Società | Gesetzlicher Rahmen

Ethikunterricht

Welches sind die Rahmenvorgaben und die Möglichkeiten, die die Schulen bei der Einführung des Ethikunterrichts haben?
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klassenzimmer
Foto: MChe Lee/Unsplash

Die Einführung des Ethikunterrichts an den Pflichtschulen Italiens, und damit auch an den Pflichtschulen Südtirols, steht in direktem Zusammenhang mit der Organisation des katholischen Religionsunterrichts an den öffentlichen Schulen. Hierin steht Italien nicht allein da, denn die organisatorische Nähe des Ethikunterrichts zum Religionsunterricht ist in vielen europäischen Ländern gegeben.

Die italienische Verfassung von 1948 betont im Art. 7, dass Staat und katholische Kirche unabhängig und souverän sind und ihre Beziehungen durch die Lateranverträge regeln. Juridisch sind die Lateranverträge internationale Verträge, zwischen der Republik Italien und dem Staat der Vatikanstadt.

Die Lateranverträge

Das alte Konkordat (Lateranvertrag vom 11. Februar 1929) geht auf das albertinische Statut von 1848 zurück, welches im Art. 1 die katholische Religion zur Staatsreligion erklärte. Im Geiste der Staatsdoktrin wurde damals an den öffentlichen Schulen nur katholischer Religionsunterricht angeboten, andere Religionen wurden vom italienischen Staat nur geduldet. Der katholischen Kirche war es in dieser Sonderrolle erlaubt, an den öffentlichen Schulen Katechese zu erteilen. Dadurch, dass sie das Curriculum mitbestimmte, die Lehrwerke zuließ, und nicht zuletzt dadurch, dass sie den Religionslehrpersonen die Lehrerlaubnis (Missio Canonica) zusprach oder verwehrte, besaß sie die Kontrolle über den entsprechenden Unterricht. Diese zugesprochene Kontrollfunktion hat die katholische Kirche immer noch inne. Mit den Lateranverträgen von 1929 wurde die von der „Riforma Gentile“ eingeführte gängige Praxis des Elementarschulbereichs auf die weiterführenden Schulen ausgedehnt. In langen Verhandlungen zwischen den Parteien wurde das alte Konkordat von 1929 schließlich überarbeitet.

Die neuen Lateranverträge (Rahmenkonkordat) wurden im Februar 1984 unterschrieben und mit Gesetz Nr. 121 vom 25.3.1985 eingeführt. Erstmals wurden nur Grundprinzipien in bilateralen Interessenbereichen festgeschrieben und die Möglichkeit geschaffen, Vereinbarungen („intese“) auch auf niedrigeren Ebenen zu treffen. Explizit wird im neuen Lateranvertrag nicht mehr vom Religionsunterricht, sondern vom katholischen Religionsunterricht gesprochen, der nun nicht mehr als „Krönung des Unterrichts“ gesehen wird und auch nicht mehr Katechese sein darf.

Der italienische Staat „erkennt [zwar] den Wert der religiösen Kultur an und berücksichtigt, dass die Prinzipien des Katholizismus Teil des historischen Erbes des italienischen Volkes sind“; die katholische Kirche gestaltet den Religionsunterricht unter Wahrung der „Freiheit der Schule und der Lehre“ und im Rahmen der Verfassung. Der katholische Religionsunterricht wird in allen Pflichtschulen erteilt, und die Eltern entscheiden unter Wahrung ihrer Gewissensfreiheit und Erziehungsverantwortung im Rahmen der Schuleinschreibung, ob ihr Kind den katholischen Religionsunterricht besucht oder nicht.[1] Dem Gesetzgeber ist es besonders wichtig, dass diese Entscheidung zu keinerlei Diskriminierung führt. Auch aus diesem Grund handelt es sich um keine Abwahl des Religionsunterrichtes, sondern um einen Akt der bewussten Entscheidung. Diese Entscheidung muss jeder für sein Kind treffen[2].

Dekret des Präsidenten der Republik Nr. 89 vom 10. Februar 1983

Für die Autonome Provinz Bozen wurden mit Dekret des Präsidenten der Republik Nr. 89 von 1983 zusätzliche Bestimmungen erlassen, die auch vom Lateranvertrag von 1984 nicht angetastet wurden. In Art. 35 des Dekrets wird festgeschrieben, dass im Unterschied zum restlichen Staatsgebiet, in Südtirol die Kinder von ihren Eltern im Zuge der Einschreibungen „in Ausübung [ihrer] Gewissensfreiheit“ vom katholischen Religionsunterricht abgemeldet werden müssen. Es wird festgelegt, dass in allen Schulstufen mindestens eine Wochenstunde katholischer Religionsunterricht erteilt werden muss; in den Pflichtschulen können bis zu zwei Wochenstunden unterrichtet werden.

Damit genießt die katholische Glaubensgemeinschaft ein weiteres Privileg. Neben der Tatsache, dass der katholische Religionsunterricht italienweit ein curriculares Fach ist, das von den Schulen angeboten werden muss, geht man in Südtirol grundsätzlich davon aus, dass die Schülerinnen und Schüler dieses Fach besuchen, wenn im Zuge der Einschreibung nicht eine Abmeldung erfolgt. Die Abmeldung muss bei der Schuleinschreibung erfolgen und wird dann von der jeweiligen Schule stillschweigend Jahr für Jahr verlängert, sollten nicht in der Zeit der Schuleinschreibungen Änderungen beantragt werden.

Somit ist in Südtirol der katholische Religionsunterricht ein Pflichtfach mit der Möglichkeit der Freistellung und im restlichen Staatsgebiet ein fakultatives Fach, das man in Anspruch nimmt oder nicht.

Staatliche Vorgaben zur Organisation des Alternativunterrichtes

Der italienische Staat hat nach Verabschiedung des Gesetzes Nr. 121 vom 25.3.1985 (neue Lateranverträge) die Aufgabe, die Tätigkeiten festzulegen, welche die Schülerinnen und Schüler, die den katholischen Religionsunterricht nicht nutzen wollen, an seiner statt besuchen.

Mit den Ministerialrundschreiben Nr. 128–131 vom 3.5.1986 werden für die einzelnen Schulstufen (Kindergarten, Grund-, Mittel- und Oberschule) die Rahmenprogramme festgelegt, welche die einzelnen Schulen für diese Kinder bereitstellen müssen. Für die Grundschule sind dies persönlichkeitsbildende Aktivitäten im Rahmen der Werteerziehung und des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Für die Mittelschule werden zusätzlich auch Geschichte und Staatsbürgerkunde vorgesehen.

Eine Reihe von Rekursen, die sich gegen die Verpflichtung richteten, die alternativen Angebote zu nutzten, führten schließlich dazu, dass den Schülerinnen und Schülern, welche den katholischen Religionsunterricht nicht besuchen, von den Schulen, zuerst drei, nunmehr vier Wahlmöglichkeiten unterbreitet werden müssen. Damit besteht für jene Schülerinnen und Schüler, welche den katholischen Religionsunterricht nicht besuchen, grundsätzlich die Notwendigkeit, sich für eine der vier Optionen zu entscheiden: die entsprechenden Schülerinnen und Schüler (a) besuchen alternative didaktische Tätigkeiten, (b) lernen mit Begleitung einer Lehrperson an individuellen Aufgabenstellungen, (c) lernen oder recherchieren ohne Begleitung einer Lehrperson selbständig oder (d) verlassen der Schule.

Inhalte und Planung

Es ist die Aufgabe der Gremien der Schule, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die Planung der verschiedenen Tätigkeiten und Angebote vorzunehmen. Während das Kollegium vor allem für die didaktische Planung zuständig ist, beschließt der Schulrat die nötigen organisatorischen Rahmenvorgaben. Mit eigenem Ministerialrundschreiben (Ministeriale 28 ottobre 1987, n. 316) wird festgelegt, dass das Kollegium für die (a) alternativen didaktischen Tätigkeiten detaillierte Programme schreiben muss. Die ordnungsgemäße Beschlussfassung sieht die Anhörung des Elternrates und des Schüler/-innenrates vor.

Bei der Planung muss das Kollegium darauf achten, dass keine Diskriminierung entsteht. Die alternativen Tätigkeiten für die Schülerinnen und Schüler, die den katholischen Religionsunterricht nicht nutzen, müssen gleichwertig und vergleichbar mit dem Religionsunterricht sein, welchen jene Schülerinnen und Schüler besuchen, die sich nicht haben befreien lassen.

Die Lehrpersonen der alternativen Tätigkeiten müssen im Rahmen der persönlichen Planung ebenfalls darauf achten, dass keine Diskriminierung durch die didaktischen Maßnahmen entsteht.

Für das (b) individuelle Lernen mit Begleitung einer Lehrperson und (c) das Lernen oder Recherchieren ohne Begleitung einer Lehrperson hält die Schule geeignete Räume bereit und regelt die Modalitäten der Schüler/-innenbegleitung. Die Begleitung der Schülerinnen und Schüler sieht keine speziellen Programme vor, da es sich um keine Tätigkeiten mit strukturiertem didaktischen Verlauf handelt. Vielmehr beinhaltet es die Unterstützung der Kinder, das Eingehen auf ihre Bedürfnisse und die Anregung zur Reflexion.

Es ist darauf hinzuweisen, dass die Wahl der Betroffenen, (c) ohne Begleitung der Lehrperson zu lernen oder zu recherchieren, die Schule nicht von ihrer Aufsichtspflicht entbindet.

Auswahl der Lehrpersonen

Bei der Auswahl der Lehrpersonen, welche die alternativen Tätigkeiten unterrichten, ist darauf zu achten, dass diese geeignete fachliche und didaktische Kompetenzen aufweisen. Bei den Sekundarschulen ersten und zweiten Grades (Mittel- und Oberschule) sind die Wettbewerbsklassen gezielt zu wählen (Bsp. Fachlehrer für Philosophie).

Die Schule ist in jedem Fall aufgefordert, die Personen namhaft zu machen, die den entsprechenden Unterricht bzw. die entsprechenden Betreuungsangebote erteilen. Es ist nicht vorgesehen, Kinder während des Religionsunterrichtes in anderen Klassen zu integrieren, damit sie dort von der unterrichtenden Lehrperson mit beaufsichtigt oder mit betreut werden können. Auch darf die vom Gesetzgeber geforderte Lösung nicht aufgrund mangelnder Ressourcen vorenthalten werden. Das Gericht von Padua urteilt in seiner Verfügung vom 30.7.2010, dass es sich bei den Angeboten für die vom katholischen Religionsunterricht befreiten Kinder zwar um fakultative Angebote handelt, jedoch müssten die Schulen diese Angebote bereitstellen; insofern gibt es keine Ermessensspielräume für die Schulen (vgl. Tribunale di Padova, ordinaza del 30 luglio 2010).

Mit Schreiben des Unterrichtsministeriums vom 22.3.2011 (vgl. Nota Miur prot. AOODGPFB 1670 del 22 marzo 2011) wird die Möglichkeit geschaffen, für (a) die alternativen didaktischen Tätigkeiten Personal anzustellen, während für (b) das Lernen mit Begleitung einer Lehrperson an individuellen Aufgabenstellungen und (c) das Lernen oder Recherchieren ohne Begleitung einer Lehrperson die Schule mit dem vorhandenen Personal die nötigen Lösungen suchen muss.

Bewertung

Auch in Bezug auf die Bewertung der alternativen didaktischen Tätigkeiten macht der Gesetzgeber einige Vorgaben. Bereits im Ministerialrundschreiben Nr. 316 von 1987 wird festgelegt, dass die alternativen Tätigkeiten, in Analogie zum katholischen Religionsunterricht, bewertet werden müssen. Dies hat auch das Verwaltungsgericht vom Latium in einer Anhörung von 2011[3] bestätigt.

Die rechtliche Situation in Südtirol

Die rechtliche Situation hinsichtlich des katholischen Religionsunterrichts unterscheidet sich also von der im restlichen Staatsgebiet. Während sich in Italien alle Erziehungsberechtigten bei der Schuleinschreibung klar äußern müssen, ob sie ihr Kind in den katholischen Religionsunterricht einschreiben wollen oder nicht, müssen sich Erziehungsberechtigte in Südtirol nur dann äußern, wenn sie nicht möchten, dass ihr Kind den katholischen Religionsunterricht besucht. Die gesetzliche Begründung dafür, dass „der Religionsunterricht nach althergebrachter Landestradition zu dem unter Wahrung der Zuständigkeiten der Provinz erstellten Erziehungsplan der Schule“ gehört, hat nach wie vor rechtliche Gültigkeit, wenngleich sie meritorisch zu hinterfragen ist (vgl. D.P.R. vom 10.2.1983, Nr. 89). Schon die Tatsache, dass in der Bestimmung nur vom „Religionsunterricht“ die Rede ist und nicht vom „katholischen Religionsunterricht“, lässt erkennen, dass der Geist des Gesetzes ein überholter ist und aus einer Zeit rührt, wo wirklich der Großteil der Bevölkerung bekennende Katholiken waren.

Für einen laizistischen Staat und ebenso für eine laizistische Provinz ist die angebrachtere Vorgehensweise eindeutig jene des Staates. Davon auszugehen, dass Kinder den katholischen Religionsunterricht besuchen, wenn Erziehungsberechtigte sie nicht abmelden, ist nicht mehr zeitgemäß. Tatsächlich sind Schulen (allerdings ohne rechtliche Grundlage) schon dazu übergegangen, im Zuge der Einschreibung bei den Erziehungsberechtigten nachzufragen, ob ihr Kind den katholischen Religionsunterricht besuchen soll oder nicht.

Die entsprechende Abmeldung erfolgt in der Praxis effektiv zeitgleich mit der Schuleinschreibung. Sollten Erziehungsberechtigte es aber versäumt haben, ihr Kind rechtzeitig abzumelden, wird dies in der Praxis unverzüglich angenommen. Unrealistisch erscheint es, wie vom „Leitfaden Religionsunterricht“ vorgesehen, dass „Verzichtserklärungen, die nach Unterrichtsbeginn eingehen [...] nicht rechtens [sind] und [...] somit nicht mehr berücksichtigt werden [dürfen]“.

 

Einvernehmen zwischen der Autonomen Provinz Bozen und der Diözese Bozen-Brixen

Das erste und einzige Einvernehmen zwischen der Autonomen Provinz Bozen und der Diözese Bozen-Brixen wurde mit Beschluss der Landesregierung Nr. 1027 vom 8.9.2015 rechtskräftig. Als Grund dafür, dass das entsprechende Einvernehmen gesucht und unterzeichnet wurde, wird hervorgehoben, dass die Einvernehmen zwischen italienischer Bischofskonferenz und Staat von 1985, 1990 und 2012 „auf Landesebene nicht anwendbar [sind], da für die Autonome Provinz Bozen Sonderbestimmungen gelten“ (Mitteilung des Schulamtsleiters von 5.10.2015). Mit dem Einvernehmen soll also ein rechtliches Vakuum beseitigt werden.

„Das Einvernehmen enthält keine substantiellen Neuerungen, sondern schreibt lediglich die bisherige Praxis in zusammenfassender Art und Weise fest“. Diese unterscheidet sich nicht wirklich von den nationalen Regelungen. So wird festgelegt, dass die Curricula für den katholischen Religionsunterricht vom Schulamt und der Diözese gemeinsam erstellt werden, es aber „ausschließliche Zuständigkeit des Diözesanordinarius [bleibt], ihre Übereinstimmung mit der Lehre der katholischen Kirche festzustellen“. Auch ist „jede Änderung der Jahresstundenkontingente [...] im Einvernehmen mit dem Diözesanordinarius vorzunehmen“ , der auch die Approbation der Lehrwerke vornimmt und die kirchliche Beauftragung (missio canonica) erteilt oder entzieht.

Das Autonomiegesetz

Neue Paradigmen bringt das Gesetz Nr. 59 von 1997 (riforma Bassanini), welches in Art. 21 die Einführung der Schulautonomie vorsieht. Das nachfolgende Dekret des Präsidenten der Republik Nr. 275 vom 8.3.1999 definiert die genauen rechtlichen Rahmen, innerhalb derer sich die autonomen Befugnisse der einzelnen Schulen entwickeln können.

Für Südtirol ist es das Landesgesetz Nr. 12 vom 29.6.2000, welches die entsprechenden Möglichkeiten absteckt. Durch die besagten Bestimmungen erhalten die Schulen Rechtspersönlichkeit und weitreichende Zuständigkeiten. Die autonomen Befugnisse tangieren unterschiedliche Bereiche und betreffen die didaktische Autonomie, die organisatorische Autonomie, die Autonomie der Forschung, der Schulentwicklung und der Schulversuche, die Verwaltungsautonomie und die finanzielle Autonomie. Im Rahmen der Festlegung der Curricula steht es den Schulen frei, die „grundlegenden Pflichtfächer und Tätigkeiten mit frei gewählten Fächern und Tätigkeiten“ zu ergänzen. Damit hat die Schule erstmals die Möglichkeit, neue Fächer einzuführen und entsprechende Curricula festzulegen.

Das Autonomiegesetz bringt also einen wirklichen Paradigmenwechsel. Während bislang die einzelnen Schulen Befehlsempfänger in der untersten Hierarchie der Schulverwaltung waren, haben sie nun Rechtspersönlichkeit und weitreichende Gestaltungsbefugnisse mit entsprechender Ergebnisverantwortung. Wilhelm Humboldts Prinzip von der „Einheit von Lehre und Forschung“ wird im Autonomiegesetz umgesetzt.

Vor diesem Hintergrund sind forthin die bislang geltenden gesetzlichen Vorgaben und Rahmenbedingungen zur Organisation der alternativen Tätigkeiten für die Schülerinnen und Schüler, welche den katholischen Religionsunterricht nicht besuchen, zu interpretieren. Da die Schulen erstmals die Möglichkeit haben, unter Wahrung der autonomen Befugnisse neue Fächer einzuführen, eröffnen sich neue Möglichkeiten. Davon profitieren auch die Schülerinnen und Schüler, welche den katholischen Religionsunterricht nicht besuchen. Bislang war davon die Rede, dass der katholische Religionsunterricht ein ordnungsgemäßes curriculares Fach sei, die alternativen Angebote aber allenfalls „Tätigkeiten“ sein könnten.

Durch die neue Rechtslage und die daraus resultierende Notwendigkeit der Interpretation der vorangegangenen gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich nun für die Schulen die Möglichkeit, für jene Schülerinnen und Schüler, welche den katholischen Religionsunterricht nicht besuchen, ein entsprechendes Alternativfach einzuführen. Im Sinne der Nichtdiskriminierung ist diese Einführung letztlich auch geboten. Wie schon ausgeführt, ist bei der Planung der alternativen Angebote darauf zu achten, dass keine Diskriminierung entsteht; die Angebote müssen in jedem Fall gleichwertig und vergleichbar sein. Da mit Einführung des Schulautonomiegesetzes die Schulen im Rahmen der didaktischen Autonomie und im Rahmen der Autonomie der Forschung und Schulentwicklung die Möglichkeit haben, Fächer einzuführen, muss die Einführung eines Alternativfaches die logische Schlussfolgerung des Gleichheitsgrundsatzes sein. Die Schülerinnen und Schüler, welche den katholischen Religionsunterricht nicht besuchen, haben ein Recht auf ein adäquates, vergleichbares und gleichwertiges Alternativfach. Sie haben ein Recht auf ein Fach mit festgelegtem Curriculum, sie haben ein Recht auf die nötigen Lehrwerke und Lehrmittel, und sie haben ein Recht auf Lehrpersonen mit den nötigen Qualifikationen.

Ich habe 2020 an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Universität Innsbruck mit einer Dissertation zum Thema Ethikunterricht als Chance und Herausforderung: Bestandsaufnahme und kritische Analyse zur Umsetzung an ausgewählten Pflichtschulen deutscher Unterrichtssprache in Südtirol promoviert. Der Beitrag ist ein Auszug aus der Dissertation.

PS

Der Art. 30 des Landesgesetzes Nr. 11 vom 10. Januar 2022 (Bestimmungen in Zusammenhang mit dem Landesstabilitätsgesetz für das Jahr 2022) birgt letztlich keine Neuerungen, aber den Versuch das Alternativfach für Schülerinnen und Schüler verbindlich zu machen.

 
[1] Das Gesetz erachtet die Schülerinnen und Schüler der Sekundarschulen zweiten Grades für ausreichend mündig, um die Entscheidung darüber, ob sie den Religionsunterricht nutzen oder nicht, selbst treffen zu können.
[2] „[...]di scegliere se avvalarsi o non avvalarsi di detto insegnamento“.
[3] Tar del Lazio, Sez. III-bis, sentenza 924/11