Politica | Energie-Krise

Kompatschers Maßnahmen-Katalog

Was tut das Land, um die Folgen der Energie-Krise abzufedern? Diese Frage war das zentrale Thema der heutigen Sitzung der Landesregierung.
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Foto: LPA/Fabio Brucculeri
Es scheint beinahe so, als hätte sich Landeshauptmann Arno Kompatscher die Aussage des Landtagsabgeordneten Franz Locher bzgl. der Stromthematik zu Herzen genommen. Locher hat nämlich kürzlich Salto.bz gegenüber erklärt, dass die aktuellen Strompreise der Bevölkerung nicht mehr vermittelbar seien. Landeshauptmann Kompatscher hat sich im Anschluss an die heutige Sitzung der Landesregierung ungewöhnlich viel Zeit genommen, um nicht nur die Ursachen der Energie-Krise zu erklären, sondern auch um die Öffentlichkeit darüber zu informieren, was die Landesregierung dagegen unternehmen will.
 
Leider ist nicht auszuschließen, dass auch spekulative Absichten dahinterstecken.
 
„Insgesamt betrachtet haben viele Faktoren zu diesem enormen Preis-Anstieg geführt“, so Landeshauptmann Kompatscher, der erklärte, dass nicht nur der Ukraine-Konflikt dafür verantwortlich sei. Der Umstieg vieler Volkswirtschaften auf erneuerbare Energien habe die Nachfrage nach Gas erhöht. Allein die zusätzliche Nachfrage Chinas entspreche dem gesamten Jahres-Verbrauch an Gas in Italien. Zusätzlich sei durch die wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Pandemie die Nachfrage nach Gas gestiegen. Auch Probleme in der Transport-Logistik sowie der Krieg in der Ukraine haben die Krise befeuert. „Und – leider ist nicht auszuschließen, dass auch spekulative Absichten dahinterstecken“, so Kompatscher, der auf Bestrebungen auf europäischer Ebene hinwies, die Gaspreis-Bindung zu lösen. Wie der Landeshauptmann ausführte, setzt sich der Strompreis nämlich aus den sogenannten Grenzkosten der Anbieter zusammen. Während erneuerbare Energieträger wie Wasserkraft „wenig“ Kosten verursachen, sind diese bei fossilen Brennstoffen, die derzeit noch benötigt werden, um den Bedarf zu decken, wesentlich höher. Gehandelt werden allerdings die Preise jener Energieträger, die als letzte zugeführt werden – sprich Gas. Das System war ursprünglich dazu gedacht, die erneuerbaren Energien zu fördern, indem für grüne Energie im Verhältnis zu den Kosten, die sie verursachen, mehr ausgeschüttet wurde. „Durch die Explosion bei den Gaspreisen muss man dieses System allerdings infrage stellen“, so Kompatscher, der betonte, dass es an den europäischen Staaten sei, dieses Problem zu lösen. Fortschritte dürfe man sich kurzfristig allerdings nicht erwarten, da bestehende Verträge mit Energieversorgern eingehalten werden müssen. „Wir hoffen alle, dass es gelingt, diesen Systemwechsel herbeizuführen – immer mit dem Ziel, nachhaltige Energie zu fördern, aber gleichzeitig nicht zu Sklaven des Gaspreises zu werden“, so Kompatscher.

 

Maßnahmen der Landesregierung

 

Landeshauptmann Kompatscher kündigte mehrere Maßnahmen der Landesregierung an: kurzfristige, mittelfristige und langfristige. „Kurzfristig bleibt uns nichts anderes übrig, als direkte Unterstützungen zu gewähren“, erklärte der Landeshauptmann, der in diesem Zusammenhang auf ein Treffen mit den Sozialpartnern, der sozialen Körperschaften, der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände hinwies, welches heute Nachmittag stattgefunden hat. Thema dieses Arbeitstreffens waren die Vorschläge der Landesregierung hinsichtlich der finanziellen Hilfen, die sich nach dem Einkommen und dem Vermögen richten werden. „Es wird sicherlich nicht möglich sein, die absolut gerechte Lösung zu finden“, betonte Kompatscher, aber man werde versuchen, dort zu helfen, wo es dringend nötig sei. Zudem sollen auch jene eine Unterstützung erhalten, welche bislang keinen Anspruch auf die staatlichen Hilfen haben. Ziel sei es, nicht nach dem Gießkannen-Prinzip die Hilfen auszuschütten, sondern sie gezielt einzusetzen.
 
 
„Wir werden heuer nur eine geringe Gewinn-Ausschüttung bei der Landes-Energie-Gesellschaft genehmigen. Damit wird das Unternehmen in die Lage versetzt, noch höhere Abschläge an die Kunden weiterzugeben“, wies der Landeshauptmann auf eine weitere Maßnahme hin. Zusätzlich werden auch das Land und die Gemeinden Einsparungen im Energieverbrauch vornehmen, indem beispielsweise die Beleuchtung in den Gebäuden reduziert und effizienter geheizt werden soll. Mittelfristig sei es jedoch notwendig, auf erneuerbare Energieträger umzusteigen und damit die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen einzuschränken. So will das Land die Leistung der installierten Photovoltaik-Anlagen bis Ende 2030 auf 800 MW erhöhen. Ein sehr ehrgeiziges Ziel, wofür es zunächst notwendig sein wird, die Genehmigungsverfahren für derartige Anlagen zu vereinfachen bzw. zu beschleunigen. „Vor allem braucht es die Unterstützung der Energie-Gemeinschaften – ein Bereich, der insbesondere den Genossenschaften offen steht“, erklärte der Landeshauptmann und wies in diesem Zusammenhang auf staatliche Unterstützungen hin. Weiters sollen in der Agri-Photovoltaik zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, wobei man jedoch ein besonderes Augenmerk auf das Landschaftsbild haben will sowie auf mögliche Spekulationen. Auch zum Thema „Windkraft“ werde man Diskussionen führen müssen bzw. darüber, ob diese Form der nachhaltigen Energie-Produktion weiterhin ausgeschlossen bleiben oder es einzelne Bereiche geben soll, wo die Nutzung sinnvoll ist und daher erlaubt wird.
 
Vor allem braucht es die Unterstützung der Energie-Gemeinschaften – ein Bereich, der insbesondere den Genossenschaften offen steht.
 
„Langfristig müssen wir die Frage nach der Nutzung weiterer Gestaltungsmöglichkeiten in der Energiepolitik klären“, so Landeshauptmann Kompatscher und erklärte, dass dies unter anderem auch die zukünftigen Ausschreibungen der Wasserkraftwerke betreffe. „Wir bereiten das Landesgesetz zur Neuausschreibung der Konzession vor. Hier kann man durchaus neue Vorgaben und Ansätze definieren“, so der Landeshauptmann, der in diesem Zusammenhang auf die letzthin heftig diskutierte Frage nach einer eigenen Südtiroler Regulierungsbehörde hinwies. „Wir wissen, dass rechtlich eine Durchführungsbestimmung zum Autonomie-Statut die Mindestvoraussetzung darstellt“, so Kompatscher und unterstrich, dass die Spielräume einer solchen Regulierungsbehörde nur sehr klein wären. Zudem habe sich das bisherige System für Südtirol als Vorteil erwiesen. „Die Vor- und Nachteile müssen daher sehr gut abgewägt werden“, betonte der Landeshauptmann.
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Robert Hölzl Mar, 10/04/2022 - 18:43

Kompatscher hat wieder viel geredet, seine Lieblingsbeschäftigung. Etwas ändern kann er nicht, da dafür die europäischen Staaten zuständig sind; dafür wird es direkte Maßnahmen geben, aber nicht nach dem Gießkannenprinzip. Jetzt warten wir mal, was wirklich getan wird.
Eine Perle war sicher die Aussage "Genehmigungsverfahren für derartige Anlagen zu vereinfachen bzw. zu beschleunigen". Seit wann hat das Land schon mal etwas beschleunigt; eine einfache Maßnahme, wie die Übernahme der Staatsregelung zu den Wintergärten, gibt es jedenfalls nicht.
Eine andere Anmerkung. Nachlässe für Stromkunden ist natürlich nur möglich, wenn sich diese vom geschützten Markt verabschieden und in den freien Markt wechseln. Was weniger bekannt ist: wer einmal den geschützten Markt verlässt, kann nicht mehr zurück. Aber was soll's, der geschützte Markt hätte sowieso schon lange abgeschafft werden sollen, aber schlussendlich hat die Aufsichtsbehörde nicht das nötige Vertrauen in die freie Marktwirtschaft, um es auch zu tun.

Mar, 10/04/2022 - 18:43 Collegamento permanente
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G. P. Mar, 10/04/2022 - 19:57

Und noch immer hat uns kein Politiker erklärt, warum es in Südtirol zuletzt beim Strom eine Preissteigerung von 117,5 % gegeben hat und z. B. in Genua im selben Zeitraum nur von 63,4 %.

Mar, 10/04/2022 - 19:57 Collegamento permanente
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Dietmar Nußbaumer Mar, 10/04/2022 - 20:45

"leider ist nicht auszuschließen, dass auch spekulative Absichten dahinterstecken" ist für mich die zentrale Aussage. Klingt wohl eher nach Monopol und Kartell - wie bereits erwähnt, vielleicht sollte man den Pranger wieder einführen.

Mar, 10/04/2022 - 20:45 Collegamento permanente
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Salto User
Günther Alois … Mer, 10/05/2022 - 10:52

Ich frage mich, warum die Landesregierung ein Jahr gebraucht hat um auf die Strom und Energiekrise zu reagieren? Die Preise wurden schon 2021 exorbitant erhöht.Das wurde fein fleissig totgeschwiegen und es wurde die Zeit vergeudet um zu beobachten:was macht der Staat? Armes Energie und Strommanagement in Südtirol! Höchste Zeit,dass ihr aufgewacht seid!

Mer, 10/05/2022 - 10:52 Collegamento permanente