Società | Feindbilder

Feindbilder der heutigen Gesellschaft

Der Wolf ist das Feindbild der TierhalterInnen, die KlimaaktivistInnen jene der AutofahrerInnen... Aber was steckt dahinter, dass wir das so wahrnehmen?
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
Nein zum Wolf
Foto: Thaler Klaus

Jede und jeder kennt die Feindbilder der heutigen Zeit. Der Wolf als Feind der TierhalterInnen, die KlimaaktivistInnen gelten als Feinde der AutofahrerInnen, der Borkenkäfer als Feind des Waldes und der Bär als Feind der ImkerInnen und es gibt viele weitere Beispiele. Schauen wir jedoch näher hin, entdecken wir, dass es eigentlich gar keine Feinde gibt, sondern einfach Probleme vorherrschen, die überwunden werden müssen, falls möglich.

Betrachten wir zuerst den Wolf und den Bär, die immer wieder Schaden anrichten. Diese beiden Tierarten sind nicht per se unsere Feinde, sie werden erst von uns dazu gemacht. Früher gab es noch viele dieser Tiere, bevor sie in unserem Raum ausgerottet wurden. Die Menschen haben dann begonnen, sich an das Leben ohne diese Beutegreifer zu gewöhnen und haben eine Kulturlandschaft geformt, die heute keinen Platz mehr für Wolf und Bär zulässt, obwohl es genug Beutetiere in Form von Wildtieren geben würde. Das Problem hier ist vor allem jenes, dass jedes Raubtier die einfache Beute bevorzugt und da sind eingezäunte und zahme Schafe und Ziegen sowie auch Bienenstöcke das Beste, was einem Wolf oder Bär passieren kann. Ohne viel Aufwand werden sie satt. Es gibt auf den Weiden nicht mehr die vielen Hirten, die Tag und Nacht auf die Tiere schauen, weil sich unser Leben verändert hat, hin zu einem, bei dem wir meist mit anderen Dingen beschäftigt sind. Der Abschuss der Problemwölfe und Problembären wird wahrscheinlich nicht die Lösung sein, da sich dadurch unsere Lebensweise nicht ändert und immer neue Raubtiere durch unser Land streifen werden, abgesehen davon, dass die Definition der Problemtiere sehr schwierig sein wird.

Da zweite Beispiel sind die KlimaaktivistInnen, die sich auf die Straße kleben und die AutofahrerInnen "gefährden" und unseren Alltag durcheinander bringen. Anstatt sich zu beklagen und sie zu beschuldigen, sollten wir uns lieber fragen, was diese meist jungen Menschen dazu treibt, solche Aktionen durchzuführen. Ich bin auch noch zu jung, aber ich habe auch Dokumentationen über die Anti-Atomkraft-Bewegung gesehen, die die Transporte der Atomabfälle blockierten und über die AktivistInnen, die sich an Bäume gekettet haben, um einen Wald zu retten. Stellen wir uns vor, diese AktivistInnen hätten nur versucht mittels Briefverkehr einen Wandel in unserer Gesellschaft zu erreichen, wo wären wir dann heute? Ich glaube kaum, dass das von sich reden gemacht hätte. Die Leute sind in ihren Gewohnheiten gefangen und brauchen manchmal einfach einen Weckruf, damit sie die Probleme, die sie selbst verursachen, überhaupt wahrnehmen. Natürlich gibt es immer sparsamere Fahrzeuge, Elektrogeräte und Werkzeuge, aber wenn wir immer mehr davon besitzen, verbrauchen wir zum Schluss wieder gleich viel oder sogar mehr als davor. Früher hatte eine Familie ein Auto, heute besitzen die meisten Familien mindestens zwei. Dasselbe kann bei den Fernsehern beobachtet werden, die immer häufiger in einer Wohnung vorkommen. Natürlich werden sie sparsamer im Verbrauch, aber auch immer größer und verbrauchen somit doch wieder mehr Strom.

Das letzte Beispiel ist eher speziell, nämlich der Borkenkäfer als Feind des Waldes. Eigentlich ist der Borkenkäfer gar nicht der Feind des Waldes, sondern viel mehr ein Teil davon. Das Problem sind vor allem die Monokulturen von Fichten in unseren Wäldern, die die größten Schäden davontragen. Schuld hat hier weder der/die FörsterIn von heute, noch der/die derzeitige WaldbesitzerIn, denn diese haben die Bäume, die jetzt befallen werden, meist nicht gesetzt. Es ist noch das Erbe der Holzwirtschaft von vor vielen Jahren und vielleicht eine im Nachhinein gesehen, schlecht geplanten Aufforstung. Zusätzlich kommt auch der Klimawandel ins Spiel, der die idealen Voraussetzungen für die Borkenkäfer liefert, indem er die Bäume bereits schwächt (Trockenheit, warme Temperaturen im Winter usw.) und somit anfälliger macht. Das Zusammenspiel vieler Faktoren machen den Borkenkäfer zu einem derzeit großen Schädling, aber ich bin sicher, dass sich unser Wald erholt und vielleicht in eine gesündere, gemischtere Zukunft schaut, auch wenn es momentan braun aussieht.

Also sollten wir nicht immer gleich Feindbilder erstellen, das machen bereits genügend andere, wie Herr Trump, für den jede und jeder Andersdenkende schon sein Feind ist und der nur seine Wahrheit kennt. Bevor wir selbst von solch populistischen Bildern vereinnahmt werden, sollten wir oft selbst darüber reflektieren, was wirklich dahinter steckt und ob wir nicht selbst auch etwas tun sollten, um unsere Gesellschaft in eine Bessere zu verwandeln.

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Johannes Engl Ven, 02/03/2023 - 23:05

Sehr gut beschrieben. Eine umfassendere, differenziertere Sichtweise würde uns bei allen Problemstellungen gut tun.
Gewisse Medien wechseln die Feinbilder wie sie Schützen ihre Schießscheiben, wenn sie zu sehr durchlöchert sind. Oder wie ist es möglich, dass der Bär welcher im vergangenen Jahr unsere größte Bedrohung war, nun plötzlich den Wölfen weichen musste? Wäre ich der Bär, dann wäre ich beleidigt, so "mir nichts dir nichts" von den Titelseiten verräumt zu werden. Obwohl ich alles gleich mache wie vorher.

Ven, 02/03/2023 - 23:05 Collegamento permanente