Cultura | Tourismus

„Das geht einfach nicht!“

Der Tiroler Schriftsteller Felix Mitterer stellt sich energisch gegen das absurde System der Tourismusabgabe in Tirol. Und er bekommt Unterstützung.
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Foto: Haymon-Verlag

salto.bz: Seit 1927 gibt es in Nordtirol die Tourismusabgabe. Dabei handelt es sich um einen Pflichtbeitrag, den alle im Land ansässigen Unternehmen und Selbstständigen zahlen müssen – ob sie vom Tourismus profitieren oder nicht. Sie drohen nun deshalb aus Tirol abzuwandern. Wie ist der Stand der Dinge?

Felix Mitterer: Dass ich meine Wohnung gekündigt habe, das ist der Stand der Dinge. Und dass ich im Oktober weggehe aus Tirol. Mit dem Landeshauptmann habe ich ja dazu schon telefoniert, als ich das Schreiben zur Tourismusabgabe bekam. Dieser meinte, da könne man nichts machen. Das geht doch einfach nicht, wenn der Tourismus Geld verlangt, auch nur einen Cent. Ich habe gesagt, dann bin ich weg. Und so ist es auch.

Wie erklären Sie sich überhaupt die Tourismusabgabe, dieses sonderbare Gesetz und die Anwendung im Bundesland Tirol? 

Ich weiß es nicht. Ich bin jedenfalls erstaunt, über die vielen unglaublichen Reaktionen und ich bin überrascht wie viele Künstlerinnen und Künstler von dieser Abgabe für den Tourismus betroffen sind. Ich wusste gar nicht, dass ein Gesetz so gemacht werden kann, dass man offenbar von jemandem Geld verlangen kann und von jemandem anderen nicht. Es ist ganz frei anwendbar. Interessant ist auch, dass es das seit 1927 gibt. Das ist ja alles furchtbar veraltet. 

Diese bald 100 Jahre alte „Gepflogenheit“ für den Tourismus gibt es auch in anderen Bundesländern Österreichs…

Ich habe mich beim Alt-Landeshauptmann von Niederösterreich Erwin Pröll genau informiert, und habe erfahren, dass es das Gesetz zwar in jedem österreichisches Bundesland gibt, nur hat es überall einen anderen Namen und wird anders gehandhabt. Manche Bundesländer fordern nichts ein, wie etwa Salzburg oder Niederösterreich. Tirol hingegen fordert ein und beharrt strikt darauf.

Es gab immer wieder Proteste bzgl. der Tourismusabgabe. Nun wächst der Widerstand erneut und Sie erhalten viele Solidaritätsbekundungen…

Diese Tourismusabgabe betrifft ja insbesondere diejenigen, die nicht weggehen können, da sie hier in Tirol was besitzen, oder da sie Kinder haben, die noch in die Schule gehen. Das alles betrifft mich nicht. Ich kann jederzeit weggehen und woanders schreiben. Hab ich ja auch schon vorher getan.

Könnte die Tourismusabgabe in Tirol durch den erneuten Protest bald Vergangenheit sein? 

Das ist schwierig zu sagen. Ich bin ja nach Schwaz in Nordtirol zurückgekehrt, bzw. zurückgeholt worden, vom Alt-Bürgermeister Lintner – der hat mich schon in den 1970er Jahren in sein Gymnasium in Wörgl eingeladen, wo er als Deutschlehrer tätig war. Meine Frau und ich sind nun hier in einem Haus mit wunderschönem Gewölbe aus dem 15. Jahrhundert. Der Altbürgermeister ist entsetzt und will verhindern dass ich gehe. Auch wenn es nicht um viel Geld geht, diese Geschichte ist einfach absurd. Der Autor der Piefke-Saga kann einfach keine Tourismusabgabe zahlen. Das geht nicht. Das geht einfach nicht.

Was wollen Sie nun machen?

Ich muss jetzt dranbleiben, solidarisch sein mit den Kollegen und Kolleginnen. Auch mit den Nicht-Künstlern, da dieses Gesetz vollkommen überholt ist. Dass das in Tirol so gehandhabt wird, ist ja das Traurige. Und deshalb muss man ein Zeichen setzen. Vielleicht gelingt es uns allen, dieses unsägliche Gesetz abzuschaffen und auszuhebeln.

Sie haben ja viele Jahre nicht in Tirol gelebt. Warum sind sie eigentlich wieder zurückgekommen?

Ich bin zurückgekehrt, um hier auszuharren, ich bin ja nicht mehr jung. Aber jetzt muss ich weg, es tut mir furchtbar leid und ich komm auch nicht mehr wieder.

Sollte Tirol der altmodischen Regelung demnächst ein Ende setzen, werden Sie dann bleiben?

Es ist ja nicht lustig, immer zu übersiedeln. Das ist ein riesiger Aufwand. Ich muss die Bilder abhängen und die vielen Bücher. Meine Frau sucht seit März nach einer neuen Bleibe für uns, wir haben zwar noch nichts, die Wohnung in Schwaz habe ich trotzdem schon gekündigt. Ich komme nicht mehr.

Das Schöne ist halt immer kurz. Das Bittere dauert etwas länger.

Sie haben für einen überschaubaren Zeitraum auch in Kaltern an der Weinstraße in Südtirol ihre Zelte aufgeschlagen. Ziehen Sie wieder nach Südtirol?

Nein, die Brennergrenze ist ja eigentlich unüberwindbar, sa verliert man so viel Zeit, wegen der vielen Baustellen auf der Autobahn. Obwohl Südtirol natürlich immer noch der Traum aller Nordtiroler ist. Das ist es immer gewesen, das Land des Weines und der Äpfel und wo es halt wärmer ist.

War der Tourismus auch einer der Gründe, dass Sie aus der Tourismushochburg Kaltern wieder weggezogen sind?

Nein, der Tourismus in Nordtirol ist ja viel schlimmer. Auch wenn mir das sehr leid tut: Es ist so! Im Achental, wo ich geboren bin und im Zillertal wo meine Adaptivmutter herkommt, da sehe ich die Autoschlangen talein- und talauswärts. So schlimm kann Südtirol nie sein wie Nordtirol. In Kaltern war es schön, aber nur kurz. Das Schöne ist halt immer kurz. Das Bittere dauert etwas länger.

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Jul Bruno Laner Dom, 08/21/2022 - 10:58

Lieber Felix!
An des Tourismus Glück und Segen
Ist den Lobbys viel gelegen.
Auch Südtirol wirft sehr viel Geld
Durch das Fenster in die Welt;
Auf Geheiß der Lobbyisten
Die ja alle überlisten
Und die, gierig und vermessen,
Aus dem Steuertroge fressen.
"Die Künstler und die Mystiker
Solln zahln für die Touristiker!"
In Südtirol sagt man das nicht
Das geht all'italiana und schlicht.
Man greift blind in den Steuertopf!
Die andern hängen eh am Tropf.
Dort im Spital, wo sie probieren
Das AUCH noch zu privatisieren!
Sieht man das von der Ferne an
Kommen auch die Künstler dran.
Wo werden DIE sich nachher plagen?
Mit "Parteifreunden" und "Piefke Sagen"?
Felix, ziehe aus und bleibe keck
Mit spitzer Feder im Gepäck
Und Deine Feder bleibt ja leicht
Weil sie dann jedes Ziel erreicht
Egal, wo Deine Wohnung ist
Sogar wenn Du am Südpol bist.
Glückauf!

Dom, 08/21/2022 - 10:58 Collegamento permanente