Società | kalašnikov&valeriana

Gsunde Watsche

Stammtisch-Einstellungen, die sich vor Gericht wiederholen, in den Medien, im sozialen Umfeld....
Violenza di genere
Foto: tribuna feminista

Erst kürzlich habe ich mich mit einer Freundin in unserem Stammlokal getroffen. Wie dort so üblich, haben sich bald ein alter Freund und seine zwei Kollegen an unseren Tisch gesetzt. Mal alle zusammen, mal in allen möglichen Konstellationen haben wir geplaudert über das Wetter, unsere Familien, unsere Wochenendprogramme … Irgendwann habe ich dann einen Satzfetzen aufgeschnappt: „das eine Mal, wo ich meiner Ex dann eine geschmiert hab“. Das nach Verständnis heischende Geständnis eines der Kollegen, auf das bald ein Chor von Solidaritätsbekundungen und gar Steigerungen („die hätte eigentlich noch viel mehr verdient!“) der anwesenden Männer folgte.

Ich gebe zu: Einen Moment lang war ich einfach platt angesichts dieser Dynamik. Ein Mann „verliert die Nerven“ und weiß sich nur mehr mit Gewalt zu helfen. Ihm schwant, dass das Ganze nicht gerade koscher ist und um seine Gewissensbisse zu besänftigen, sucht er bei seinen Kollegen um Absolution. Und diese Kollegen (Freunde kann man sie ja wahrlich nicht nennen!) erteilen ihm diese Absolution natürlich, er ist ja sonst so ein guter Kumpel und würde ja nie einer Fliege etwas zu leide tun (außer sie provoziert ihn). Ein ganzer Schwall von Verständnisbekundungen, kein einziger kritischer Gedanke von wegen „du hättest einfach gehen sollen, wenn es zu viel war“ oder „eine Watsche ist keine Lösung und ein absolutes No-Go!“. Nein, sogar einer Bestärkung dieser übergriffigen Aktion.

Ich weiß selbst aus Erfahrung und verstehe, dass es manchmal grenzwertige Momente gibt, in denen es schwierig wird, die eigenen Impulse zu kontrollieren. Deshalb heißt meine Rubrik ja auch k&v. Schlage ich mich deshalb buchstäblich durch die Gegend? Nein, das tue ich nicht. Ich habe mir Strategien angeeignet, um nicht handgreiflich zu werden. Würde ich es doch, könnte ich auf einen Freundeskreis zählen, der mich auf mein Fehlverhalten hinweist (und natürlich auch auf eine Gesellschaft, die es besonders nachdrücklich tun würde). Aber ich bin eben eine Frau. Eventuelle Aggressionen meinerseits wurden nicht schon im Kindergarten entschuldigt mit „so sind Jungs eben, die sind einfach körperlicher“. Und erst recht nicht im Erwachsenenalter mit „wenn du so weit gekommen bist, dann wird das schon seine Gründe haben und die Verantwortung dafür liegt zweifelsohne bei der anderen Person“.

Meine lieben Leser und Leserinnen, genau hier liegt der Hase begraben. Eine gsunde Watsche - die gibt es nicht. Keine Form von Gewalt darf entschuldigt werden und die Verantwortung dafür liegt immer und ohne Ausnahme bei jener Person, die sie ausübt. Alles andere nennt sich Schönreden und Relativieren, Verschiebung der Verantwortung von Täter auf Opfer. Eine Stammtisch-Einstellung, die sich vor Gericht wiederholt, in den Medien, im sozialen Umfeld. Und genau diese Einstellung ebnet den Weg für das Phänomen der Gewalt an Frauen. Da können wir noch so viele rote Bänke aufstellen. Solange wir Gewaltepisoden abschwächen, solange wir Gewalt nicht ganz eindeutig verurteilen und nicht klar Position dagegen ergreifen, solange bleibt alles beim Alten: Ein Drittel aller Frauen erlebt im Laufe ihres Lebens körperliche oder sexuelle Gewalt durch einen Mann und allein in Italien wird alle 2 bis 3 Tage eine Frau von einem Mann (zumeist ihrem Partner oder Ex-Partner) getötet.

Wir machen uns zu Komplizen, indem wir wegschauen, entschuldigen, abschwächen.

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Salto User
Günther Alois … Mar, 11/08/2022 - 09:48

Ein Mann der eine Frau "schlägt",sollte über sein eigenes erbärmliches ICH nachdenken! Zudem Erniedrigungen auch in sprachlicher Form sind unterste Schublade! Solche Verhaltensweisen gegenüber einer Frau,sind in keiner Weise zu rechtfertigen! Frauen wehrt euch,und zeigt im Falle die Männer an!

Mar, 11/08/2022 - 09:48 Collegamento permanente