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Big Brother is watching you

Der Südtiroler Sanitätsbetrieb hat ein Protokoll zur Überwachung seiner Angestellten vorgelegt. Die Gewerkschaften laufen jetzt dagegen Sturm.
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Foto: upi
Der gewählte Begriff klingt unverfänglich: „Fernkontrollsystem“.
Hinter dem Begriff verbirgt sich aber eine lückenlose Überwachung von fast 20.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
Am Dienstag hat der Sanitätsbetrieb den eigenen Gewerkschaftsvertretern den Entwurf für ein „Vereinbarungsprotokoll für die Installation und Verwendung von Fernkontrollesystemen gemäss Artikel 4 des Gesetzes Nr. 300/70“ vorgelegt. Es ist eine Art Freifahrtschein für die Verwaltung, um die eigenen Angestellten durch die neuesten elektronischen Techniken kontrollieren zu können.
Obwohl diese Maßnahme auf einen Passus im sogenannten Arbeiterstatut fußt, laufen die Südtiroler Gewerkschaften gegen dieses Ansinnen von Florian Zerzer & Co jetzt Sturm. „Für uns ist dieser Vorschlag, so wie er vorgelegt wurde, absolut nicht in Ordnung“, sagt etwa Edoardo Bonsante, Vertreter der Ärztegewerkschaft Anaao zum „Corriere Dell‘ Alto Adige“. Und weiter: „Hier wird man noch viel reden und ändern müssen“.
Ausgearbeitet von einem externen Juristen, der auf Rechtsfragen im Sanitätswesen spezialisiert ist, heißt es in den Prämissen des Protokolls, dass:
 
„der Sanitätsbetrieb das Recht hat, Kontrollinstrumente zu einer eventuellen Feststellung und Prävention von rechtswidrigem Verhalten, das die Sicherheit des Betriebsvermögens gefährden könnte und die regelmäßige und korrekte Ausführung von Arbeiten oder illegalen Verhaltensweisen, die über die bloße Nichterfüllung von Arbeitsleistungen hinausgehen, einzusetzen, sofern die Kontrolle nicht übermäßig invasiv und unter Wahrung der Garantien der Freiheit und Würde der Arbeitnehmer erfolgt.“
 
 
 
 
Was dabei auf die öffentlichen Angestellten zukommt, wird in Artikel 1 der Vereinbarung deutlich. Unter dem Titel „Begriffsbestimmung“ wird dort das gesamte Besteck der Orwellschen Überwachung aufgefahren. GPS, Videokontrolle, Videoüberwachung, Video-Türsprechanlage, Telefongespräche, Monitorin und Log-Dateien. Das sind Textdateien, die innerhalb von Webservern erzeugt und dort gespeichert werden und auf denen alle ausgeführten Aktivitäten aufgezeichnet werden.
Unter dem Titel „Zweck der möglichen Fernkontrolle der Arbeitnehmer“ werden dann die Gründe für die Einführung dieses neuen Überwachungssystem angeführt.
 
  • die körperliche Unversehrtheit der Benutzer und des Personals des Betriebes zu gewährleisten;
  • die Sicherheit des Betriebsvermögens, der Arbeitsstätten und Umgebungen sowie der Personen zu gewährleisten, die aus verschiedenen Gründen die Einrichtungen des Sanitätsbetriebes besuchen oder betreten;
  • Diebstahl oder andere rechtswidrige Handlungen zu verhindern, Zusammenhänge zu rekonstruieren und Beweise in Fällen von rechtswidrigen Handlungen zu sichern;
  • die rechtzeitige Bereitstellung und Nutzung von Gesundheitsdiensten zu sichern;
  • die Kontakte mit den Patienten aufzuzeichnen;
  • bestimmte angebotene, diagnosebezogene Behandlungen an den betroffenen Personen zu dokumentieren;
  • die Koordinierung der Rettungsdienste in Notfällen zu unterstützen;
  • das Recht des Betroffenen auf Einsicht der Zugänge auf die EPA (elektronische Patientenakte) geltend zu machen;
  • das Recht des Betroffenen auf Einsicht der Zugänge auf die EGA (elektronische Gesundheitsakte) geltend zu machen;
  • die ordnungsmäßige Ausführung der Arbeitsleistung zu gewährleisten, auch wenn diese außerhalb der Räumlichkeiten des Sanitätsbetriebes durchgeführt wird;
  • technischen, produktiven und organisatorischen Anforderungen gerecht zu werden;
  • den Zweck der Datenübermittlung oder der institutionellen oder betrieblichen Kommunikation zu erreichen.
 
 
 
Allein diese Liste macht deutlich, dass die geplante Überwachung weit über die Angestellten des Sanitätsbetriebes hinausgeht.
Konkret: Mit dieser Regelung kann ein Gespräch zwischen einem Arzt und einem Patienten aufgezeichnet werden. Damit aber werden die Persönlichkeitsrechte der Südtiroler Bürgerinnen und Bürger nachhaltig tangiert.
Zentraler Punkt der Vereinbarung ist auch die Einsetzung einer „Kommission zur Überwachung der Rückverfolgbarkeit und Fernkontrolle“ . Diese Kommission besteht aus der Datenschutzreferentin des Südtiroler Sanitätsbetriebes und aus den Delegierten der einzelnen Gesundheitsbezirke. Die Kommission soll den Einsatz der Mittel prüfen und genehmigen.
Wir werden diesen Entwurf, so wie er jetzt steht, sicher nicht unterzeichnen“, sagt Anaao-Vertreter Edoardo Bonsante dem Corriere. Aber auch bei den anderen Gewerkschaften stößt dieser Entwurf auf Unverständnis und Ablehnung. Sie kündigen einen harten Kampf an.
Interessant, aber wäre eine Detail-Frage: Gelten diese Überwachungsmethoden auch für die Generaldirektion des Südtiroler Sanitätsbetriebes und die Führungsspitzen der Südtiroler Krankenhäuser?
 

 

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Peter Gasser Ven, 08/05/2022 - 09:16

... da war wohl jemand kürzlich auf Info-Mission in China - sollte man nachprüfen?
.
Den Vorschlag, all diese Maßnahmen vorher 5 Jahre bei der gesamten Führungsriege bis hinauf zum zuständigen Politiker lückenlos zu testen und zu dokumentieren, fände ich gut.

Ven, 08/05/2022 - 09:16 Collegamento permanente
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Sepp.Bacher Ven, 08/05/2022 - 11:48

In risposta a di Peter Gasser

Ja das ist ein guter Vorschlag!
Die Führungsriege soll vorher selbst spüren, was das mit ihnen macht, total überwacht zu werden! Zudem ist es die Aufgabe der Koordinatoren, Direktoren und Primare die Untergebenen so zu beschäftigen, dass sie eine zufriedenstellende Leistung bringen!

Ven, 08/05/2022 - 11:48 Collegamento permanente