La Russa, Ignazio
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Politica | Rechtsruck

Nationalistisches Gedöns im Überfluss

Der Ultrarechte Ignazio La Russa wurde ins zweithöchste Staatsamt gehievt - nicht ohne Konflikte.

Symbolträchtiger hätte der Auftakt zur neuen Legislaturperiode kaum ausfallen können. In einer von der Senatorin auf Lebenszeit und KZ-Überlebenden Liliana Segre geleiteten Sitzung des Senats wurde der Faschist Ignazio La Russa ins zweithöchste Staatsamt gewählt - einer, der gerne die Hand zum römischen Gruss erhebt und Homosexuelle schon mal als culattoni bezeichnet. Aus seiner Verehrung für den Duce hat der 75 -jährige nie ein Geheimnis gemacht. In seiner 200 Quadratmeter grossen Mailänder Wohnung, die dem Verteidigungsministerium gehört, verwahrt der Senator zahlreiche Erinnerungsstücke aus dem ventennio nero, darunter etliche Mussolini-Büsten. Als während der Covid-Epidemie die Begrüssung per Handschlag verboten wurde, wartete La Russa mit dem originellen Vorschlag auf, den faschistischen saluto romano mit ausgestrecktem Arm wieder einzuführen.

Als während der Covid-Epidemie die Begrüssung per Handschlag verboten wurde, wartete La Russa mit dem originellen Vorschlag auf, den faschistischen saluto romano mit ausgestrecktem Arm wieder einzuführen.

Seine politische Laufbahn begann er in seiner sizilianischen Heimatstadt Catania, wo sein Vater Antonino segretario politico del partito nazionale fascista war. Sein Bruder Romano war Europarlamentarier von Alleanza nazionale und unter der Regierung Formigoni Regionalassessor in der Lombardei.
Es blieb Liliana Segre vorbehalten, nach Abschluss des zweiten Wahlgangs um 13.40 Uhr im Palazzo Madama die Wahl von La Russa zum Senatspräsidenten anzukündigen. Bemerkenswertes Detail: Die nötigen Stimmen zur Wahl von La Russa kamen auch aus den Reihen der Opposition. Ein klares Zeichen dafür, dass ihm Teile des Rechtsbündnisses die Zustimmung verweigerten. Dazu gehörten etwa die Senatoren von Forza Italia. Die Polemiken darüber haben bereits begonnen. Die Wahl la Russas ist ein deutliches Signal für das unaufhaltsame Bröckeln des Berlusconismo und ein weiterer Beweis dafür, dass der Ex-Cavaliere nicht mehr in der Lage ist, die Stimmen von Forza Italia zu kontrollieren.
 

 

Das demonstriert auch das Scheitern seines hartnäckigen  Versuchs, seine Vertraute und ehemalige Krankenschwester Licia Ronzulli zur Unterrichtsministerin zu befördern. Bei seiner ersten Rückkehr in den Senat neun Jahre nach seinem Ausschluss musste Berlusconi von den Saaldienern gestützt werden: "Sono caduto male all´indietro e ancora sofort."."
Die zukünftige Regierungschefin und  Vorsitzende der Fratelli d`Italia Giorgia Meloni liess nach La Russa Wahl ins zweithöchste Staatsamt ihrer Genugtuung freien Lauf: "Siamo orgogliosi che i senatori abbiano eletto un patriota, un servitore dello stato, un uomo innamorato dell`Italia e che ha sempre anteposto l´interesse nazionale a qualunque cosa. Per Fratelli d`Italia Ignazio è un punto di riferimento insostituibile, un amico, un fratello, un esempio per generazioni". Nationalistisches Gedöns im Überfluss. 
Eines steht nach der gestrigen Wahl vorerst fest: der von Staatspräsident Mattarella geforderte Beweis, dass die Regierung Meloni im Senat über eine solide Mehrheit verfügt, konnte gestern nicht erbracht werden.

 

 

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G. P. Ven, 10/14/2022 - 19:37

Wehret den Anfängen ...
So wird der Faschismus endgültig salonfähig gemacht. Und warum sprechen die Medien immer von Mitte-Rechts, wo die neue Regierung doch kaum weiter rechts sein kann?

Ven, 10/14/2022 - 19:37 Collegamento permanente
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pérvasion Ven, 10/14/2022 - 19:50

»Die Regierungschefin und Vorsitzende der Fratelli d`Italia Giorgia Meloni lie[ß] nach La Russa Wahl ins zweithöchste Staatsamt ihrer Genugtuung freien Lauf«

Meloni ist Regierungschefin? War mir entgangen.

Ven, 10/14/2022 - 19:50 Collegamento permanente
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tutgutes brueder Ven, 10/14/2022 - 21:18

i kenn mi nimmer aus!
2009 war Durnwalder beim damaligen Verteidigungsminister La Russa in Rom um mit ihm den Gefängnisneubau in Bozen zu besprechen. Damals war La Russa ein guter Mensch der sogar passabel deutsch sprach, wie man in den Abendnachrichten auf Rai Südtirol sehen und hören konnte. Inzwischen sind 13 Jahre vergangen, vom Gefängnis gibts bisher nur Pläne und La Russa ist ein schlechter Mensch.

Ven, 10/14/2022 - 21:18 Collegamento permanente
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Stefan S Sab, 10/15/2022 - 09:40

Eine rechtsnationale Regierung war schon immer zum Nachteil von Minderheiten und wird auch hier die Autonomie untergraben. Wer das nicht sehen will ist auf dem rechten Auge blind.
Außerdem wird sich die kommende Regierung noch mehr und ungenierter an den Fleischtöpfen des Staatshaushalt bedienen.
Und in der EU hoffen alle aus dem Lager der moderaten Kräfte, das wie üblich, die Halbwertszeit einer italienischen Regierung weiterhin Tradition hat. Traurig aber wahr...

Sab, 10/15/2022 - 09:40 Collegamento permanente
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△rtim post Sab, 10/15/2022 - 10:19

Präsenter als durch den Wechsel des Vorsitzes im Senat, einmal Liliana Segre, dann Ignazio Benito Maria La Russa, hätte der Zeitenbruch Italiens 2022 nicht sein können. «Die italienische Demokratie spielt offen mit einem stillen Selbstmord.» (P. Sloterdijk). Statt Marsch auf Bozen, Rom, stiller Marsch durch die Institutionen mit Maskeraden der Höflichkeiten (Händdruck, Blumen, Küsschen ...).
Die offene Gesellschaft in Italien ist wie im Jahr 1922, auch 2022 offenbar nicht imstande, sich gegen ihre Feinde zu verteidigen. Ein offener bekennender Mussolini-Verehrer wird zum Präsidenten des Senats gewählt, ein Rechtsextremer zum Präsidenten der Abgeordnetenkammer. Meloni mit ihrer nationalistischen, faschistischen Partei 2.0 wird Ministerpräsidentin. Besonders gefährdete Bürger, Sinti, Roma, Südtiroler, Juden, LGBTQIA+ ... sind nun wohl zurecht um ihre Grund- und Minderheitenrechte besorgt. Da interessiert eigentlich fast kaum, Berlusconis (nicht geheim gebliebenes) taktisches Spielchen, um zumindest seine Minister-Kandidatin durchzusetzen. Selbst er hat nicht mit gleich 19 Überläufern der Opposition als willige Helfer Melonis gerechnet.

Sab, 10/15/2022 - 10:19 Collegamento permanente
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Peter Gasser Sab, 10/15/2022 - 15:01

... auch wenn man diese Textbausteine hundertmal auf Salto und immer wieder gleich bringt, bleiben diese doch weitgehend subjektive Meinung und sind erfahrungsgemäß die Ansicht einer ganz kleinen Minderheit.
Es ist ein Merkmal rechts bis ultrarechts gerichteter Gesinnung, dass man die eigene subjektive Minderheitenmeinung zum Alles-Bestimmenden erheben und allen aufdrücken will - in der wiederholten Verkennung, dass Meinung nicht Fakten sind, und in der Demokratie Mehrheiten berücksichtigt werden.

Sab, 10/15/2022 - 15:01 Collegamento permanente