Politica | Rechnungshof

Fürstliche Rechnung

Die Aufarbeitung der Durnwalder-Ära hat begonnen: Muss der "letzte Patriarch" zu Unrecht 385.000 Euro zurückzahlen?

Rund eineinhalb Jahr nach dem Abgang von Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder beginnt die Aufarbeitung seiner Ära so richtig in die Gänge zu kommen. Der Auftakt wurde bereits bei den Bozner Filmtagen gemacht. Kaum ein Film regte dort nach der Vorführung zu so regen Diskussionen an, wie „Der letzte Patriarch“, das Porträt, das der Pusterer Filmemacher Georg Tschurtschenthaler über die letzten Jahre der Regentschaft Durnwalder gemacht hat. Was hat der letzte Fürst mit Südtirol und den Südtirolern gemacht – und warum konnte er es so ungehindert machen? Fragen, die sich im von Machiavelli-Zitaten bereicherten Filmporträt genauso aufdrängen wie nach dem Rechnungshof-Urteil gegen den Landeshauptmann.

Nicht nur der Alt-Landeshauptmann selbst kann  nicht nachvollziehen, was an seine Spenden aus dem Fonds unrechtmäßig gewesen sein soll. „Eine Riesen-Schweinerei, einen Mann der so viel Gutes für Südtirol bewirkt hat, nun so fertig zu machen“, ist eine der Reaktionen aus dem Volk, die RAI Südtirol am Tag nach dem Urteil eingefangen hat. Interessant aber auch die anderen Stimmen, die im öffentlichen Rundfunk zur Causa Stellung nehmen.

Klar vor seinen Vorgänger stellt sich dabei Landeshauptmann Arno Kompatscher. Für ihn ist die Verurteilung von Luis Durnwalder zur Rückzahlung von mehr als 385.000 Euro nicht nur „nicht nachvollziehbar“, sondern auch beunruhigend. Denn Kompatscher selbst sieht sich zwar nach der Abschaffung des Sonderfonds und der Neuregelung  von Repräsentationsausgaben extrem rigorosen Regeln gegenüber, die „das Arbeiten auch nicht leichter machen“, wie er meint. Allerdings unterstreicht Kompatscher, dass Durnwalder schließlich immer auf Grundlage des damals bestehenden Gesetzes gehandelt habe. „Und es ist schwierig zu handeln, wenn man nicht weiß, ob ein Gesetz nachträglich von einem Gericht für nicht gut befunden wird“, gibt er zu bedenken.

Unterbergers Beruhigung

Diesbezüglich kann die Rechtsanwältin und frühere Landtagspräsidentin Julia Unterberger jedoch beruhigen. Allerspätestens nach einem Urteil des Kassationsgerichtshofes im Jahr 2009, das eine Reaktion auf die sizilianische Sonderfonds-Affäre war, müsste auch Durnwalder und seinen Beamten klar geworden sein, dass Spenden aus dem Sonderfonds nicht rechtmäßig sind, erklärt sie.  Sie selbst hat 2013 als damalige Landtagsvize-Präsidentin den Gesetzesvorschlag zur Neuregelung der Materie  eingebracht. „Und zwar gegen den Widerstand bestimmter Beamten“, wie sie heute noch einmal erinnert.

Beruhigen kann die Anwältin aber auch den Alt-Landeshauptmann, der sich nun fragt, ob er selber dumm war, jeden 50-er, den er aus dem Fonds verteilte, fein säuberlich zu dokumentieren. „Das war seine Rettung“, sagt Julia Unterbeger. „Denn ohne diesen mildernden Umstand wäre ihm Vorsatz statt grobe Fahrlässigkeit angelastet worden.“ Damit hätte auch die Verjährung nicht gegriffen und das Urteil hätte voraussichtlich rückwirkend auf die vergangenen 25 Jahre gegolten.

Heiss' Selbstkritik

Warum aber kann Luis Durnwalder bis heute nicht begreifen, dass man Landespersonal nicht einfach als Bedienung in der Laimburg einsetzen kann und ihm danach noch ein kleines Trinkgeld zustecken kann? Warum hat ihn keiner seiner Beamten darauf hingewiesen, warum hat auch die Opposition nicht genauer auf die „fürstlichen Apanagen geschaut“, wie sie der Grüne Hans Heiss in einer mittäglichen RAI-Diskussion zum Thema bezeichnet? „Selbstverständlich hätten wir lauter trommeln sollen“, gab sich der Landtagsabgeordnete dort auch durchaus selbstkritisch. „Doch irgendwie war man an den Stil auch gewöhnt und hatte keinen Überblick über das volle Ausmaß der Spendenkultur.“ Dass es dem Landeshauptmann dabei nicht nur um Soziales ging, sondern auch darum ein günstiges Klima für sich selbst zu schaffen, liegt für Heiss auf der Hand. Genauso wie die Tatsache, dass es in Südtirols Gesellschaft als selbstverständlich gesehen wird, von Politikern Spenden einzufordern. Als Oppositionspolitiker habe man solche Trinkgelder oder kleine sozialen Hilfestellungen jedoch seit jeher aus eigener Tasche beglichen, sagt Heiss. „Und da geht es um Summen zwischen 600 und 1000 Euro im Monat.“

Wer diese erhält und wer nicht, kann Heiss in dem Fall klarerweise selbst entscheiden. Dass dieses Gutdünken bei öffentlichen Mitteln eben keiner modernen Verwaltung, sondern tatsächlich dem Gebaren eins Fürsten entspricht, ist genau der Punkt, den auch Durnwalder irgendwann einmal einsehen müsste, meint Julia Unterberger. Für sie ist das Urteil des Rechnungshofes rechtlich absolut nachvollziehbar. Menschlich stellt aber auch sie die Frage, wieso alle - inklusive  Rechnungshof-  dem Gebaren all die Jahre ohne Widerspruch zugesehen haben. Doch die Aufarbeitung der vergangenen 25 Jahre hat schließlich erst begonnen.

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Ulrich Ladurner Ven, 05/15/2015 - 12:00

Mich erstaunt nicht so sehr die Tatsache, daß der Rechnungshof all die Jahre ohne Widerspruch zugesehen hat wie der Alt-Landeshauptmann seinen Sonderfond gehandhabt hat, sondern vielmehr die Tatsache, daß ihn nun niemand der 1000 und aber1000en Spendenempfänger verteidigt und sagt, daß sie sich sehrwohl über das Trinkgeld gefreut haben, um damit den vielen "freiwilligen" (auf die wir ja so stolz sind) Musikanten, Feuerwehrleuten, Maturanten, Sozialbetreuern und innen, Schuhplattler undundund einen Umtrunk zu spendieren.
P.S. zu erwähnen wäre obendrein, daß der Durnwalderfilm unglaublich schwach ausgefallen ist.........

Ven, 05/15/2015 - 12:00 Collegamento permanente
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Sepp.Bacher Ven, 05/15/2015 - 14:32

Durnwalder scheint wirklich ein bisschen unter Realitätsverlust zu leiden; z. B. hat er bei einem Kommentar gestern im Radio gemeint, er könne nicht verstehen, dass ihm Rechnungshof und Gericht jetzt in dieser Angelegenheit noch verfolgen und nur ihn!? Warum können sie seine geleistete Arbeit nicht Wert schätzen und anerkennen? (Was erwartet er da von einem Gericht?!)
Warum jetzt und warum ich? Diese Frage kommt mir so vor, als wenn ich z. B. öfter mal mit mehr als 0,5 Promille Auto fahre und nie kontrolliert werde - andere noch viel öfters - und ich mir das in der Folge zur Gewohnheit mache. Einmal werde ich dann angehalten und muss blasen - und dann bin dran! Kann ich dann sagen, warum habt ihr mich nicht früher kontrolliert und warum kontrolliert ihr nicht auch die anderen?
Ich finde gut, wenn Rispoli und Schülmers auch die hohe Politik kontrolliert und bestimmte Personen kein Tabu mehr sind!
Zu den Unterstützungskommentaren von Kompatscher und Achammer: Es zeigt sich immer deutlicher, dass da wirklich nichts Neues nachgekommen ist. Die Denkweise ist gleich geblieben. Man hat immer von neuem Stil und neuen Gesichtern geredet; und das ist es auch: neue, jüngere Gesichter und eine neues Haar-Styling. Bitter!!

Ven, 05/15/2015 - 14:32 Collegamento permanente