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SoilDiv: was sagt die Boden-Studie wirklich aus?

SoilDiv ist ein Forschungsprojekt von EURAC und Universität Innsbruck, in dem Kultur- und Naturflächen auf ihre biologische Wertigkeit hin untersucht wurden.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.

Da die Ergebnisse noch nicht publiziert sind, habe ich die AutorenInnen um die provisorischen Daten gebeten, die sie uns auch dankenswerterweise zur Verfügung stellten. Die bisherigen Ergebnisse der Studie beruhen primär auf quantitativen und nicht auf qualitativen Messungen: Erhoben wurden Abundanzwerte (= Anzahl von Organismen) bzw. Biomasse der Bodenmakrofauna pro Quadratmeter auf Ordnungsniveau („Käfer“, „Ameisen“ usw. von 30 verschiedenen Taxa). Eine detaillierte qualitative Auswertung für zwölf Tiergruppen ist in Ausarbeitung, d.h. erst nach einer Bestimmung der Organismen auf Artniveau kann darüber Auskunft erteilt werden, wie die Bodenfauna im Einzelnen zusammengesetzt ist, also welche Arten von Regenwürmer, Hundert- und Tausendfüßer, Käfer und Ameisen in den untersuchten Böden leben.

In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass die Quantität auf Gruppenniveau nur ein unzureichendes Kriterium ist um den naturkundlichen Wert einer Fläche zu bemessen. Es gibt viele natürliche Lebensräume die sehr arm an Biomasse sind, aber in der europäischen Naturschutzpraxis als äußerst wertvoll eingestuft werden. Die alpinen Rasen oberhalb der Waldgrenze sind wohl das beste Beispiel hierfür, beherbergen sie doch eine Vielzahl jener Organismen zu deren Erhalt hierzulande eigens Naturparks ausgewiesen wurden. Für eine umfassende Beurteilung sind jedenfalls Bestimmungen auf Artniveau erforderlich.


Die wichtigsten, für eine differenzierte Auswertung und Aussage unabdingbaren Ergebnisse sind:

  • Es besteht ein signifikanter Unterschied zwischen den Landnutzungstypen, also zwischen einem Wald, einer Wiese oder einem Acker.
  • Außerdem haben Wasser- und Humusgehalt, Hangneigung und Seehöhe Einfluss auf die unterirdische tierische Biomasse und Abundanz.
  • Signifikante Unterschiede von Bewirtschaftungsvarianten (z.B. Einsatz von Herbiziden, Düngereinsatz, Düngertyp) konnten jedoch nicht nachgewiesen werden, weil sie nicht untersucht wurden. Das heißt, dass die Studie keine direkte Aussage darüber liefert ob sich eine Variante negativ oder positiv auswirkt oder neutral ist. Indirekte Rückschlüsse über die Auswirkung einer bestimmten Wirtschaftsweise lässt die Studie aber sehr wohl zu, v.a. durch den Vergleich mit anderen Forschungsergebnissen.

Im Obstbau waren die Abundanzwerte auf biologisch bewirtschafteten Flächen signifikant höher als in konventionell bewirtschafteten. Das heißt, auf biologisch bewirtschafteten Flächen kommt eine größere Anzahl von Organismen vor als auf konventionell bewirtschafteten.
Als Ursachen für die höheren Abundanzwerte beim Bio-Obstbau kommen z.B. der Herbizidverzicht (stattdessen Bürsteneinsatz) bzw. Verzicht auf synthetische Pflanzenschutzmittel und die organische Düngung in Frage. Betrachtet man nur die Biomasse, ist im Obstbau kein Unterschied zwischen biologisch und konventionell bewirtschafteten Flächen auszumachen. Dies ist nicht weiter verwunderlich: Den Hauptanteil der Biomasse machen Regenwürmer aus. Sie finden durch das Mulchen der Fahrgassen und die Bewässerung so gute Bedingungen, dass etwaige Schäden durch Pflanzenschutzmittel aufgrund ihrer großen Toleranz nicht sichtbar werden.

Im Weinbau konnte ein signifikanter Unterschied zwischen bio und konventionell weder bei Abundanz noch bei Biomasse festgestellt werden. Dass beim Weinbau kein Unterschied zwischen bio und konventionell gefunden wurde, ist mit den äußerst heterogenen Bewirtschaftungsvarianten im Weinbau zu erklären. Da gibt es neben den „Klassikern“ noch Konventionelle, die nicht düngen, Biologische, die jede zweite Fahrgasse umbrechen und z.B. Leguminosen anbauen oder aber Konventionelle, die mit Mist/Kompost düngen usw.

Insgesamt lässt sich sagen, dass sich die einzelnen Flächen einer Landnutzung sehr stark unterscheiden – die Bewirtschaftung hat einen großen Einfluss (auch innerhalb einer Landnutzung).
Herbizide töten den Pflanzenbewuchs komplett ab, während er beim Bürsteneinsatz zur Verwertung durch die Regenwürmer immer noch geeignet ist. Gemulchter Boden bietet bessere Bedingungen für Bodenorganismen als offener Boden. Der direkte toxische Effekt von Glyphosat (z.B. Roundup®) auf Regenwürmer ist sehr gering. Effekte beobachtet man erst bei Konzentrationen, die ein Vielfaches über den normalerweise verwendeten liegen. Solche Untersuchungen wurden aber nicht für alle Bodentiergruppen durchgeführt, sind daher nicht allgemein verfügbar.
Gülle an sich ist nicht negativ – das entscheidende ist die Verdünnung, mit der sie appliziert wird. Unverdünnte Gülle ist für Regenwürmer stark reizend, bei einem Verhältnis Wasser zu Gülle von 1:1 können noch Schäden auftreten, ab 1:2 ist die Wirkung für die Bodenorganismen noch tolerierbar und ab 1:3 stellt Gülle für die meisten Bodenorganismen kein Problem mehr dar.
Das Bodenleben auf Äckern profitiert von Bodenbedeckung (z.B. Zwischen- und Winterfrüchten) und von Minimalbodenbearbeitung: es wird weniger beeinträchtig, je weniger direkte mechanische Schäden einwirken und je mehr Bodengefüge bestehen bleiben kann (z.B. Regenwurm-Gangsystem).
Fazit der Recherchen: Wer komplexe Studienergebnisse auf einfache Aussagen herunterbrechen möchte, für den ist größte Vorsicht geboten!

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DervomBerge Tratzer Dom, 07/13/2014 - 13:42

Lieber Andreas,

Auch ich habe bereits daran gedacht Daten dieser Studie anzufordern, da sie noch nicht publiziert ist.
Dennoch wurde diese Studie vom Bauernbund unter mitwirken von Arnold Schuler bereits instrumentalisiert (siehe Vinschger Lokalzeitung VinschgerWind/der Vinschger). Sie haben es so ausgelegt, dass die Böden vom biologischen Landbau nicht besser seien als die des konventionellen ('integrierten') Landbaus, um so 'sachliche' Argumente gegen den Widerstand der BürgerInnen v.a. in der Gemeinde Mals zu liefern.

Das würde jedoch meinem gesamten Wissen über Ökologie, Tierökolgie und Bodenkunde wiedersprechen. Du bringst das ja öfters in deinem Artikel auf den Punkt: "Dass beim Weinbau kein Unterschied zwischen bio und konventionell gefunden wurde, ist mit den äußerst heterogenen Bewirtschaftungsvarianten im Weinbau zu erklären..."

Zum Glyphosat und der Wirkung auf Bodenorganismen kann ich die Studie von Bruckner et al. (Institut für Zoologie, Boku Wien) empfehlen, eine der wenigen unabhängigen, die eine negative Auswirkung des Wirkstoffes auf Bodenorganismen aufzeigt.

Danke für den Artikel, werde die Studie weiterverfolgen

Dom, 07/13/2014 - 13:42 Collegamento permanente