Cultura | Architektur

„Ein Auge hier, ein anderes draußen in der Welt"

Die junge Architekturgemeinschaft Noa von Lukas Rungger und Stefan Rier ist mit zwei Arbeiten für das renommierte World-Architecture-Festival nominiert.

Ihr Büro liegt im obersten Stock des „Sernesi-Towers“, des einzigen Bozner Hochhauses im Altstadtzentrum, einem Bauwerk der Moderne, fertiggestellt in den 1950er Jahren. Dort, im luftigen, nach allen Seiten offenen Büroraum, arbeiten die zehn Mitarbeiter von Noa, dem network of architecture, wie Lukas Rungger und Stefan Rier ihr Architekturbüro nannten. „Vor vier Jahren haben wir uns hier in Bozen niedergelassen und diese Plattform gegründet, ganz bewusst die Bezeichnung network, also Netzwerk gewählt, nicht um anonym bleiben zu wollen, sondern weil es den Geist unserer Arbeit, die Art wie wir denken und arbeiten, zum Ausdruck bringt,“ erklärt Lukas Rungger die Arbeitsphilosophie.

Noa ist eine Kooperative mit wechselnder Besetzung, es gibt das Kernteam mit den fixen 10 Mitarbeitern und ein Netzwerk aus Designern, Innen- und Landschaftsarchitekten, Lichtgestaltern, Textern etc. die man je nach Bedarf hinzuzieht. „Mein Kompagnon Stefan Rier und ich waren in den letzten 15 Jahren viel unterwegs, ich hab lange in London gearbeitet, und wir haben Erfahrungen gesammelt an wechselnden Arbeitsstätten in New York, Berlin oder Graz.“ Aus diesen Zeiten habe man ein großes internationales Netzwerk mitgebracht, das nun wertvolle Inputs zu den verschiedenen Projekten beitragen kann. Diese Philosophie des Kollektivs, des Teilens und der wechselnden Teamarbeit zeigt Früchte: noa wächst und gedeiht, der Büroraum am Sernesiplatz ist bereits jetzt zu klein, und eintrudelnde Architekturpreise zeigen ebenfalls, dass man auf dem richtigen Weg sei.

Nun wurde noa für einen besonderen Preis vorgeschlagen: das „World Architecture Festival 2015“ in Singapur hat zwei der ausgeführten Bauten des Bozner Büros in die Finalrunde nominiert. „Wir wurden mit einem Hotelprojekt und einem Privathaus von der Vorjury unter dem Vorsitz von Sir Peter Cook auf die shortlist gesetzt,“ freut sich Rungger. „Die Nominierung ist eine absolute Ehre und Anerkennung für unsere Arbeit, wir fühlen uns motiviert und angespornt, denn die bisherigen Preisträger gehören zu den renommiertesten Architekten weltweit, etwa Zaha Hadid, David Chipperfield oder Sir Norman Foster sind dabei.“

Eines der nominierten WAF-Projekte: Hotel Ulrichshof

Die beiden noa-Projekte sind 2 von 700 eingereichten, das Hotel Ulrichshof bei Regensburg im Bayrischen Wald ist ein Baby- und Kinderhotel, „mit einer sehr speziellen Kundschaft also“, sagt Lukas Rungger. Man habe sich dort an der Märchenwelt orientiert, „einer stark entmystifizierten“. Der Umgang mit Materialien und Licht ist kennzeichnend für den ausgebauten Bauernhof – genauso wie beim zweiten Projekt, dem „Haus am Steinbruch“ in der Nähe von Bozen. „Ein privates Wohnhaus, das wir in die grüne Wiese hinein gebaut haben, und wo wir arbeiten konnten, wie es uns am besten gefällt.“ Sich Zeit nehmen für den Ort, an dem gebaut werden soll, die Atmosphäre erspüren - die Seele – sagt Lukas Rungger, lokale Gegebenheiten einbeziehen und dann erst anfangen, zu denken, zu planen, zu projektieren. Eine typische noa-Arbeit, meint Lukas Rungger.

Die Arbeit des Archtikten hat sich verändert, zwar gibt es die großen Namen wie die oben zitierten internationalen, doch die Figur des Meisters scheint in der Branche der Jungen keinen Anspruch auf Gültigkeit mehr zu haben. „Wir verstehen uns lieber als Plattform, wenn man will auch als Orchester das gut zusammenspielt, wo es natürlich jemanden gibt, der die Fäden zieht, wir sind mal Dirigenten und mal Trainer eines Fußballteams,“ so Rungger. Gezielt und passgenau arbeiten, so lautet die Devise.

Und die Archtiktursprache? Gibt es eine noa-Signatur? „Die gibt es bedingt, denn wir versuchen wirklich zu jedem Auftrag eine eigene Herangehensweise zu entwickeln, aber was wir als roten Faden anbieten ist der konsequente Umgang mit Materialien, die wir im regionalen Bezugsraum suchen und die auch besonders sein können, aber auch ganz einfach Holz, Glas, Lehm oder Stein.“ Die Materialwahl, die Reduktion auf das Essentielle am Bau, der bewusste Umgang mit der Landschaft in der gebaut wird, das sind die inhaltlichen Eckpunke bei noa.

Demnächst wird es dann die Reise nach Singapur geben, zum World Architecture Festival. Dort werden Lukas Rungger und Stefan Rier ihre nominierten Projekte persönlich präsentieren; auch eine gute Gelegenheit mit Experten aus der ganzen Welt zusammenzukommen. Und das Netzwerk von noa um ein paar Maschen weiter zu knüpfen.