch nicht wenn einem das zuständige Konsulat die Briefwahlunterlagen nur einsprachig bereit stellt. Und grundsätzlich haben auch viele Wahlberechtigte damit Schwierigkeiten die Amtssprache in Ihrer Muttersprache zu verstehen. Eins der klassischen Fallstricke in manchen Demokratien.

Ven, 06/10/2022 - 10:13 Collegamento permanente