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Kastelruther Gastfreundschaft auf der Probe

In Kastelruth werden ab kommender Woche 19 Asylbewerber untergebracht. Am Montag Abend fand ein Informationstreffen statt. Ängste gibt es, aber auch viel Positives.

Gastfreundschaft wird in Kastelruth seit jeher groß geschrieben. Die Gemeinde am Hochplateau lebt das ganze Jahr über von und mit den Fremden, die ihre Urlaubs- und Ferienzeit unterm Schlern verbringen wollen. Nun erwartet man in der Tourismushochburg eine etwas andere Art von Gäste: Ab kommender Woche werden im Hauptdorf Kastelruth eine Gruppe von Flüchtlingen untergebracht. Bereits im Juni teilte Landeshauptmann Kompatscher mit, dass Kastelruth unter den acht Gemeinden ist, die Asylbewerber aufnehmen werden. Die Ankunft steht kurz bevor, Anfang nächster Woche soll es so weit sein. Aus diesem Grund fand am Montag Abend ein Informationstreffen statt. Neben Soziallandesrätin Martha Stocker und ihrem Ressortleiter Luca Critelli waren Franz Kripp und Romina Keim von der Caritas, Tisens Vize-Bürgermeister Thomas Knoll sowie der Freiwillige Thomas Dalsant aus Prissian anwesend, um über ihre Erfahrungen mit Flüchtlingen und das, was Kastelruth erwartet, zu berichten. Mit dabei war auch Wolfgang Penn. Der Kastelruther Filmemacher und Diakon leitet seit 2011 das diözesane Missionsamt.


Neuigkeiten und Neugier

Der Pfarrsaal von Kastelruth, in dem das Treffen stattfand, war gut besucht. Die zahlreichen Anwesenden erfuhren aus erster Hand, was es bedeutet, Asylbewerber in der eigenen Gemeinde aufzunehmen. Auch ganz praktische Sachen, wie etwa das Taschengeld, das den Flüchtlingen zusteht, wurden angesprochen. “Nicht nur für die Einwohner der Gemeinde, sondern auch für uns Zuständige war das alles etwas ganz Neues”, gesteht Sozialreferentin Cristina Pallanch. Vor dem Treffen habe es nicht viel Informationen von den zuständigen Stellen im Land gegeben.

Nun weiß man: Kommenden Montag, 23. November werden 19 Menschen in das alte Kloster der Tertiarschwestern im Dorfzentrum einziehen. “Es sind ausschließlich junge Männer. Woher genau sie stammen, wissen wir aber noch nicht”, so Pallanch. Fest steht hingegen, dass sich während und nach dem Informationsabend bereits zahlreiche Dorfbewohner gemeldet haben: Sie wollen gern helfen und etwas für und mit den jungen Männern machen. “Ich war ganz erstaunt, als ich gesehen habe, wie viele es waren”, meint die Sozialreferentin, “aus allen Altersgruppen und Gesellschaftsschichten”. Doch vor allem die offene Art der jungen Menschen hat Pallanch beeindruckt: “Von der Jugend können wir noch etwas lernen. Wir Erwachsenen sind vielleicht etwas nervöser.”


Trotz Fremdschämen optimistisch

Wie nervös, das zeigte sich nach dem informativen Teil des Abends. Danach gab es die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Nicht viele machten davon Gebrauch. Einige nutzten die Gelegenheit, um ihren Vorurteilen Luft zu machen, einige heftige Kommentare fielen. “Ich war schockiert, als ich gewisse Aussagen gehört habe”, berichtet eine der Teilnehmerinnen am Informationstreffen. Beängstigend sei auch gewesen, dass die negativen Wortmeldungen zum Teil von Personen gekommen seien, die nicht aus der Gemeinde selbst zu stammen schienen. “Es hatte den Eindruck, als wäre da jemand extra hergekommen, um zu stören und Ängste zu schüren”, meint eine Einheimische. “Eigenartig war auch, dass es nur Männer waren, die meinten, Angst vor ihresgleichen haben zu müssen”, fügt sie hinzu. Sie als Frau sei nicht besorgt.

“Doch der Großteil der Anwesenden steht der bevorstehenden Ankunft der Asylbewerber positiv gegenüber”, ist Sozialreferentin Pallanch sicher. Auch nach dem, was vergangene Woche in Meran, Bozen und Paris passiert ist? “Ich glaube, die Menschen können ganz gut zwischen Flüchtlingen und Terroristen unterscheiden”, meint Pallanch. Und doch seien auch in dieser Hinsicht Ängste geäußert worden. Der Meinung, dass man in der Gemeinde durchaus optimistisch auf die Ankunft der 19 Männer wartet, ist neben der Sozialreferentin auch ein junger Mann aus dem Nachbardorf Seis: “Vor allem am Applaus der Leute nach den positiven Äußerungen hat man gemerkt, dass die meisten guten Willens auf die Menschen zuzugehen bereit sind.” Und doch gesteht er: “Ich habe mich für gewisse Äußerungen meiner Mitbürger geschämt.” Nachdenklich hat ihn auch gestimmt, dass gar einige ihre Vorurteile mit nach Hause genommen zu haben scheinen: “Aber wahrscheinlich sind die an der Wahrheit sowieso nicht wirklich interessiert.”

Cristina Pallanch ist jedenfalls “gespannt” auf die neuen Gäste. Auch Bürgermeister Andreas Colli steht der Aufnahme von Flüchtlingen seit Anfang an positiv gegenüber. Derzeit ist er im Urlaub und konnte beim Treffen am Montag nicht dabei sein. Doch seine Aussage vom Sommer dieses Jahres hallt bis heute nach: “Bei unseren 1,3 Millionen Nächtigungen im Jahr werden 15 Flüchtlinge keine große Rolle spielen.” Überzeugt davon, dass die Gemeinde auch 19 Flüchtlinge auf- und mitnehmen kann, ist die Kastelruther Sozialreferentin: “Es ist eine Chance für uns, zu zeigen, wie gastfreundlich wir wirklich sind.”

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Barbara Pichler Rier Mar, 11/17/2015 - 15:51

"I han jetzt halt schun amal a Kappe gstrickt, de wern ja a kalt hobn", meinte eine ältere Bürgerin aus Kastelruth am Sonntag nach der Messe zu Diakon Wolfgang Penn. So kann man oder frau es auch sehen: pragmatisch und ohne Vorurteile. Und so ähnlich ist man auch in der Gemeinde Tisens vorgegangen: "Wenn sie schon kommen, die Flüchtlinge (40 junge Männer aus Afrika), dann müssen wir das gut machen" meinte der Vizebürgermeister von Tisens Thomas Knoll gestern Abend bei der Bürgerversammlung in Kastelruth. In Tisens sind die Flüchtlinge seid diesem Sommer und Thomas Knoll und auch Thomas Dalsant, Vorsitzender der Freiwilligen in Tisens, finden dass es für die Dorfgemeinschaft eine Bereicherung ist, eine durchaus positive Erfahrung.

Mar, 11/17/2015 - 15:51 Collegamento permanente
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gorgias Mer, 11/18/2015 - 04:59

“Es hatte den Eindruck, als wäre da jemand extra hergekommen, um zu stören und Ängste zu schüren”, meint eine Einheimische. “Eigenartig war auch, dass es nur Männer waren, die meinten, Angst vor ihresgleichen haben zu müssen”, fügt sie hinzu. Sie als Frau sei nicht besorgt.

Welche Kastelrutherin das wohl gewesen sein könnte?

Mer, 11/18/2015 - 04:59 Collegamento permanente