Politica | Sanität

„Das ist der falsche Weg“

Der ehemalige Primar und Landtagsabgeordnete Franz Ploner über die Finanzierung privater Sanitätsstrukturen und den Fall der neuen Brunecker Privatklinik Sanitas.
Franz Ploner
Foto: Team K
Salto.bz: Herr Ploner, Sie waren vor Ihrer Pensionierung Primar und Leiter des Krankenhauses Sterzing. Warum eröffnen Sie nicht auch eine Privatklinik?
 
Franz Ploner: (lacht) Nein, ich mache sicher keine Privatklinik auf. Ich sitze im Landtag und sehe mich dort als Arbeiter.
 
Die Privatklinik Sanitas in St. Georgen macht aber augenscheinlich, dass es sich in Südtirol auszahlt in die private Sanität einzusteigen?
 
Es scheint für einige Wenige finanziell attraktiv zu sein. Nein, ich war und bin immer für eine öffentliche Gesundheitsversorgung. Jeder und jede, die Steuern zahlen, haben auch das Anrecht auf ein steuerfinanziertes Gesundheitssystem. Zudem müssen auch jene darin aufgefangen werden, die nichts zahlen können. Das muss das politisches Ziel sein.
 
Sie sagen immer wieder: Die Entwicklung in der Südtiroler Sanität geht in die falsche Richtung?
 
Ja. Es geht einfach zu vieles in Richtung Privatmedizin. Wenn man einen Termin vormerken muss und es dringend ist, muss man sich privat versorgen. Nur so kann man die unmöglich langen Wartezeiten umgehen. Wir machen genau die Entwicklung durch, die es auch in ganz Norditalien oder in anderen Ländern wie etwa in England gegeben hat. Also, wenn wir so weitermachen, brechen die öffentlichen Strukturen zusammen. Das darf nicht sein.
Wenn wir so weitermachen, brechen die öffentlichen Strukturen zusammen.
Dafür floriert das Geschäft mit der Privatmedizin: Das Unternehmen Sanitas Klinik wurde vom Land bereits in der Planungsphase mit fast 2 Millionen Euro finanziert?
 
Da frage ich mich: Ist das überhaupt rechtlich möglich? Wie kann das sein? Da kann doch jeder so etwas machen. Oder nur weil es entsprechende Personen gibt, die das erlauben. Aber ich kann doch nicht eine Finanzierung vornehmen, ohne zu wissen was daraus wird. Zudem hat man bereits vorab den Betreibern eine Konventionierung von Betten zugesichert.
 
 
 
 
Die Sanitäts-Klinik wurde am 28. Dezember 2022 eröffnet. Über einen Monat zuvor, hat die Privatklinik mit dem Sanitätsbetrieb einen Vertrags „für stationäre Krankenhausbetreuung in direkter Form und Betten für Intermediärbetreuung“ abgeschlossen. Für die 35 Betten sind eine Ausgabe von bis zu 332.433,20 Euro für das Jahr 2022 und bis zu 3.037.558,90 Euro für das Jahr 2023 vorgesehen. Wie geht das?
 
Ich verstehe nichts mehr. Denn in dieser Privatklinik werden vor allem Betten für Intermediärbetreuung angeboten. Hier muss man aber eine ganze andere Leistungserbringung betrachten. Das sind sogenannte Übergangsbetten. Wenn jemand also im Krankenhaus entlassen wird aber noch nicht heimgehen kann. Solche Betten sind eigentlich in Alters- oder Pflegeheimen geplant. Aber da ist keine große medizinische Leistung dahinter.
 
18 Betten sind dafür in St. Georgen konventioniert. Dazu kommen noch 11 Betten für die „postakute Langzeitpflege“ und sechs für die „postakute Rehabilitation“.
 
Für diese Reha-Betten wir eine klare Leistungsvereinbarung getroffen. Hier müssen physiotherapeutische Leistungen erbracht werden und es gibt klare Qualitätskriterien. Genauso ist es für die Betten in der Langzeitpflege. Aber bei den Intermediär-Betten gibt es mehr oder weniger nichts.
 
Die Sanitas GmbH hat auch einen weiteren Mietvertrag mit dem Sanitätsbetrieb abgeschlossen. Rund 300 Quadratmeter für die Kinder Reha-Abteilung?
 
Die Kinder-Reha ist vorwiegend eine ambulante Tätigkeit und diese gehört normalerweise in ein Krankenhaus. Dort arbeitet man kaum stationär. Meiner Meinung nach muss diese Abteilung im Brunecker Krankenhaus angesiedelt sein. Denn dort habe ich ja bereits alle ambulanten Strukturen.

Die offizielle Begründung für diese Aussiedlung: Es ist nur eine temporäre Lösung, weil das Krankenhaus Bruneck umgebaut wird?
 
Das ist ein Blödsinn. Denn im Krankenhaus Bruneck wurde in der Zwischenzeit Betten geschlossen. In der Traumatologie gab es früher über 50 Betten und jetzt sind es nur mehr um die 30. Also hat man dort relativ viel Platz frei. Allein deshalb muss es möglich sein, diesen Dienst dort anzusiedeln. Wenn man will. Und nicht die Abteilung auszulagern.
Ja, braucht man für den Umbau im Brunecker Krankenhaus 9 Jahre?
Der Mietvertrag gilt für neun Jahre?
 
Das ist der nächste Skandal. Neun plus neun Jahre läuft der Vertrag. Ja braucht man für den Umbau im Brunecker Krankenhaus 9 Jahre?
 
Ist dieses Arrangement nicht nur ein weiteres Zeichen dafür, dass die Politik immer deutlicher in Richtung private Sanität gehen will?
 
Es scheint so zu sein. Entweder ist man nicht in der Lage, die öffentlichen Strukturen gut aufrecht zu erhalten oder es fehlt so sehr an Personal, dass man gewisse Dienste nicht mehr ausführen kann. Doch es ist ein Teufelskreis. Mit dem Aufbau solcher privater Strukturen wird der Personaldruck auf die öffentlichen Strukturen noch größer. Die Leute gehen weg. In der Sanitas werden Physiotherapeuten arbeiten. Diese entziehen wir damit aber den öffentlichen Strukturen. Das ist für mich nicht der richtige Weg.
 
 
 
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Karl Trojer Mer, 01/11/2023 - 10:02

Massnahmen für die allgemeine Gesundheit müssen weitestgehend in öffentlicher Hand bleiben. Private Initiativen hierzu können nur profit-orientiert handeln und damit kämen, früher oder später, minderbemittelte Menschen unter die Räder.

Mer, 01/11/2023 - 10:02 Collegamento permanente