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„Die Partei gibt die Themen vor“

SVP-Obmann Philipp Achammer schreibt an die SVP-Funktionäre. Es ist ein Versuch auf dem gefährlich dahin schlitternden SVP-Schiff wieder das Steuerruder zu übernehmen.
SVP-Sitz
Foto: Othmar Seehauser
Manchmal müssen ein Parteiobmann und sein Landessekretär selbst am zweiten Adventssonntag arbeiten. Vor allem dann, wenn es darum geht, das arg in Seenot geratene SVP-Schiff wieder in ruhigere Fahrwasser zu manövrieren.
Am Sonntagabend gegen 18.30 Uhr komplettierte Stefan Premstaller auf seinem Computer ein Schreiben von Philipp Achammer an die Ortsobfrauen und Ortsobmänner, die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und Mitglieder im Parteiausschuss.
Das knapp zweiseitige Schreiben ist ein Art Gegenreaktion auf dem unerwarteten Brief, mit dem sich Landeshauptmann Arno Kompatscher vor zehn Tagen an die SVP-Basis gewandt hat, um seine Wiederkandidatur für die Landtagswahlen 2023 anzukündigen. Kompatscher hat in seinem Schreiben sehr energisch darauf hingewiesen, dass es einen Richtungswechsel und einen Neustart in der SVP brauche.
Jetzt hat auch der SVP-Obmann seine Botschaft an die Parteibasis verkündet. Es ist ein Aufruf zur Geschlossenheit.
 

Achammers Brief

 
In dem Schreiben von Philipp Achammer heißt es:
 
„In den vergangenen Wochen hat die Zuspitzung innerhalb unserer Partei ein Ausmaß erreicht, welches nicht mehr akzeptabel ist. Ich denke wir sind uns alle einig, dass es so nicht mehr weitergehen kann.
Vor allem die Polarisierung zwischen scheinbar verschiedenen Lagern, welche von einigen immer wieder angetrieben wird, hat uns im heurigen Jahr ganz massiv geschadet. Eine Sammelpartei, welche von verschiedenen Richtungen lebt, kann dies nicht hinnehmen. Ich wiederhole das, was ich bereits im September im Rahmen der Landesversammlung gesagt habe: Wer aufrichtig für das Land und die Partei arbeitet, hat es nicht verdient, in ein Eck gedrängt zu werden. Das dürfen wir alle gemeinsam nicht mehr akzeptieren! Der gegenseitige Respekt ist Grundvoraussetzung, jede und jeder ist mit ihrer bzw. seiner Meinung ernst zu nehmen. Niemand wird stärker, weil der andere schwächer wird! Das ist nicht unser Stil.
Wir brauchen jetzt eine Erneuerung von der Basis auf - davon bin ich als Parteiobmann mehr denn je überzeugt! Wir brauchen einen Neustart!
Selbstverständlich sind im Raum stehende Vorwürfe zu klären, in jeglicher Angelegenheit!
Wir alle sind gefordert, Korrektheit und Professionalität zu beweisen. Selbstverständlich sind im Raum stehende Vorwürfe zu klären, in jeglicher Angelegenheit! Weil mir in den vergangenen Tagen mangelnde Transparenz vorgeworfen wurde, werde ich etwa in der aktuellen Spendendiskussion erneut sämtliche Details und Zusammenhänge innerhalb der Partei umfassend offenlegen.
 
 
 
Darüber hinaus habe ich am 28. November der SVP-Leitung einen Vorschlag für einen Verhaltenskodex vorgelegt, welcher noch vom Parteiausschuss zu genehmigen ist. Interessenskonflikte sollen dadurch benannt und vermieden werden, Loyalität und Kollegialität werden eingefordert, jegliche nachgewiesene Weitergabe von internen Informationen oder Unterlagen zum Schaden der Partei wird sanktioniert.
Ich rufe ausnahmslos alle dazu auf, sich selbst, eigene Befindlichkeiten und Wehleidigkeit, im Interesse des Landes und unserer Partei ein Stück weit zurückzunehmen.
Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes haben ganz andere Sorgen als unsere internen Diskussionen öffentlich mitzuverfolgen. Deshalb müssen wir mit euch, mit der Parteibasis, laufend an Antworten auf die aktuellen Fragen und Herausforderungen arbeiten, denn die Zeiten sind unruhiger denn je. Die Partei gibt die Themen vor! Daher werde ich im Rahmen der morgigen Parteileitungssitzung einen Vorschlag für eine entsprechende Vorgehensweise vorlegen, so dass wir im Jänner des neuen Jahres ein starkes inhaltliches Signal geben können.
Abschließend rufe ich ausnahmslos alle dazu auf, sich selbst, eigene Befindlichkeiten und Wehleidigkeit, im Interesse des Landes und unserer Partei ein Stück weit zurückzunehmen. Wir haben die Aufgabe diese nach wie vor stolze Partei in eine gute Zukunft zu führen! Nehmen wir diese Aufgabe ernst!
Ich bedanke mich bereits Voraus für eure Unterstützung und euer Vertrauen.“
 

Zellers Angriff

 
Es ist sind vor allem die Aussagen seines ehemaligen Obmann-Stellvertreters Karl Zeller in einem Tageszeitung-Interview, die Philipp Achammer sichtlich zusetzen. Denn der SVP-Obmann hat sich durch sein Verhalten im sogenannten Spendenskandal selbst in die Nesseln gesetzt. Seine absolute Distanzierung von den Vorgängen rund um die Spenden im SVP-Wahlkampf 2018 und sein angebliche Unkenntnis über die Finanzierung und die Verteilung der Gelder im SVP-Wahlkampf ist selbst für Außenstehende kaum verständlich. „Es gibt Dokumente, die genau diese Version eindeutig wiederlegen“, heißt es aus der Volkspartei.
 
 
 
Auch deshalb dürfte der SVP-Obmann nochmals in den Parteigremien zu den Parteispenden Stellung beziehen. Zudem will Philipp Achammer heute auf der Parteileitung den Fahrplan vorlegen, wie man aus dieser Krise kommen kann. Der SVP-Obmann will sichtlich das Heft des Handelns wieder in die Hand nehmen.
Das Endziel ist eine Art energetische Sanierung unterm Edelweiß. Genau diese findet derzeit am Parteisitz in der Bozner Brennerstraße statt. Dort bringt man einen sogenannten „cappotto“ an.
Das hilft auf jeden Fall, sollte der Wind noch eisiger werden.

 

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G. P. Lun, 12/12/2022 - 12:00

"Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes haben ganz andere Sorgen als unsere internen Diskussionen öffentlich mitzuverfolgen."
Wieso? Das stimmt doch gar nicht! Wir Bürger unterhalten uns doch köstlich bei diesem Schmierentheater ...

Lun, 12/12/2022 - 12:00 Collegamento permanente
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△rtim post Lun, 12/12/2022 - 12:01

"Manchmal müssen ein Parteiobmann und sein Landessekretär selbst am zweiten Adventssonntag arbeiten." War gestern, Sonntag, 11. Dezember 2022, aber nicht der 3. Advent?
Aber wie auch immer: "Neustart" war ja auch mal schon 2013 die Losung, ebenso selbstauferlegte Amtszeitbeschränkung.
Mal schauen, was nun 2023 rauskommt.

Lun, 12/12/2022 - 12:01 Collegamento permanente