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Wir bauen ein Haus für Flüchtlinge

Wie kann der Flüchtlingsnotstand praktisch bewältigt werden? An der Bozner Fachoberschule für Bauwesen liefern Schüler in diesem Schuljahr einen konkreten Beitrag.

Herbst 2015: Abertausende Flüchtlinge aus den Krisenregionen im Nahen Osten und in Nordafrika kommen nach Europa und stellen unsere Gesellschaft vor neue Herausforderungen. Und wie reagiert Südtirols Schule darauf? Zum Beispiel mit „Asylland“, einem Projekt, das die Fachoberschule für Bauwesen das ganze restliche Schuljahr beschäftigen wird. An dessen Ende soll auf dem Schulgelände in der Bozner Fagenstraße eine flexible und mobile Wohnunterkunft für Flüchtlinge stehen. Wohnraum für eine Familie oder vier Personen, der ähnlich wie die Mobile Homes auf Campingplätzen auf wenigen Quadratmetern den wichtigsten Lebensbedürfnissen Rechnung trägt:  Schlafen, Wohnen, Kochen, Waschen. Bei Bedarf mehrfach demontierbar und aufbaubar - und vom Gedanken her als modulares System beliebig erweiterbar.

Eine intelligente Antwort auf die Unterkunftsproblematik von Flüchtlingen, in die möglichst viele Schülerinnen und Schüler der 5. Klassen eingebunden werden. Sie arbeiten nun bis Dezember in einem schulinternen Wettbewerb in Arbeitsgruppen Projektvorschläge aus und werden diese im Anschluss öffentlich vorstellen. Das Siegerprojekt wird von einer Jury ausgewählt, in der neben Lehrkräften und Experten aus der Praxis auch Schul- und Integrationslandesrat Philipp Achammer sitzt. Im Sommersemester werden die Schüler dann erneut in Arbeitsgruppen an die Umsetzung des Projekts gehen: von der Konstruktion über den Innenausbau, von der Technik über Thermo-Sanitär bis hin zu Terminplanung. Unterstützt werden sie dabei von Partnern aus der Baubranche. Für eine fachliche Begleitung konnten  Aster Holzbau, Finstral und der Tischler Konrad Messner gewonnen werden. Materialien steuern die Firmen Würth und Naturalia bei.

Lebensgeschichten als Ausgangspunkt

Massenberechnung und Ausführungsplanung, Bauablauf und Ausschreibungen – all das, was auf dem Lehrplan der Abschlussklassen der früheren Geometerschulen steht, wird in dem Projekt mit dem gesellschaftlich brennendsten Thema unserer Zeit verbunden. Die Ursprungsidee, das Thema Flüchtlinge mit technischem Lehrstoff zu verknüpfen, kam vom Bozner Architekten und Oberschulprofessor Matthias Trebo. Sofort mit Begeisterung mit dabei war sein Schul- und Architektenkollege Harald Seppi, der das Projekt gemeinsam mit Trebo in den vergangenen Monaten ausgearbeitet und Partner in der Wirtschaft und im Sozialbereich gesucht hat. Beim offiziellen Startschuss, einem Mittagstisch in der Fachoberschule am Dienstag, war auch Alexander Nitz vom Brixner Haus der Solidarität mit einigen Migranten mit dabei, die den SchülerInnen ihre Lebensgeschichten erzählten. Bei der Ausarbeitung der Entwürfe wird auch die Young Caritas die SchülerInnen unterstützen und auf die sozialen und gesellschaftlichen Aspekte  des Themas eingehen. 

„Im Vordergrund steht sicherlich der gesellschaftliche Aspekt des Projekts“, sagt Harald Seppi. „Wir wollen zum Abbau von Ängsten und Vorurteilen beitragen, indem wir den Schülern ermöglichen, sich konkret mit der Flüchtlingsproblematik auseinanderzusetzen.“ Darüber hinaus können die Studierenden aber auch Kontakte zu möglichen Arbeitgebern knüpfen sowie praktische Erfahrungen sammeln, die auch als Referenz beim Berufseinstieg nützlich sein können. Das Ergebnis des Projekts, die Unterkunft für Flüchtlinge, soll nach der Fertigstellung laut aktuellem Plan einer gemeintätigen Einrichtung übergeben werden. Noch sind die Gespräche in diese Richtung nicht abgeschlossen. Doch Seppi und Trebo hoffen, dass das Projekt auch weiterlebt, nachdem sie ihren Teil gemacht haben. Der Bedarf dafür ist ohne Zweifel vorhanden.