Politica | Vision

Flughafen Bozen - warum?

Der Lananer Lukas Zuegg sinniert über die laufende Debatte zum Bozner Flughafen und offenbart, warum er sich seiner Referendumsantwort bereits sicher ist.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.

Für viele ist die Causa Bozner Flughafen eine Herzensangelegenheit, welche man weder durch Fakten, noch durch die Aufzeigung fehlschießender Argumente, umstimmen kann. Dies gilt sowohl für passionierte Flughafenbefürworter als auch für Flughafengegner. Mein Beitrag ist nicht an diese Leute gerichtet, denn an dieser Stelle hat jeder „Fundamentalist“ der beiden Glaubensrichtungen schon zu viel persönliche Glaubwürdigkeit investiert, um jetzt doch noch zur anderen Seite überzulaufen.

Überhaupt erinnert mich die Debatte ein wenig an die britische Debatte zum EU-Referendum. Dort werden Fakten (Pro-EU) gegen Emotionen (Anti-EU) gesetzt. Schlussendlich hat das „Out Camp“ aber den richtigen Ansatz, geht es doch darum, was die Vision der Briten für ihr Vereintes Königreich des 21. Jahrhunderts ist. Wollen die Briten ein offenes, mutiges und ein globales Land oder lieber ein autarkes, furchtsames und kleines Land sein? Die Argumente der EU-Befürworter gehen mir hier zu sehr an der Essenz dieser Frage vorbei, indem sie sich auf Fakten versteifen. Schade, denn die richtige Antwort auf diese Frage ihres Referendums bedarf keiner Fakten. Aber ich schweife ab…zurück zum Flughafen Bozen!

An dieser Stelle gestehe ich, dass mein Bauchgefühl zum Flughafen tendiert. Wahrscheinlich ist das mit meinen langjährigen Auslandsaufenthalten verbunden, wo ich oft zwischen den Flughäfen München, Verona oder Innsbruck und Südtirol pendeln musste, um nach London, Paris, Boston oder Peking  zu gelangen. Trotzdem, ich selbst bin kein Freund von Entscheidungen aus dem Bauchgefühl. Ich mag Daten, Fakten und Beweise. Wenn ich zwischen Bauch und Kopf entscheiden muss, gewinnt mein Kopf (fast) immer. Deswegen würde ich auch nicht zögern, gegen die Weiterführung des Flughafens zu sein, sollten die Nachteile für Südtirol überwiegen.  

Ich habe mir deshalb die Argumente beider Seiten angehört – vor allem die der Flughafengegner. Eine Petition auf Avaaz.org, die sich für die Schließung des Flughafens ausspricht hat fast 8.000 Unterschriften eingeholt – mittlerweile wahrscheinlich mehr. Die ersten beiden Sätze in der Petitionsbeschreibung bringen ein Hauptargument der Flughafengegner auf den Punkt: „Der Flughafen Bozen verschlingt jährlich Millionen an Steuergeldern. Deshalb fordern wir die sofortige Schließung des Flughafens“. Dies ist meiner Meinung nach der falsche Ansatz, denn die öffentliche Hand ist per Definition ein „Verschlinger“ von Steuergeldern. Die Summen, die das Land für den Flughafen vorschlägt, sind außerdem (verglichen mit sonstigen Ausgaben für den Transport), erbärmlich klein. Dies kann also kein Argument sein.

Als weiteres Argument wird die Umweltbelastung genannt. Das zusätzliche Maß an Abgasen durch die Flüge ist wohl eher geringer als die bisher von uns in Kauf genommenen Autoabgase, die die Hin- und Rückfahrten zu den nächstgelegensten Flughäfen erzeugen. Zum Vergleich: Ein modernes Flugzeug in der relevanten Größenklasse hat heutzutage Verbrauchswerte, die sich an die 2L/Person/100km annähern – mit sinkender Tendenz. Einige weisen diese Argumentation zwar ab, da ja nicht alle Autoabgase in Südtirol ausgestoßen werden, aber so zu argumentieren finde ich höchst fragwürdig und wenig global denkend. Umweltschutz muss als Gesamtes betrachtet werden und nicht nur für unser Land Südtirol. Trotzdem, es lässt sich über die diversen Einzelheiten noch lange weiter diskutieren. Beide Lager liefern sich regelrechte Scharmützel an Studien und Fakten, welche die Südtiroler Mitte auf ihre Seite bewegen (und die Aussichten auf den Wahlerfolg erhöhen) sollen.

Bei dieser Fülle an Information stellt sich aber umso mehr die Frage: was sind die „richtigen“ und vor allem, „ausschlaggebenden“ Fakten, die man im Voraus präzisieren kann? Es ist mir klar geworden: es gibt sie nicht – zumindest nicht für mich, und das passiert selten. In der Tat, je mehr ich mich mit dem Thema und den Argumenten der verschiedenen Lager beschäftige, desto klarer wird für mich: Die Entscheidung, ob wir Südtiroler für oder gegen den Flughafen sind, ist letztlich gleichzusetzen mit der Frage, die sich die Briten stellen müssen. Es ist im Grunde eine Frage des Herzens, nämlich: Was ist unsere gemeinsame Vision für Südtirol? Wollen wir ein offenes, mutiges und ein globales Land oder lieber ein autarkes, furchtsames und kleines Land sein? Die Antwort auf diese Frage geht über die Causa Flughafen hinaus und hat im heutigen Europa der wiederkehrenden Grenzen symbolträchtigen Charakter. Mir persönlich fällt es nicht schwer, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Ich werde diesmal meinem Bauchgefühl folgen - es hat in Herzensangelegenheiten bis jetzt immer Recht behalten.

Zum Autor: Mit 16 Jahren ging Lukas Zuegg nach England und schloss dort die Oberschule ab. Seine nächsten Stationen waren Boston, Peking und London bevor er wieder zurück nach Südtirol kam. Seit 2014 ist Lukas strategischer Berater bei Zuegg Consulting - einem Beratungsunternehmen im Lebensmittelbereich mit Sitz in Lana. Er spricht 5 Sprachen, darunter Chinesisch.