Politica | Österreich

Reaktionen aus dem Vaterland

Auch die Österreicher verfolgten gebannt den Ausgang der italienischen Parlamentswahlen. Was Presse und Politik dazu sagen.
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Foto: Screenshot Press Reader

Alle Augen der Welt waren seit Wochen auf Italien gerichtet, wo sich Giorgia Meloni nicht nur anschickt, Italiens erste Premierministerin, sondern, wie CNN berichtet, die rechteste Premier seit Mussolini zu werden. Auch in Österreich, wo zeitgleich mit den Parlamentswahlen des südlichen Nachbarn auch Landtagswahlen in Tirol stattfanden, schenkte man dem Sieg der Mitte-rechts-Koalition um Meloni, Salvini und Berlusconi einiges an Aufmerksamkeit.  

Zwar wählt Österreich in weniger als zwei Wochen am 9. Oktober seinen neuen (alten) Bundespräsidenten. Die Titelseiten der Tageszeitungen ziert jedoch fast ausschließlich Melonis Konterfei. Der Standard schrieb auf seiner Titelseite: „Italien schreitet mit Meloni stramm nach rechts“.

Die Presse titelt mit „Die Bruchstellen Melonis“ und schreibt davon, dass es Italiens erste Premierministerin nicht leicht haben werde; sie habe „kein Personal“ und es drohen „Machtkämpfe“ mit den „beiden Alphatieren.“ Wiener Zeitung („Brüssel bangt vor Sturm aus Süden“), Kronen Zeitung („So verändert Italiens Rechtsruck die EU“) und Kurier („Meloni wird zum Stresstest für die EU“) werfen jeweils ein Schlaglicht auf die künftigen verkomplizierten Beziehungen Italiens zur Europäischen Union.

Auch die politischen Vertreter enthielten sich einer Einschätzung des Wahlausganges freilich nicht. Bei der FPÖ, die vor fünf Jahren mit ihrem Vorstoß einer Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler den Zorn der Fratelli auf sich zog, knallten laut ersten Reaktionen auf Melonis Erdrutschsieg die Sektkorken.

So schreibt der ehemalige Generalsekretär der FPÖ Harald Vilimsky auf Twitter: „Italiener holen sich ihr Land zurück. Bravissimo“. Der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Christian Ragger gratulierte „herzlichst“. Die FPÖ sitzt bereits mit Matteo Salvinis Lega im Europäischen Parlament in derselben Fraktion. Dass in Italien künftig eine postfaschistische und zentralistische Kraft das Sagen übrenehmen und schlimmstenfalls auch den Schutz und Ausbau der Südtiroler Autonomie torpedieren könnte, tangiert die selbst ernannten „Freunde Südtirols“ offensichtlich nicht.

Besorgtere Töne waren aus den Reihen der SPÖ und Grünen zu vernehmen. Der Europaabgeordnete der österreichischen Sozialdemokraten Andreas Schieder etwa twitterte, dass Italiens Rechtsruck weder dem Land die nötige Stabilität bringe, noch die Handlungsfähigkeit Europas erhöhe, von der Italien besonders profitiert habe. Kritik richtet Schieder auch an die „konservativen Kräfte, die in der EU immer mehr zum Steigbügelhalter der Post-Faschisten werden.

 

Der Europa-Sprecher der Grünen, Michael Reimon warnte in einer Aussendung vor der Machtübernahme Melonis. Es sei zu erwarten, dass sie die Strategie von Viktor Orbàn wiederholt. Die EU dürfe allerdings ihr Spiel nicht mitspielen, so Reimon. Gleichzeitig sei nicht Italien pauschal zu verunglimpfen. „Jede Kritik ist an die Regierungschefin zu richten, nicht an Italien als Ganzes“, betont Reimon und hält fest: „Wer dafür kämpft, die Rechtsstaatlichkeit nun zu schützen und zu verteidigen, kämpft für die italienische Bevölkerung und das gehört auch deutlich so gesagt.“

Giorgia Meloni ist eine Rechtsextreme, das muss auch so benannt werden, wenn sie die nächste Regierungschefin Italiens wird. Aber gerade dann darf die EU ihr politisches Spiel nicht mitspielen. 

Von Seiten der Österreichischen Volkspartei blieben Reaktionen auf den italienischen Wahlausgang bisher aus. Bundeskanzler Karl Nehammer hat vor kurzem erst in einem Treffen mit Landesrat Phillipp Achammer die Schutzfunktion Österreichs betont und angekündigt, mit der neuen Regierung in Rom in Dialog treten zu wollen.

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Hartmuth Staffler Mar, 09/27/2022 - 13:19

Die FPÖ, in der seit jeher zwei Seelen in der gleichen Brust schlagen, wird sich entscheiden müssen, ob sie sich auf die Seite der italienischen Faschisten schlägt oder ob sie an der immer wieder beteuerten Südtirol-Treue festhält. Beides gleichzeitig geht nicht.

Mar, 09/27/2022 - 13:19 Collegamento permanente
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gorgias Mar, 09/27/2022 - 20:54

Laut ö1 wird sich Melloni weitestgehend zurückhalten, was die Unterwanderung des Rechtsstaates geht, ansonsten riskiert man die EU-Gelder von denen Italien abhängig ist.
Das schlimmste was für Italien selbst zu befürchten ist, ist ein Reformstau.

Wenn man in Europa den Rechten den Wind aus den Segeln nehmen will, muss man endlich die Agenda des progressiven Neoliberalismus und des woken Kapitalismus anprangern, der billige Arbeitskräfte durch eine permissive Einwanderungpolitik und konzeptlose Asylpolitik anzieht unter dem Vorwand pseudohumanistischer Werte, aber ohne Rücksicht einer gesellschaftlichen kulturellen Nachhaltigkeit und angemessener Löhne auf dem Arbeitsmarkt.

Mar, 09/27/2022 - 20:54 Collegamento permanente
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Dietmar Nußbaumer Mar, 09/27/2022 - 22:27

Sicher richtig, aber ausgerechnet Berlusconi soll für gerechte Löhne sorgen? Salvini hat sich an China angebiedert, bei Meloni wissen wir noch nicht, was uns erwartet. Aber auch PD und 5stelle haben die Wähler nicht überzeugt. Draghis "Impfkampagne" hat wahrscheinlich den beteiligten Parteien auch Stimmen gekostet

Mar, 09/27/2022 - 22:27 Collegamento permanente